Finanzwende
"Der bayerische Abgeordnete Markus Ferber - Der lange Arm der Finanzlobby ins Europaparlament"

"Andere Nebenjobs werfen Fragen nach Interessenkonflikten auf. So sitzt Markus Ferber im Beirat der Deutschen Vermögensberatung DVAG (20.000 Euro jährlich).", erklärt der Verein Finanzwende. | Foto: Von J. Patrick Fischer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76819485
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  • "Andere Nebenjobs werfen Fragen nach Interessenkonflikten auf. So sitzt Markus Ferber im Beirat der Deutschen Vermögensberatung DVAG (20.000 Euro jährlich).", erklärt der Verein Finanzwende.
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Markus Ferber ist langjähriger EU-Abgeordneter aus Bayern und zog bei der Europawahl 2024 erneut ins Europaparlament ein. Neben seiner Haupttätigkeit im Europaparlament hat Ferber verschiedene Nebentätigkeiten in der Wirtschafts- und Finanzlobby. "Bereits 2017 kam ans Licht, dass Ferbers Nebenbeschäftigungen in fragwürdigem Zusammenhang mit seiner Arbeit im Parlament stehen.", erklärt der Verein Finanzwende.

Man könnte meinen, dass ein Sitz im Europaparlament so viel Zeit und Energie raubt, dass für sonstige (berufliche) Tätigkeiten kaum noch Kapazitäten übrig bleiben. Doch die Realität sieht häufig anders aus: Für viele Politikerinnen und Politiker ist es nichts Ungewöhnliches, neben ihrer eigentlichen Arbeit im Parlament noch anderen Beschäftigungen nachzugehen.

Auch Markus Ferber von der CSU gehört zur Gruppe der EU-Abgeordneten, die zahlreichen Nebentätigkeiten nachgehen. Finanzwende hat die Nebentätigkeiten von Markus Ferber genauer unter die Lupe genommen. Diese zeichnen laut dem Verein Finanzwende e.V. ein einseitiges Bild - genau wie seine Lobbykontakte:

"Einseitige Interessen
Mindestens sieben unterschiedliche Posten hat Markus Ferber in der Wirtschafts- und Finanzlobby inne. Seine Tätigkeiten reichen von der Mitgliedschaft im Beirat der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) über den Vorsitz der Arbeitsgruppe Finanzdienstleistungen der Kangaroo Group bis hin zu einem Vorstandsposten beim Wirtschaftsbeirat Bayern.

Allein für den Beiratsposten bei der DVAG bekommt Ferber 20.000 Euro pro Jahr. Andere von Ferbers Nebentätigkeiten sind zwar unentgeltlich, sie zeigen aber ebenfalls seine auffällige Nähe zur Wirtschafts- und Finanzlobby.

Hinterzimmergespräche: Einseitige Lobbykontakte
In der Legislaturperiode von 2019 bis 2024 lassen sich 107 Treffen von Markus Ferber mit Lobbyist*innen nachweisen. Nun ist die enge Zusammenarbeit von Abgeordneten mit der Lobbyindustrie nichts Ungewöhnliches. Auffällig ist jedoch, wen genau Ferber traf.

Über die Hälfte der Treffen (54 Prozent) fanden mit Lobbyistinnen und Lobbyisten aus der Banken-, Versicherungs- und Fondsindustrie statt. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) mit anderen Wirtschaftslobbyist*innen. Im Vergleich mit der Anzahl an Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Interessenbereiche ist ein extremes Ungleichgewicht nicht von der Hand zu weisen.

Die Markus-Ferber-Affäre
Die vielschichtigen Tätigkeiten Ferbers waren der Öffentlichkeit kaum bekannt, bis sie 2017 durch Recherchen von Politico erstmals ans Licht kamen. Der Anlass: Ferber hatte sich für ein Tool des Unternehmens Cfinancials zur Bewertung von Finanzprodukten auf Basis einer EU-Richtlinie (MiFID II) ausgesprochen. Der Clou: Ferber war an der Entstehung der entsprechenden Richtlinie beteiligt und hatte somit Cfinancials zu einem Gesetz beraten, das er selbst mitverfasst hatte.

