Dietmar Bartsch diskutierte mit Dortmunder Sozialverbänden
Kinderarmut - leider auch bei uns trauriger Alltag
Dietmar Bartsch diskutierte mit Dortmunder Sozialverbänden
Kinderarmut – leider auch bei uns trauriger Alltag
Diese Zahl schockte sogar den Bundespolitiker, der sicher schon viel gehört hat. 56 Prozent betrage die Kinderarmut allein in der Dortmunder Nordstadt, sagte Cornelia Wimmer, linke Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord. Ihr Gesprächspartner: Dr. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag. Er sprach am Mittwoch (15. Juli) auf Einladung der Dortmunder Ratsfraktion mit hiesigen Fachleuten über „sein“ Thema – den Kampf gegen die Kinderarmut.
Kinderarmut: Das heißt: 10 Jahre weniger Lebenserwartung, schlechtere Zähne, oft schlechtere Schulbildung, kein Geld für warmes Mittagessen in der Schule, keinen vorhandenen Computer für Homeschooling und vieles mehr. Es habe Jahre gedauert, bis er die real existierende „Kinderarmut“ in Deutschland zu einem Thema machen konnte, sagte Bartsch. Noch bis vor kurzem habe man Kinderarmut eher mit Mali oder Bangladesch in Verbindung gebracht. Mittlerweile stehe das Thema sogar im Koalitionsvertrag. Doch es reiche bei weitem nicht aus, eine von den Linken (und auch von der SPD und den Grünen) geforderte Kindergrundsicherung einzuführen, zumal nicht sicher sei, ob das Geld immer bei den Kindern ankomme, sagte Bartsch. Und auch das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung reiche nicht aus, wenn nur ein Drittel der Betroffenen das Geld abrufe – oder abrufen könne.
Bartsch ärgert sich, dass Kinder in Deutschland keine Lobby haben – anders als Fluggesellschaften, Fußballvereine, die Autoindustrie – und die Rüstung. „Man vergleiche: In Coronazeiten wurden von der Bundesregierung 10 Milliarden Euro für die Rüstung bereitgestellt, also für Kriege, die wiederum Kinderarmut verursachen. Aber für Familien und ihre Kinder gab es nur 2 Millarden Euro. Und die Familienministerin saß erst gar nicht im Corona-Kabinett.“
„Es gibt Menschen, auch in Dortmund, die können sich gar nicht vorstellen, wie arm manche Familien sind“, stimmte Dr. Matthias Albrecht (Kinderschutzbund) dem Bundespolitiker zu. „Diese Menschen haben halt eine ganz andere Lebenssituation.“ Aber es sei Tatsache, dass sich in Dortmund Kinder an Essensausgabestellen einfinden würden, um sich eine warme Suppe abzuholen, bestätigen mehre der Anwesenden. Der Verein „Kinderglück“ wiederum kümmere sich schon seit 15 Jahren darum, dass Schulanfänger überhaupt einen Tornister bekämen, ergänzte Manfred Sträter (Soziales Dortmund).
Die Politik – im Bund und auch in Dortmund - könne und müsse viel mehr tun, mussten sich Bartsch und die Gastgeberinnen der Dortmunder Fraktion in einer lebhaften Gesprächsrunde anhören. Und sie bekamen einen langen Ideenkatalog mit auf den Weg. Einige Beispiele:
ein Netzwerk gegen Kinderarmut muss auch in Dortmund auf die Beine gestellt werden (auf Bundesebene gibt es dieses schon)
die U-3-Betreuung in der Nordstadt muss deutlich ausgeweitet werden
für die Kinderbetreuung in der Nordstadt (auch im Schulbereich) muss es mehr Personal geben als in wohlhabenderen Stadtteilen
in Kitas und Schulen, auch im offenen Ganztag, muss es viel mehr Sozialarbeiter geben, die sich nicht nur um die Kindern, sondern auch um die Belange der Eltern kümmern
für die offene Kinder- und Jugendarbeit muss mehr Geld bereit gestellt werden
der Rechtsanspruch für einen Platz im offenen Ganztag muss gewährleistet sein
die Nutzung von Bus und Bahn sollte für Schulkinder kostenfrei sein
deutlich höhere Subventionierung von warmen Essen in Kitas und Schulen
mehr Bewusstsein in der Öffentlichkeit für das Thema „Kinderarmut“ schaffen
Gastgeberin Petra Tautorat, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Dortmunder Linken und deren kinder- und jugendpolitische Sprecherin, will sich nun um Punkt 1 kümmern: „Wir werden alle Teilnehmer dieser Gesprächsrunde noch einmal einladen, um über die Gründung eines überparteilichen Netzwerks gegen Kinderarmut in Dortmund zu sprechen“, kündigte sie an. Und Dietmar Bartsch verabschiedete sich nach einer lebhaften Gesprächsrunde mit dem Wunsch, dass alle Kinder die gleichen Chancen verdienen.
Wir bedanken uns für eine sehr interessante und informative Gesprächsrunde bei
- Dr. Matthias Albrecht, Vorsitzender Kinderschutzbund
- Reiner Spangenberg, stellv. Vorsitzender Jugendring, Jugendrotkreuz
- Karen Schubert-Wingenfeld, Der Paritätische, Vertreterin der Geschäftsführung, Bereich Offener Ganztag
- Petra Bock, AWO, Fachbereichsleitung Elementarbereich (Kindertageseinrichtungen Kindertagespflege)
- Manfred Sträter, Soziales Dortmund
- Frank Ortmann, Kreisgeschäftsführer DRK
Autor:Claudia Behlau, DIE LINKE+ aus Dortmund-Ost |
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