Zeitsprung - Anna – Eine Jugend im Revier

10. Oktober 2024
16:00 - 18:00 Uhr
Stadtteilbücherei Bochum-Gerthe, Heinrichstraße 4, 44805 Bochum
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10. Oktober 2024
16:00 - 18:00 Uhr
31. Oktober 2024
16:00 - 18:00 Uhr

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Adelheid Bruns 1986 | Foto: WAZ - Jochen Tack
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  • Adelheid Bruns 1986
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Der Gerther Treff und die Stadtbücherei Gerthe freuen sich diese zweiteilige Lesung anzubieten.

Ingrid Helmbold ist eine Tochter von Adelheid Bruns und lebt in Bochum in der Rosenbergsiedlung.
Ingrid liest die Geschichte ihrer Mutter, hier Anna genannt, in zwei Teilen an zwei Nachmittagen.

Der erste Teil erzählt die Erinnerungen an die Kindheitsjahre in Wanne-Eickel in den zwanziger Jahren. Sie unterscheiden sich teilweise nicht von meinen Kindheitserinnerungen in den Fünfzigern. Das Leben war einfach, aber meistens glücklich. Der Unterschied ist, dass die Zeiten in den 20ern immer schlechter wurden, in den 50ern es langsam aufwärts ging.

Ingrid Helmboldt liest aus den Erinnerungen ihrer Mutter, genannt Anna, über die Kindheitsjahre im Revier

am 10. Oktober 2024 ab 16 Uhr
in der Stadtteilbücherei Bochum-Gerthe
(im Schulzentrum Nord), Heinrichstraße 4, 44805 Bochum

Ingrid mit ihrem Roller | Foto: WAZ - Jochen Tack
  • Ingrid mit ihrem Roller
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Der zweite Teil beschreibt eindrucksvoll die gesellschaftlichen und persönlichen Veränderungen bis zur Reichstagswahl 1933. Die Parallelen zur heutigen Zeit sind unverkennbar. Ein wichtiges Zeugnis vor genau 100 Jahren. Auch unser 33 ist nicht mehr weit entfernt.

Ingrid Helmboldt liest aus den Erinnerungen ihrer Mutter, genannt Anna, über ihre Jugendjahre und die politischen Veränderungen bis hin zur Nazi-Zeit im Revier

am 31. Oktober 2024 ab 16 Uhr
in der Stadtteilbücherei Bochum-Gerthe
(im Schulzentrum Nord), Heinrichstraße 4, 44805 Bochum

Das Haus in der Kampstraße in Herne war Wohnsitz bis 1932 | Foto: WAZ - Jochen Tack
  • Das Haus in der Kampstraße in Herne war Wohnsitz bis 1932
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Das schrieb die WAZ 1988 zum Tod von Revier-Autorin Adelheid Bruns im Alter von 72 Jahren

Sie war „Anna" Adelheid Bruns, Autorin aus dem Revier, ist tot

Adelheid Bruns 1986 | Foto: WAZ - Jochen Tack
  • Adelheid Bruns 1986
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Ein schweres Leben, eine harte Jugend — was sie erlebt hatte als heranwachsendes Mädchen und als junge Frau, schrieb Adelheid Bruns in späteren Jahren auf. Die Notizen einer Frau aus dem Ruhrgebiet, unverstellte Spiegelungen einer Realität, die es so nie wieder geben wird, beeindruckten uns bereits beim ersten Lesen. Auch viele Leser fanden ihre Erfahrungen und Erlebnisse aus den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wieder, als wir in mehreren Folgen ihre Erinnerungen unter dem Titel „Anna - eine Jugend im Revier" abdruckten.

Ungeschönt traten darin die sozialen Gegensätze zu Tage, die Rolle der Kirche, der Gewerkschaften, der Arbeiterparteien - keine Idylle wurde gezeichnet, wozu sich mancher verführt sieht, der solche Erinnerungen aufschreibt. Das machte - neben dem besonderen, ungekünstelten Sprachgefühl der Verfasserin - den Wert dieser Tagebücher aus. Geboren im Kriegsjahr 1916 starb Adelheid Bruns aus Bochum in den Märztagen 1988. Was sie an Aufzeichnungen hinterlässt, sollte dem Vergessen nicht gänzlich anheimfallen.

