Etikettenschwindel statt Revolution
Die Krankenhausreform wird die bestehende Misere verschärfen

"Krankenhäuser sollen Einrichtungen der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge sein, keine Wirtschaftsunternehmen. Krankenhausplanung und -finanzierung sind öffentliche Aufgaben, die politischer Planung und Steuerung bedürfen. Wir brauchen eine demokratische und regionale Bedarfsplanung der Krankenhausversorgung, in die alle Akteure des Gesundheitswesens einbezogen werden.", so das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik.
  • "Krankenhäuser sollen Einrichtungen der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge sein, keine Wirtschaftsunternehmen. Krankenhausplanung und -finanzierung sind öffentliche Aufgaben, die politischer Planung und Steuerung bedürfen. Wir brauchen eine demokratische und regionale Bedarfsplanung der Krankenhausversorgung, in die alle Akteure des Gesundheitswesens einbezogen werden.", so das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik.
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Das aktuell im Bundestag zur Verabschiedung anstehende Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird die Versprechen des Bundesgesundheitsministers einer "grundlegenden Entökonomisierung der Krankenhausversorgung" und der "Überwindung des Fallpauschalensystems" nicht einlösen. Die Revolution der Finanzierung fällt aus, ein massiver Abbau der stationären Versorgung steht bevor. Der Bevölkerung wird mit der Qualitätserzählung Sand in die Augen gestreut, und sie wird über die wahren Ziele der Reform hinweggetäuscht: eine drastische Verringerung der kleinen Grundversorgungskrankenhäuser und der Krankenhausbetten.

Die angekündigte Vorhaltefinanzierung wird direkt wieder mit dem Fallpauschalensystem gekoppelt, denn sie errechnet sich aus Anzahl und Schwere der Behandlungsfälle und nicht aus den zur Bedarfsdeckung notwendigen Vorhaltekosten des Krankenhauses. Damit schreibt das BMG dieselben Fehlanreize zu immer mehr Behandlungen auch in die Zukunft fort, die am Fallpauschalensystem vielfach kritisiert werden . Außerdem bleibt der Anreiz, immer mehr Fälle zu behandeln, auch dadurch bestehen, dass der reine DRG-Anteil der Vergütung weiterhin bei 40 Prozent der Einnahmen eines Krankenhauses liegt. Der finanzielle Druck auf die Krankenhäuser wird sich auch deswegen nicht ändern, weil die Gesamtsumme der Finanzmittel (bis auf Förderbeträge für wenige einzelne Bereiche) gleichbleibt. Die Vorhaltevergütung wird also nur zu einer Umverteilung der Mittel führen, so dass insbesondere kleine Krankenhäuser mit weniger Behandlungsfällen noch weniger Geld erhalten werden als bisher. Damit ist auch diese Umverteilung ein Instrument zur finanziellen (und nicht bedarfsgerechten) Strukturbereinigung.

Die Krankenhausreform ergreift also nicht die historische Chance, die Schäden von Ökonomisierung, Kommerzialisierung und Privatisierung durch das DRG-Fallpauschalensystem zu reparieren. Sie ist ein Etikettenschwindel. Die ersten Jahre der Krankenhausreform gehören der Abrissbirne.

Auch die Leistungsgruppen und die Festlegung von Qualitätskriterien, wie sie jetzt vom BMG geplant sind, bergen ein hohes Missbrauchspotential. Das Gleiche gilt für die Mindestzahlen, die für jede Leistungsgruppe festgelegt werden sollen: Werden sie zu rigide ausgelegt, droht vielen Krankenhäusern das Aus und die flächendeckende Versorgung bleibt auf der Strecke.

Seit Jahrzehnten ist die Aufhebung der Trennung der ambulanten und stationären Versorgung überfällig. Die vorgesehenen Regelungen für "sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen" werden aber dem Anspruch, flexibel dem lokalen und regionalen Bedarf zu folgen und zugleich pflegerische und medizinische Versorgung anzubieten, nicht gerecht. Sie sind der Versuch, möglichst viele kleine Krankenhäuser vom Netz zu nehmen und eine Erweiterung der Betätigungsbereiche für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte durchzusetzen. Sie sind eine Mischung aus (Kurzzeit-) Pflegeheim und Kleinstkrankenhaus.

Daran ändern auch die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen vom 7.10.24 nichts Wesentliches; sie dienen lediglich der Befriedung bestimmter Gruppen, die sich besonders laut – und größtenteils zu Recht – zu Wort gemeldet haben. Jetzt liegt es dann an den Ländern, diese Reform zu verhindern.

"Wir fordern: Bis zur Feststellung des echten Bedarfs müssen Soforthilfen das Überleben aller bestehenden Krankenhäuser sicherstellen, bis die Krankenhausreform in Zukunft unter der Maßgabe einer tatsächlichen Entökonomisierung und Überwindung des Fallpauschalensystems ihre Wirkung entfalten kann. Welches Krankenhaus in Zukunft bedarfsnotwendig ist, muss im Rahmen einer demokratischen Krankenhausplanung der Länder entschieden werden und nicht durch Geldentzug. Dazu gehört dann auch eine dauerhaft bedarfsgerechte Investitionsfinanzierung durch die Länder.

Wir fordern: Die vollständige Abschaffung der DRGs, volle Finanzierung aller bedarfsnotwendigen Kosten und Gewinnverbot für Krankenhäuser.", erklärt dazu das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik.

Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik  besteht derzeit aus dem ver.di-Bundesfachbereich C, dem Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää*), attac, der Soltauer Initiative (bis zu ihrer Auflösung im Herbst 2023), dem Verein Solidarisches Gesundheitswesen e.V., der Interventionistischen Linken (IL), dem Berliner Bündnis Gesundheit statt Profite. Ins Leben gerufen wurde das Bündnis im Jahr 2013.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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