Kinofilmstart: Oeconomia
Geldsystem: Kollabiert zuerst unser Ökosystem Erde oder der Kapitalismus?
Unser Wirtschaftssystem hat sich unsichtbar gemacht und entzieht sich dem Verstehen. In den letzten Jahren blieb uns oft nicht viel mehr als ein diffuses und unbefriedigendes Gefühl, dass irgendetwas schiefläuft. Aber was? Der Dokumentarfilm OECONOMIA legt die Spielregeln des Kapitalismus offen und macht in episodischer Erzählstruktur sichtbar, dass die Wirtschaft nur dann wächst, wenn wir uns verschulden, dass sie nur dann boomt, wenn sich die Vermögen an bestimmten Orten konzentrieren.
Jenseits von distanzierten Phrasen der Berichterstattung, die ein Verstehen des Ungeheuerlichen letztlich immer wieder verunmöglichen, macht sich OECONOMIA mit viel Scharfsinn und luzider Stringenz daran, den Kapitalismus der Gegenwart zu durchleuchten. Erkennbar wird ein Nullsummenspiel, das uns und unsere ganze Welt in die Logik einer endlos fortwährenden Kapitalvermehrung einspannt – koste es was es wolle. Ein Spiel, das bis zur totalen Erschöpfung gespielt wird und vielleicht kurz vor seinem Ende steht.
Mit ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm WORKHARD – PLAY HARD setzte die Regisseurin Carmen Losmann sich mit den Wirkungen des modernen Human Ressource Managements auseinander. Mit OECONOMIA, der auf der Berlinale 2020 seine Premiere feierte und von der Kritik hoch gelobt wurde, setzte sie ihre eindringlichen Recherchen zu den zerstörerischen Grundlagen unseres Wirtschaftssystems fort und öffnet den Blick jenseits der gängigen Erklärungsmuster und Dogmen auf den Nucleus eines hochexplosiven Systems: Der Schuldner als zentraler Akteur. – Ein Film von brennender Aktualität.
Preview: Am Mittwoch 14.Oktober 2020 im Kino SCHAUBURG, Brückstraße 66, 44135 Dortmund um 20:15 Uhr mit anschließendem Filmgespräch!
Schauburg: https://schauburg-kino.com/programm/film/oeconomia
Kommentar der Regisseurin Carmen Losmann: "Bei der Erarbeitung des Bildkonzepts war es Dirk Lütter und mir wichtig, sowohl die Unzugänglichkeit als auch die gläserne Schein-Transparenz einer nach ökonomischen Parametern gestalteten Welt in Szene zu setzen: eine von Vertikalen und Horizontalen in Form gebrachte Welt mit ihren spiegelnden, glitzernden Fassaden und piepsenden Zugangsbeschränkungen. Mithilfe der grafischen Computerebene, die aus einer ständig sich wiederholenden Rastermatrix besteht und sich in langen Überblendungen auf die Filmbilder legt,
wollte ich diesen Effekt noch ausbauen. Sichtbar wird eine Metrik, die an ein Matheheft erinnert und sich wie ein feines, unsichtbares und doch alles bestimmende Raster auf uns und die Welt legt – zerlegt in einzelne Einheiten, die nur verrechnend miteinander in Beziehung treten.
Im Verlauf der Arbeit an diesem Filmprojekt wurde mir klar, dass ich andere erzählerische Wege finden musste, um mich bestimmten ökonomischen Zusammenhänge zu nähern. Zu stark schienen mir meine Interviewpartner aus der Wirtschaftswelt eingefasst in einen ideologischen Frame, innerhalb dessen meine Fragen weder Platz hatten, noch verstanden wurden. Und so inszenierten wir die Situation eines überarbeiteten Monopoly-Spiels im öffentlichen Raum einer Fußgängerzone
mit einem Kreis an Menschen, die sich der Analyse von kapitalistischer Ökonomie und Geldproduktion verschrieben haben. Diese Szenen in der Fußgänger zone durchziehen den Film wie ein roter Faden. Gleichzeitig agieren die Spielenden wie ein Chor des griechischen antiken Theaters, der dem Publikum gegenüber ausdrückt, was die Hauptcharaktere des Stücks – meine
Interviewpartner – nicht zu sagen vermochten."
"Wir haben bei der Kreditauszahlung in keiner Weise Geld auf einem Konto von Einlagenkunden, die uns das Geld beschaffen müssen, um dieses Geld der Kreditkundin gutschreiben zu können. In der Bilanz haben wir einen Geldbetrag eingebucht, der vorher noch nicht existiert hat. Der führt zu einer Ausweitung unserer Bilanzsumme. Und mit dieser Bilanzverlängerung ist neues Geld durch die Kreditauszahlung geschöpft worden.", Jean-Marc Decressonnière, Geschäftsleiter Freie Gemeinschaftsbank
Vimeo: OECONOMIA Kinotrailer
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.