Adelheid Bruns lebte als Rentnerin in Bochum. Sie wurde 1916 in Ostpreußen geboren und wuchs als Bergarbeiterkind in Wanne-Eickel auf. Nach dem Krieg zog sie nach Bochum, wo sie zunächst als Kanzleiangestellte beim Landgericht, danach in der Hauptverwaltung der IG Bergbau und Energie und dann bis zur Pensionierung 1978 als Arztsekretärin im Bergmannsheil beschäftigt war. Sie schrieb die nachfolgende Geschichte von Anna für sich und für ihre Kinder. Diese wurde dann im Dezember 1986 und Januar 1987 auf der Revierseite der WAZ veröffentlicht.

Nachfolgend das Interview mit WAZ-Reporter H.J. Pöschke

WAZ: Frau Bruns, die Anna in ihren Erinnerungen - ist das Adelheid Bruns?

Bruns: Ja, sie ist es. Da wurde nichts romanhaft verändert oder geschönt. Es sind die Fakten meines Lebens, und eigentlich sind es noch viel zu wenige.

WAZ: Was hatte denn den Anstoß gegeben, so tief in den Erinnerungen zu graben?

Bruns: Bei meiner Pensionierung 1978 hatte ich zum Abschied ein kleines Büchlein geschenkt bekommen, in dem die Geschichte eines kleinen Jungen erzählt wurde, der in Ostpreußen geboren und in die Kriegswirren geraten war.
Da habe ich mir gedacht: Mein Gott, du hättest ja noch viel mehr zu erzählen!
Das hat mich dann nicht mehr losgelassen, und so fing ich eben an.

WAZ: Hatten Sie zu der Zeit schon an die Veröffentlichung gedacht?

Bruns: Aber nein! Ich schrieb es nur für mich. Für mich und meine Kinder und Enkelkinder. Ich sah darin eine Chance, dass sie begreifen lernen, warum wir Älteren so geworden sind, wie wir sind. Hinzu kam, dass ich durch die Pensionierung plötzlich so viel Zeit hatte.

WAZ: Sie haben vier Kinder und zehn Enkel. Haben die alle ihre Erinnerungen gelesen?

Ja, und wir haben auch viel und lange darüber diskutiert. Sie fanden, es lese sich spannend wie ein Kriminalroman. Mein Sohn sagte spontan zu mir: Mutti schreib doch weiter!

WAZ: Haben Sie weitergeschrieben?

Bruns: Nein, leider nein. Ich habe nach dem Tod meines Mannes nicht die Kraft dazu gehabt.

WAZ: Sie schildern Vorgänge, die 50 und 60 Jahre zurückliegen. War denn all dies in Ihnen noch lebendig gewesen?

Bruns: Nein, natürlich nicht. Ich habe es richtig ausgraben müssen. Und Sie glauben gar nicht, wie schwer das war. Vor allem die schweren Dinge, die ich mitgemacht habe, die arme Zeit zu Hause ... Ich hatte das alles schon vergessen.
Als ich dann anfing, habe ich die ganze Geschichte so intensiv noch einmal miterlebt, dass ich längere Zeit nicht schlafen konnte. Das hat mich richtig mitgenommen.

WAZ: Die Anna in Ihren Erinnerungen zieht aus dem Elend ihrer Kindertage eindeutige politische Schlussfolgerungen. Gilt das auch für Adelheid Bruns, waren Sie politisch aktiv?

Bruns: Aber ja. Ich war natürlich in der Arbeiterjugend organisiert und bin nach dem Krieg in die SPD eingetreten. In Wanne-Holsterhausen habe ich die Ortsgruppe der Arbeiterwohlfahrt und die SPD-Frauengruppe im Ortsverein geleitet. Ich sollte auch für den Landtag kandidieren, daraus ist aber aus familiären Gründen nichts geworden.

WAZ: Annas Erinnerungen hören 1933 auf. Wird es eine Fortsetzung geben?

Bruns: Nein, keine Fortsetzung in dem Sinne. Aber die Geschichte meiner Rückkehr aus Ostpreußen, wohin wir während des Kriegs evakuiert worden waren, die werde ich ganz bestimmt noch schreiben.
Es ist eine irrsinnige Geschichte. Und mein Leben ist so schön, so reich, so elend und so erbärmlich gewesen, dass ich noch viel zu erzählen hätte.

Ingrid Helmboldt, die Stadtbücherei Gerthe und der Gerther Treff freuen sich über Ihren Besuch bei unserer kleinen Lesereihe

Weitere Infos zu unserem Projekt ZEITSPRUNG

Zeitsprung - Was heute in der Zeitung steht, ist morgen schon Geschichte...
Autor:

Klaus Gesk aus Bochum

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