IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten bricht im Oktober 2024 den nächsten Rekord
Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer heute veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Oktober sprunghaft auf 1.530 angestiegen. Das ist der höchste Oktoberwert seit 20 Jahren.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Oktober bei 1 530. Das sind 17 Prozent mehr als im Vormonat und 48 Prozent mehr als im Oktober 2023. Der aktuelle Wert liegt zudem 66 Prozent über dem durchschnittlichen Oktoberwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Das letzte Mal, dass in einem Oktober mehr Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften registriert wurden, war im Jahr 2004.
Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), führt die aktuell hohen Insolvenzzahlen auf das Zusammentreffen mehrerer Faktoren zurück. Eine anhaltende konjunkturelle Schwächephase trifft auf stark gestiegene Kosten bei Löhnen und Energie, während gleichzeitig Nachholeffekte aus der Pandemie sowie eine teils verzögerte Anpassung der
Wirtschaft an neue strukturelle Rahmenbedingungen sichtbar werden. Während der Pandemie erhielten insbesondere schwächere Unternehmen Unterstützung durch staatliche Hilfsprogramme, wodurch Insolvenzen hinausgezögert wurden. Diese Insolvenzen holen die Unternehmen nun nach. Hinzu kommt, dass sich in der Niedrigzinsphase auch unproduktive Unternehmen mithilfe günstiger Kredite über Wasser halten konnten. Seit den Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Jahr 2022 trifft die hohe Verschuldung diese Unternehmen nun besonders hart, sodass es verstärkt zu Insolvenzen kommt.
"Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus langanhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten", sagt Steffen Müller. "Viele schwächere Unternehmen, die in der Niedrigzinsphase und mit Unterstützung während der Pandemie überlebt haben, stehen nun bei stark gestiegenen Kosten unter massivem Druck. Das treibt nun insbesondere hochverschuldete Firmen in die Insolvenz."
Zu den besonders betroffenen Branchen zählen das Baugewerbe, der Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Im verarbeitenden Gewerbe lagen die Zahlen ebenfalls auf sehr hohem Niveau.
Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im Oktober in den größten 10 Prozent der insolventen Unternehmen trotz der hohen Zahl an Insolvenzen lediglich knapp 11 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten mehr als die Hälfte unter dem Vormonatswert, in etwa auf dem Niveau von Oktober 2023, aber 30 Prozent über dem Durchschnitt eines typischen Oktobers der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.
Die trotz hoher Insolvenzzahlen vergleichsweise geringe Zahl an betroffenen Jobs geht auf das Fehlen sehr großer Insolvenzen zurück. Große Insolvenzfälle hatten noch die Vormonate geprägt. Anders als die hohen Insolvenzzahlen vermuten lassen, waren die Auswirkungen des Insolvenzgeschehens auf den Arbeitsmarkt im Oktober somit überschaubar. Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um zwei bis drei Monate vorauslaufen. Im Juli stiegen diese Indikatoren stark an. Daher war im Oktober mit einem hohen Wert zu rechnen gewesen. Da die Frühindikatoren zwischen August und Oktober wieder etwas unter das Niveau von Juli gefallen sind, sind im November und Dezember leichte Rückgänge bei den Insolvenzzahlen möglich, erwartet Steffen Müller.
Allerdings werden die Insolvenzzahlen damit auch weiterhin deutlich über dem Niveau von vor der Doppelkrise aus Pandemie und Kostenschocks liegen.
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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