Patienten verraten & verkauft
Die Daten-Raubzüge des Bundesgesundheitsminister Spahn

Schreibt auch mal gern ein Positionspapier der CDU/CSU zur Bürgerversicherung direkt beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) ab: Bundesgesundheitsminister und Pharmalobbyist Jens Spahn. | Foto: Von Olaf Kosinsky - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38201183
  • Schreibt auch mal gern ein Positionspapier der CDU/CSU zur Bürgerversicherung direkt beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) ab: Bundesgesundheitsminister und Pharmalobbyist Jens Spahn.
  • Foto: Von Olaf Kosinsky - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38201183
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"Datenschutz ist nur etwas für Gesunde", so das Zitat des jetzt amtierenden Gesundheitsministers in dem bemerkenswerten Buch "APP vom Arzt" aus dem Jahr 2016. Im Schutz der Coronapandemie scheint es der Bundesgesundheitsminister nun darauf anzulegen, aus den gesetzlich Krankenversicherten eine Ware auf dem neuen deutschen Datenmarkt zu machen, stellt die Interessengemeinschaft Medizin (Ig Med e.V.) fest.

"Jede gesetzgeberische Aktivität des Bundesgesundheitsministers Spahn zielt darauf ab, mehr oder weniger versteckt die persönlichsten Daten der Patienten für Krankenkassen und Konzerne frei verfügbar und damit auch handelbar zu machen," erklärt Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med. "Unseres Erachtens werden dabei die Bürger massiv hinter das Licht geführt. Ärzte, Zahnärzte und Apotheker werden ungewollt zu Komplizen dieser beispiellosen Missachtung der bürgerlichen Grundrechte durch den Gesundheitsminister."

Bereits mehrfach hat die Interessengemeinschaft Medizin darauf hingewiesen, dass in mehreren Gesetzen das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wird.

Angefangen hat dieser beispiellose Daten-Raubzug des Jens Spahn mit dem Inplantateregistergesetz, welches regelt, dass die Daten von Patienten mit medizinischen Implantaten von Gelenkendoprothese über Herzschrittmacher bis hin zu Brustimplantaten in einem zentralen Register im Klartext aufgezeichnet werden. Weiter ging es mit dem "Digitale- Versorgung-Gesetz", welches erlaubt, dass die abrechnungsbegründenden Daten aller Vertragsärzte zentral an ein Datenzentrum geschickt und dort "pseudonymisiert" – also potentiell rückverfolgbar verschlüsselt – gesammelt werden.

"Den Patienten wird dabei erzählt, dass ihre Daten für wissenschaftliche Erkenntnisse genutzt werden sollen," berichtet die Internistin aus Neutraubling. "In Wahrheit zeigen die weiteren derzeit in sog. Omnibusgesetzen versteckten Regelungen durch den Gesundheitsminister, dass es vermutlich eher darum geht, die Daten der 73 Millionen Patienten für die Industrie und die Krankenkassen nutzbar zu machen – der Patient wird gläsern."

Besonders bedenklich ist es laut IG Med, dass dabei der Patient nicht vorher gefragt wird und auch kein Recht hat, der Speicherung zu widersprechen oder eine Löschung zu verlangen. Ein Unding – wie auch der Bundesdatenschützer sinngemäß mitteilen lässt.

"73 Millionen Menschen sind in Deutschland bei gesetzlichen Krankenversicherungen mehr oder weniger Zwangsmitglieder und geben damit anscheinend auch das Recht ab, über ihre eigenen Gesundheitsdaten und deren Weitergabe zu entscheiden," sagt Steffen Grüner, stellv. Vorsitzender der IG Med. "Wir halten das für einen schweren Verstoß gegen bürgerliche Grundrechte und werden uns dagegen auch für unsere Patienten verwahren – eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Gesetzgebung ist in Vorbereitung."

Erstaunlicherweise scheint diese gesundheitspolitische Zeitbombe auch von den Oppositionsparteien wohlwollend ignoriert zu werden – oder sie verkennen die Brisanz dieser "Spahnischen Feldzüge" für die bürgerlichen Freiheiten.

Die Nachdenkseiten warnten bereits im Jahre 2018 in dem Lobbyistendossier "Jens Spahn: Ein Pharmalobbyist soll Gesundheitsminister werden" vor Spahn und seinen Machenschaften, kurz vor seiner Berufung zum Gesundheitsminister:

“Im Jahre 2006 gründete der damals 26-jährige Karrierist mit seinem Freund, dem damaligen Leiter seines Abgeordnetenbüros, Markus Jasper, sowie dem Lobbyisten Max Müller eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), über die er jahrelang an "Politas", einer Lobbyagentur für Pharmaklienten, beteiligt war, obwohl er bereits ab 2009 dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages angehörte. Zwar verkaufte Spahn im Jahre 2010 seine Anteile an "Politas", denn „er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes vermeiden wollen“. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, im Jahre 2012 in dem Positionspapier, das er gemeinsam mit seinem CSU-Kollegen Johannes Singhammer gegen die von den Grünen geforderte Bürgerversicherung in Stellung brachte, wortgleich Texte vom Verband der Privaten Krankenkassen (PKV) abzuschreiben – so die "Leipziger Volkszeitung". Bis März 2015 war Spahn zudem Vorsitzender vom "Beirat Gesundheit", einer Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen, die Unternehmen und Verbände mit Abgeordneten und Vertretern der Bundesregierung zusammenbringt, um Gesetzesinitiativen vorzubereiten – rein zufällig ist der PKV auch hier ein bedeutendes Mitglied.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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