Die Befürchtung, in Kürze einen gesichtslosen Betonklotz als neues Wahrzeichen an der Castroper Straße begrüßen zu dürfen, scheint sich derzeit zu bestätigen.
Versprach das Ende August aufgestellte Bauschild noch Fenster in der Fassade, handelt es sich in der Realität doch offensichtlich eher um einen Schildbürgerstreich, um den Bürger, der die bedrohlich anmutende Baumaßnahme argwöhnisch verfolgt, zunächst zu besänftigen.
Schon seit einigen Tagen geht der Einbau vorgefertigter Betonelemente vonstatten, in denen tatsächlich kein Platz für Fenster vorgesehen ist.
Das in die Höhe wachsende Gebäude macht auf fensterlose Weise sprichwörtlich Front gegen seine Nachbarschaft und den auch von Menschen ! genutzen ! und bewohnten ! Straßenraum.
Was auf der Plakatierung wie Fensterflächen wirkt, sind offenbar nur abschließend vorgehängte Verkleidungen, die zu einer Auflockerung funktionell einfallsloser Geradlinikeit beitragen soll.
Eine Meinung zur wachsenden Betonkultur der Städte wurde den Elementen während ihrer Lagerung am Boden schon aufgedrückt. Jetzt hängt sie für aller Augen sichtbar an der nackten Fassade. Von der ansprechenden Gestaltung einer Stadt verspricht man sich ganz offenbar doch etwas anderes. Eine gewisse Häme lässt sich da nicht verleugnen.
Angesichts dieser Auswüchse moderner "Baukunst" drängt sich immer mehr die Frage auf, ob Untersuchungen zur Auswirkung moderner Großbauten auf das psychische Erleben des Menschen existieren und zu welchem Ergebnis man gekommen ist.
Während dem privaten Bauherrn beim Aus- und Umbau eines Hauses bezüglich einer Beachtung der Ortsüblichkeit der Bauweise Auflagen gemacht werden und so manches dringend erforderliche Vorhaben mit dem Hinweis, das Bild der Siedlung dürfe nicht verändert werden, versagt wird, gelten für Großbauten, die einen Straßenraum nachhaltig verändern und verschandeln können, offenbar ganz andere Maßstäbe.
Und dieses Bild sieht im Umfeld der neuen Baumaßnahme völlig anders aus. Gebäude ohne Fenster in den oberen Etagen gibt es an dieser Straße nicht. Selbst die JVA hat Fenster und gibt sich Mühe, gegen das, was man hier hochzieht, ansprechend auszusehen.
Der Standort Grumme-Vöde ist kein Standort, wie der Ruhrpark oder das Einkaufszentrum Hannibal. Hier wohnen Menschen, die dem Blick aus ihrem Fenster nicht ausweichen können. Sie werden mit Veränderungen konfrontiert, die erhebliche Auswirkungen auf ihr tägliches Erleben haben werden.
Mit der Genehmigung dieser in nicht unerheblichem Maße straßenbildprägenden Fassade scheint man nach derzeitigem Eindruck die Zulassung zur legalisierten Entwertung einer vielbefahrenen Achse zur Innenstadt erteilt zu haben.
Das neue Einkaufszentrum Grumme-Vöde: ein architektonischer Fehlgriff? Wann zieht endlich wieder Atmosphäre in die Städte ein, so dass man gern in ihnen lebt?
Autor:Sabine Schemmann aus Bochum |
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