Gegen die nukleare Aufrüstung Europas Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz

Eine atomwaffenfreie Welt scheint derzeit in weite Ferne gerückt. "Vor wenigen Jahren war das noch anders", betont Florian Eblenkamp, Vorstand von ICAN Deutschland. | Foto: © Hendrik Haßel
  • Eine atomwaffenfreie Welt scheint derzeit in weite Ferne gerückt. "Vor wenigen Jahren war das noch anders", betont Florian Eblenkamp, Vorstand von ICAN Deutschland.
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In einem offenen Brief fordern das Frauennetzwerk für Frieden, ICAN Deutschland, die Ärzte-Organisationen IPPNW, die Nuclear Free Future Foundation (NFFF) sowie die Friedensorganisation Ohne Rüstung Leben von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass er seinen politischen Einfluss gegen die nukleare Aufrüstung Europas und für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag einsetzt.

Seit dem Überfall auf die Ukraine droht Russlands Präsident Putin immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen. Die Bundesregierung müsse alles in ihren Möglichkeiten stehende tun, um den Einsatz von Nuklearwaffen zu verhindern, fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefes. "Wir appellieren an Bundeskanzler Scholz, unsere Partner in England, Frankreich und den USA dazu zu bringen, auf den Ersteinsatz von Atomwaffen zu verzichten", so Dr. Angelika Claußen, die Vorsitzende der IPPNW. "Damit wird Präsident Putin die argumentative Basis entzogen, seine eigene Aggression mit einer angeblichen Bedrohung durch den Westen zu rechtfertigen." Eine derartige Erklärung wäre ein erster Schritt zur nuklearen Deeskalation. Unter den fünf offiziellen Atommächten hat bisher nur China verkündet, in jedem Fall auf einen nuklearen Erstschlag zu verzichten.

Eine atomwaffenfreie Welt scheint derzeit in weite Ferne gerückt. "Vor wenigen Jahren war das noch anders", betont Florian Eblenkamp, Vorstand von ICAN Deutschland. Auf Initiative der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2017 den Atomwaffenverbotsvertrag verabschiedet. 122 Staaten haben damals dafür gestimmt, 70 Staaten haben den Vertrag inzwischen ratifiziert – im Januar 2021 ist er in Kraft getreten. "Daran müssen wir anknüpfen."

Dass dies nicht unmöglich ist, verdeutlicht ein Blick in die Vergangenheit: "Gerade die nukleare Bedrohung hat immer wieder zu großen Abrüstungsschritten geführt", weiß Franz Moll, Vorstand und Gründer der Nuclear Free Foundation. Nach der Stationierung der mit Atomsprengköpfen bestückten Pershing II-Raketen in Mitteleuropa auf der einen und der sowjetischen SS-20-Raketen auf der anderen Seite haben der damalige US-Präsident Ronald Reagan und UdSSR-Generalsekretär Michail Gorbatschow Ende 1987 im sogenannten INF-Vertrag vereinbart, sowohl ihre Nuklearraketen an Land mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern als auch deren Abschussvorrichtungen und die dazu gehörende Infrastruktur innerhalb von drei Jahren zu vernichten und keine neuen herzustellen.

In ihrem offenen Brief appellieren die beteiligten Organisationen deshalb an den Bundeskanzler, eine europäische Atombewaffnung eindeutig abzulehnen und sich stattdessen für eine multilaterale nukleare Rüstungskontrolle und für nukleare Abrüstung einzusetzen. "Wir fordern von Olaf Scholz, sich für den Abzug aller in Deutschland stationierten Atomwaffen stark zu machen", erklärt Simon Bödecker, Referent für Atomare Abrüstung bei Ohne Rüstung Leben, "und dafür zu sorgen, dass Deutschland den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet." Der UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen ist ein Meilenstein in den weltweiten Abrüstungsbemühungen. Alle Regierungsparteien der Ampel haben sich in ihren Wahlprogrammen zu einer atomwaffenfreien Welt bekannt und ihren Willen bekundet, Atomwaffen aus Deutschland langfristig abzuziehen. Daran müssen sie trotz – oder gerade angesichts – der russischen Drohung, Atomwaffen einzusetzen, weiter arbeiten.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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