Palästina-Solidarität
Palästina-Kongress behördlich aufgelöst / mutiger Brief von Bundesbeschäftigten
Die behördliche Auflösung des Palästina-Kongresses am vergangenen Wochenende und die dafür gelieferten Gründe sind ungeheuerlich.
Angetrieben vom Alarmismus des Berliner Senats und einer gleichfalls aufgehetzten Bundesinnenministerin gab sich die Polizei erst gar nicht lange damit ab, nach Belegen für den Vorwurf der Judenhetze zu suchen. Der (Video-) Auftritt eines Referenten aus Gaza, der als Israel-Hasser bezeichnet wird, weil er in einem Artikel den Überfall der Hamas am 7. Oktober kontextualisiert und Sympathie für „den Mut dieser jungen Menschen“ bekundet hatte, reichte der Polizei, um den auf zwei Tage angelegten Kongress bereits nach 2 Stunden zu beenden.
Zuvor war bereits tagelang gegen den kommenden Kongress gehetzt worden. Es sei unerträglich, so der Berliner Bürgermeister Wegner, dass der Kongress in Berlin stattfinden solle. „Wir dulden in Berlin keinen Antisemitismus, Hass und Hetze gegen Jüdinnen und Juden.“
Das ist eine geradezu groteske Verdrehung dessen, was mit der Veranstaltung geplant war. Das Motto des Kongresses lautete „Wir klagen an“ und sollte sich mit den Verbrechen beschäftigen, die Israels Armee derzeit im Gaza-Streifen begeht. Auch Deutschlands unrühmliche Rolle in diesem Konflikt sollte dabei zur Sprache kommen.
Mehrere Referenten waren kurzfristig an einer Einreise gehindert worden, darunter der britisch-palästinensische Arzt Ghassan Abu Sitta, der von seiner Arbeit am Shifa-Krankenhaus berichten wollte, sowie der vormalige griechische Finanzminister und jetzige Europa-Kandidat Varoufakis. Der Arzt Abu Sitta hatte vom Flughafen aus getwittert, dass er dort festsitze und als direkter Zeuge des Genozids in der deutschen Hauptstadt offenbar unerwünscht sei. „Sie machen das, was Komplizen tun. Sie begraben Beweise und bringen Zeugen zum Schweigen“, so wird er im SPIEGEL v. 12.4. zitiert.
Leider beteiligten sich auch etliche Medien an dem schrillen Kesseltreiben gegen die Veranstalter. Selbst der eher als seriös geltende SPIEGEL titelte: „Unter dem Motto 'Wir klagen an' wollen sich in Berlin israelfeindliche Gruppieren versammeln“ - Die wie beiläufig vorgenommene Etikettierung als „israelfeindlich“ ist schon starker Tobak und widerspricht m.E. eindeutig den Prinzipien journalistischer Sorgfaltspflicht. Kein Wort der Beunruhigung über das massive behördliche Eingreifen, nichts!
Deutschland hat echt ein Problem im Umgang mit Israel.
Mutiger waren da schon rund 600 Bundesbeschäftigte, die kürzlich in einem gemeinsamen Brief an Olaf Scholz, Frau Baerbock und weitere Minister bekundeten, es sei „Pflicht der Bundesregierung, (…) ihre völkerrechtswidrige und einseitige Unterstützung Israels unverzüglich zu beenden und die Reputation Deutschlands, die hierdurch empfindlich Schaden davon getragen hat, wenigstens teilweise wieder herzustellen.“ Carsten Klink hat dankenswerterweise den vollen Wortlaut ins Netz eingestellt, nachzulesen hier (anklicken!). Der Brief ist durchaus lesenswert.
Autor:Heiko Holtgrave aus Dortmund-City |
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