Dortmund
30 Jahre NachtExpress: Fliegende Currywürste, Reinigungsgebühren und Pionierarbeit
Er ist der Nachhausebringer und der Clubverbinder, der Nightrider und das Homeshuttle: der Dortmunder NachtExpress. Er bringt den Nachtschwärmer nach der Party genauso nach Hause wie den Frühaufsteher zur ersten Schicht. Jetzt darf der, der sonst die "Feiernden" fährt, einmal selbst feiern, am Wochenende wurde er schon 30 Jahre alt.
Die Nachtbusse werden von einem eigenen rund 50-köpfigen Fahrer-Team gelenkt. Die aktuell 46 Männer und sechs Frauen fahren ausschließlich die Spät- und Nachtschichten und haben damit die nötige Erfahrung und Gelassenheit für diese Aufgabe.
Ein Deeskalationstraining sowie zwei Servicekräfte, die an Wochenenden in jedem Bus mitfahren, sorgen hier für die nötige Sicherheit. Ein gesundes Selbstvertrauen, etwas Fingerspitzengefühl und nicht zuletzt Humor für den Rest.
Es war nicht immer gesittet
Heute geht es im NachtExpress sehr gesittet zu, das war in der Anfangszeit allerdings nicht immer so, erinnert sich Teamleiter Helmut Schürmann: „Für unsere Fahrgäste war es anfangs nicht selbstverständlich, dass sie im Bus nicht essen und trinken durften. Da flog einem Kollegen auch schon einmal eine Currywurst entgegen.“
Doch diese Dinge haben sich längst eingespielt, vielleicht auch deshalb, weil es neben dem Verbot von Essen und Trinken eine weitere Regel gibt: Wer der Putzfrau eine Sonderschicht beschert, aus welchen Gründen auch immer, ist mit 20 Euro Reinigungsgebühr dabei. Doch das kommt selten vor, betont Helmut Schürmann: „Wir haben nicht mehr ,Theater' als tagsüber. Der typische Gast kommt rein, verhält sich ruhig und will einfach nur nach Hause oder zur Arbeit.“ Die meisten Fahrgäste sind sehr jung, aber auch die Altersgruppe 40 bis 50 Jahre ist mittlerweile recht stark vertreten.
Dortmund war Pionier
Am ersten Adventswochenende im Jahr 1989 feierte der NachtExpress Premiere mit sechs Buslinien, die am Wochenende und vor Feiertagen drei Runden drehten. Die Dortmunder Stadtwerke waren damals das erste Unternehmen im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) mit diesem Angebot und damit Pionier bei den Nachtbussen. Das NachtExpress-Konzept hatte Modellcharakter für viele weitere Städte.
Wegen der großen Resonanz wurde das Nachtnetz bereits Anfang 1992 auf neun Linien erweitert, 1995 wurde jede Runde von 60 auf 75 Minuten verlängert. Im Oktober 2005 wurde schließlich ein komplett neues Netz gestrickt.
Zwölf Linien waren aktuell
Heute starten zwölf Linien um 0.15 Uhr oder 0.45 Uhr von der Reinoldikirche in die Dortmunder Vororte sowie nach Castrop-Rauxel und Brambauer, weitere fünf Linien verbinden die Vororte untereinander oder den Dortmunder Süden mit Schwerte. Einmal pro Nacht geht es an jedem Wochentag rund, an Wochenenden und vor Feiertagen drehen die Busse bis zu sechs Runden bis in die frühen Morgenstunden.
Der NachtExpress schließt damit eine wichtige Lücke im Bus- und Bahn-Angebot und bringt neben den Partygängern auch den ein oder anderen Schichtarbeiter zur Arbeit. Eine runde Sache, finden die Dortmunder: Etwa 500.000 von ihnen nutzen jährlich das NachtExpress-Angebot.
Autor:Holger Schmälzger aus Dortmund-Süd |
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