Jährlich 500 Millionen
NRW-Landtag: Grüne beantragen Ende der Staatsleistungen an Kirchen

Das Land NRW zahlt den beiden Großkirchen derzeit etwa 25 Millionen Euro pro Jahr an Staatsleistungen. Geld, über das die Kirchen frei verfügen können.  | Foto: Daniela Wakonigg
  • Das Land NRW zahlt den beiden Großkirchen derzeit etwa 25 Millionen Euro pro Jahr an Staatsleistungen. Geld, über das die Kirchen frei verfügen können.
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Über 500 Millionen Euro an sogenannten Staatsleistungen erhalten die beiden großen Kirchen in Deutschland derzeit jährlich von den Bundesländern, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Nach dem Willen der Grünen soll damit nun in Nordrhein-Westfalen Schluss sein. Das fordert ein Antrag, den die Grünen-Fraktion am Dienstag in den NRW-Landtag einbrachte.

Allein das Land NRW zahlt den beiden Großkirchen derzeit etwa 25 Millionen Euro pro Jahr an Staatsleistungen. Geld, über das die Kirchen frei verfügen können und das weder etwas mit den zusätzlichen öffentlichen Förderungen von christlichen Kindergärten, Altenheimen oder Krankenhäusern zu tun hat, noch mit den Kirchensteuern, die im Auftrag der Kirchen von den Finanzämtern eingezogen werden.

Zurück gehen diese Staatsleistungen auf die Zeit der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Doch auf welchen Rechtstiteln sie beruhen und ob sie tatsächlich als dauerhafte Entschädigungsleistungen konzipiert waren, darüber streiten die Gelehrten. Bereits den Verfassern der Weimarer Reichsverfassung von 1919 erschienen die Zahlungen jedoch als nicht mehr zeitgemäß, weswegen sie festlegten, dass diese Zahlungen abzuschaffen seien. Ein Verfassungsgebot, das nach dem Zweiten Weltkrieg auch in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde. Trotz mehrfacher Versuche unterschiedlicher Parteien, die Abschaffung der Staatsleistungen zu erreichen, konnten bislang jedoch keine politischen Mehrheiten hierfür gefunden werden.

Einen weiteren Vorstoß unternehmen nun die Grünen in Nordrhein-Westfalen. Ihre Fraktion hat einen Antrag in den Landtag eingebracht, in welchem die schwarz-gelbe Landesregierung zu folgenden Maßnahmen aufgefordert wird:

1. Das Land Nordrhein-Westfalen nimmt Gespräche und Verhandlungen mit den Kirchen zur Ablösung der noch in NRW bestehenden Staatsleistungen auf.

2. Das Land setzt sich auf der Bundesebene für die Umsetzung des Verfassungsauftrags des Grundgesetzes gemäß Artikel 140 in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung ein.

Die Grünen weisen in ihrem Antrag darauf hin, dass "unbeschadet des Verfassungsauftrags auf der Bundesebene" auch "die Bundesländer in Verhandlungen mit den Kirchen die Ablösung der Staatsleistungen in ihrem Zuständigkeitsbereich erzielen" können. "Artikel 21 der Landesverfassung NRW besagt: 'Die den Kirchen oder den Religionsgemeinschaften gemäß Gesetz, Vertrag oder anderen Rechtstiteln zustehenden Leistungen des Staates, der politischen Gemeinden oder Gemeindeverbände können nur durch Vereinbarungen abgelöst werden; soweit solche Vereinbarungen das Land betreffen, bedürfen sie der Bestätigung durch Landesgesetz'."

Inwieweit sich die aktuelle kirchenfreundliche schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen von dem Antrag tatsächlich zu entsprechenden Taten bewegen lässt, ist fraglich. Allerdings macht der Antrag der Grünen auch klar, dass in diesem Fall der schwarze Peter für die ohne Gegenleistungen erfolgenden jährlichen Zahlungen in mehrfacher Millionenhöhe allein bei der Regierung liegt:

"Die Bistümer und Landeskirchen stehen der Ablösung der Staatsleistungen offen gegenüber, wie zahlreiche Äußerungen seit Jahren belegen. Es liegt aber beim Land Nordrhein-Westfalen auf die Kirchen zuzugehen, die Gespräche und Verhandlungen aufzunehmen."

Eine objektive Auseinandersetzung mit dem Grünen-Antrag darf man aber wohl vom NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nicht erwarten. Zeit seines Lebens war er mit einem der beiden großen Profiteure verbunden: Als Mitglied der katholischen Studentenverbindungen KDStV Aenania München und KDStV Ripuaria Bonn. Von 1991 bis 1994 war er Chefredakteur der KirchenZeitung Aachen und zwischen 1995 und 1999 arbeitete er als Verlagsleiter des religiösen Einhard-Verlags. Bis 2016 war er Mitglied der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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