Am Samstag, den 15. Dezember verleiht Iran Freedom zum zweiten Mal den Bochumer Menschenrechtspreis an einen iranischen Aktivisten. Nominiert sind dieses Jahr - stellvertretend für viele andere - Shahrokh Zamani, der sich für die Rechte der Arbeiter einsetzt, und Javid Houtan Kiyan, der unter anderem als Anwalt der von Steinigung bedrohten Sakineh Ashtiani bekannt geworden ist. Beide sitzen zur Zeit langjährige Haftstrafen ab, während denen sie schwerster Folter unterworfen sind oder waren.
Iran Freedom läd zur Preisverleihung um 17 Uhr in der Christuskirche Bochum ein, der Eintritt ist frei. Wer von den beiden Nominierten den anlässlich des Tags der Menschenrechte vergebenen Preis erhält, wird online in einer Umfrage entschieden. Es handelt sich um einen symbolischen Preis in Form eines Kunstwerkes des iranischen Künstlers Naser Sufiani. Iran Freedom hofft, durch die Stärkung des internationales Interesses am Schicksal der gewaltlosen politischen Gefangenen des Iran eine Verbesserung ihrer Situation erzielen zu können.
Kuratorinnen des Preises sind Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi und Schauspielerin Jasmin Tabatabai. Schirmherrin ist Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz. Stellvertretend werden Naghi Mahmoudi (Anwalt von Hutan Kian), und Behrooz Khabbaz vom Shahrokh Zamani‘s Supporter Komitee den Preis entgegennehmen. Die Laudatio hält Khadijeh Hajidini Moghaddam, Preisträgerin von 2011.
Amnesty International wird bei der Preisverleihung mit einem Vortrag und einem Infostand Einblicke in die Menschenrechtssituation im Iran geben. BamS-Journalist Marcus Hellwig, der selbst ein halbes Jahr im Iran inhaftiert war, wird aus seinem Buch lesen. Weitere Beiträge kommen vom Iran-Tribunal Den Haag, Bürgermeisterin Astrid Platzmann-Scholten, sowie von Musikern und Künstlern und natürlich dem in Bochum ansässigen Verein Iran Freedom selbst.
„Ich verbüße hier keine Haftstrafe, sondern ein Todesurteil auf Raten“
Drei Jahre ist es her, dass im Iran Zehntausende auf die Straßen gegangen sind und ihre Rechte eingefordert haben. Die Demonstrationen der Grünen Bewegung waren Aufbruchsignal für das, was sich ein Jahr später zum Arabischen Frühling entwickelt hat. Zu dem Zeitpunkt allerdings war im Iran bereits jeder Aufbruch niedergeknüppelt, zu Tausenden waren die Demokraten in den Gefängnissen verschwunden.
Bis heute müssen Demokraten aus dem Iran fliehen, viele von ihnen suchen Zuflucht in Europa. Eine breite exil-iranische Szene hat sich in Bochum entwickelt, und im Verein Iran-Freedom organisiert, um von hier aus den Protest gegen das Regime zu unterstützen. Der Bochumer Menschenrechtspreis soll diesen Kampf für Freiheit und Demokratie in die Öffentlichkeit tragen und den internationalen Druck auf Iran stärken, um die Situation der Gefangenen zu verbessern. Mit dem Menschenrechtspreis 2012 lenkt Iran-Freedom den Blick auf Tausende iranischer Demokraten, die in iranischen Gefängnissen gefoltert werden. Stellvertretend für sie wurden zwei politische Gefangene nominiert, deren beider Chance, die Haft zu überleben, äußerst ungewiss ist:
Shharokh Zamani ist Gewerkschafter, sein Kampf für eine Sozial und Arbeitslosenversicherung wurde als „Propaganda gegen das System“ verurteilt. Der Gewerkschafter wurde wegen „Bildung einer oppositionellen Gruppe“ zu elf Jahren Haft in Täbris verurteilt. Das Gefängnis von Täbris ist als Foltergefängnis berüchtigt.
Gemeinsam mit Zamani nominiert ist Javid Houtan Kiyan. Der Menschenrechtsanwalt verteidigt eine wegen Ehebruchs zum Tode verurteilte Frau und wurde, weil er zwei deutschen Journalisten ein Interview gegeben hat, wegen „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ zu sechs Jahren Haft verurteilt. Hutan Kian wird seit Monaten schwer gefoltert, in einem aus der Haft geschmuggelten Brief schreibt er:
„Ich wurde dermaßen verstümmelt, dass ich nicht einmal den Wünsch habe, meine kleine Tochter zu sehen, die ich bislang ohnehin nicht sehen durfte. Ich appelliere an die wachsamen Gewissen, mich nicht zu vergessen. Ruht nicht nachts bequem in euren Betten, denn mir wird dies seit Monaten vorenthalten. Man hat mich zu sechs Jahren Haft verurteilt, ich bin mir sicher, dass man mich vor Ablauf der Haftzeit lebendig begraben wird.“
Über die desolate Menschenrechtssituation im Iran informiert Amnesty International bei der Preisverleihung in einem Vortrag und mit einem Infostand. Die Fälle der beiden nominierten politischen Gefangenen entsprechen dabei ganz dem, was Amnesty International im aktuellen Länderbericht Iran schreibt:
„Regierungskritiker, Frauenrechtlerinnen und Personen, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzen, sowie andere Menschenrechtsverteidiger dürfen nicht ins Ausland reisen, werden willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt in Gewahrsam gehalten und nach unfairen Gerichtsverfahren inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen an Gefangenen sind an der Tagesordnung und bleiben straflos.“
Autor:Hans Hudde aus Bochum |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.