Im Frühjahr 2024 wurden noch weitere Details bekannt. Darunter: Ferbers Versuche, seinen Geschäftspartner Heijmeijer einflussreichen Personen in der EU-Finanzwelt vorzustellen. Außerdem ein Workshop, den das Duo 2015 im Parlament organisiert haben soll, um Banken wie Santander und Credit Suisse die Produkte von Cfinancials schmackhaft zu machen.

Das EU-Parlament und die EU-Behörde für Betrugsbekämpfung (OLAF) haben die Affäre Ferber nach den ersten Medienberichten 2017 untersucht – allerdings ohne Konsequenzen. Zwar hatte Ferber seine Nebentätigkeiten erst nach den Medienberichten – also eigentlich zu spät – öffentlich gemacht. Allerdings gab es keine Beweise, dass er finanziell davon profitiert hatte.

Im Dienste des großen Geldes zu Lasten des Gemeinwohls

Als langjähriges Mitglied und Sprecher seiner Fraktion im mächtigen Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments spielt Ferber eine zentrale Rolle in der EU-Finanzmarkt und Wirtschaftspolitik. Immer wieder agiert er zugunsten der Finanzbranche und zulasten von Verbraucher- und Klimaschutz sowie der Stabilität des Finanzsystems.

Finanzlobby zurückdrängen
Ein erheblicher Teil der finanzpolitischen Regeln wird in der EU gemacht. Es stehen wichtige Themen wie etwa Maßnahmen zur Vertiefung der Kapitalmärkte (Kapitalmarktunion) oder das europäische Einlagensicherungssystem auf der Agenda des neu gewählten EU-Parlaments.

Markus Ferbers einseitige Lobbykontakte, seine Nebentätigkeiten und die Politik, die der Abgeordnete im Ausschuss für Wirtschaft und Währung betreibt, zeichnen das Bild eines Politikers, der im Interesse des großen Geldes agiert. Wenn die Finanzlobby Markus Ferber quasi als verlängerten Arm an zentralen Stellen des EU-Parlaments sitzen hat, wird eine ohnehin schon mächtige Lobby noch mächtiger.

Diese Interessenverquickung ist schädlich für eine faktenbasierte, am Gemeinwohl orientierte Politik. Und auch für die Demokratie, denn Wähler*innen erwarten, dass Abgeordnete ihnen dienen, nicht einer Lobby mit Partikularinteressen.

Auch im Interesse der Demokratie muss deshalb verhindert werden, dass Markus Ferber in der nun beginnenden Legislaturperiode des EU-Parlaments wieder Schlüsselposten für den Finanzbereich in den Parlamentsausschüssen einnimmt. Das fordert Finanzende auch in einem offenen Brief an Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) und Manfred Weber (CSU bzw. EVP), in dem wir die Parteivorsitzenden darauf hinweisen, dass Ferbers extreme Nähe zur Finanzlobby schädlich für das Ansehen des Parlamentes sein kann."

Der Verein Finanzwende hat ein fünfzehnseitiges Dossier erstellt. Neben einer Einleitung wird in fünf weiteren Punkten unter den Titeln Doppeltes Spiel - Ferbers Nebentätigkeiten, Gesetzgebung trifft Geschäftsinteressen - Die Markus Ferber Affäre, Einseitige Lobbykontakte - Ferbers Hinterzimmergespräche, Im Dienst des großen Geldes - Ferbers Politik im Europäischen Parlament sowie Die Finanzlobby gehört nicht an zentrale Schalthebel im Europaparlament ein umfangreicher Einblick gewährt.

Hier geht es zu dem Dossier des Vereins Finanzwende: https://www.finanzwende.de/fileadmin/user_upload/Kampagnen/Lobby/Der-bayrische-Abgeordnete-Markus-Ferber_Der-lange-Arm-der-Finanzlobby-ins-Europaparlament.pdf

"Andere Nebenjobs werfen Fragen nach Interessenkonflikten auf. So sitzt Markus Ferber im Beirat der Deutschen Vermögensberatung DVAG (20.000 Euro jährlich).", erklärt der Verein Finanzwende. | Foto: Von J. Patrick Fischer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76819485
Markus Ferbers Lobbytreffen zu Finanzthemen | Foto: Finanzwende
Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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