Der Kunstverein Bochumer Kulturrat
lädt ein zu seiner ersten Ausstellung des Jahres 2015
Gordan Nikolić
bambiraptor
Malerei – Zeichnung
Ein Bambiraptor ist ein kleiner fleischfressender Saurier, dessen einziges Exemplar Anfang der 1990er Jahre von einem Schüler in den USA entdeckt wurde. Einen zweiten Bambiraptor erschuf 2014 der Essener Maler und Zeichner Gordan Nikolić als „Titelbild“ für seine gleichnamige Einzelausstellung im Kunstverein Bochumer Kulturrat, indem er das Walt Disney-Bambi sexualisierte, neu frisierte, mit Raubtierzähnchen sowie langen Hasenlöffeln ausstattete und in eine von dem Aufgang der obskuren „Schwarzen Sonne“ beleuchtete Zeichentricklandschaft setzte.
In der 2004 begonnenen Serie „Barbieland“ verwendet Gordan Nikolić die farbenfrohen naiv-abstrahierten Szenarien von Animationsfilmen und kombiniert sie mit der Körperanbietungsästhetik von Pin-ups und den pornographischen Posen von Erotikarstellerinnen und Sexarbeiterinnen. Kennzeichen dieser Werke ist ihr allegorisch verschlüsselter Inhalt und die Erfordernis, diesen zu erläutern. Es handelt sich um komplexe Historienbilder, in denen Grauen und Barbarei thematisiert sind, darunter der Serienmörder Gilles de Rais, der Bombenterror des Zweiten Weltkriegs, Kriegsverbrechen und immer wieder aufs Neue der Holocaust. In kunsthistorischer Tradition verwendet Nikolić dabei weibliche Akte als Personifikationen. Dabei handelt es sich um unbestimmte, ambivalente Figuren, bei denen zumeist nicht klar ist, ob es sich um Opfer oder Täter handelt. Zu Nikolićs individueller Ikonographie zählt die Verknüpfung von Grausamkeit und Sexualität, von Eros und Thanatos, beispielsweise durch das kulturhistorische Motiv der stigmatisierten – verbrannten, geprügelten, malträtieren – Haut im Sinne einer symbolischen Fläche. Nikolić gestaltet das Erinnern provokant als „Kunst der Drastik“ und kalkuliert eine Rezeption als geschmackloser, sexistischer oder politisch unkorrekter Umgang mit sensiblen Themen ein. Seine diskussionsfördernde Malerei ist für ihn die einzige Möglichkeit, die „Banalität des Bösen“ (Hannah Arendt) umzusetzen, lange bevor der britische Streetart-Künstler Banksy ein Gemälde „Die Banalität der Banalität des Bösen“ betitelte.
Außer einer Auswahl aus dem „Barbieland“-Zyklus bietet die Ausstellung expressive Arbeiten aus Nikolićs Serien „Raumfresser/Sleeper“ und „Revolverhelden“. In ihnen präsentiert er eine nicht genau zu definierende Daseinsform aus seinem Kosmos: auf Superhelden und Westernmachos rekurrierende unheimliche Blender und Poser, deren auffälligstes Kennzeichen langohrige Hasenmasken sind.
Des Weiteren stellt Gordan Nikolić seine neuesten Experimente des „Crumpelns“ vor und paraphrasiert mit reliefhaft geknitterten, geknüllten, geknautschten weiblichen Aktfiguren das alte voyeuristische Thema der „Baigneuses“ (Badenden).
Die Show komplettiert ein Konvolut von Zeichnungen, die im Sinne eines überbordenden begehbaren Skizzenbuchs präsentiert werden.
Gordan Nikolić (*1968 in Essen) studierte visuelle Kommunikation an der FH Düsseldorf, ist Mitbegründer der Künstlergruppen „tausendmeister“ (1995) und „GOLD“ (2001) und beteiligte sich seit 1994 an zahlreichen Ausstellungen. Nikolić, der in Essen lebt, zeigte im Bochumer Kulturrat bereits seine Einzelausstellungen „Inkubation“ (2003), „Barbieland“ (2006) und „Schwarz Weiß Rot – jetzt ist Schneewittchen tot“ (2008).
Autor:Nils Oesterreich aus Essen-Steele |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.