Mobilitätswende
Das Verkehrssystem könnte effizienter und billiger sein

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Höhere Spritpreise fordern neues Denken. Ein man müsste mal, ich würde gerne, war gestern. Die Grundlagen sind gegeben. Nachbarn, Freunde helfen Senioren und bieten Mitfahrgelegenheiten auch auf dem Land.  Die Grundlagen sind vorhanden. Umsetzung ist gefragt.

Corona bedingt durch Homeoffice
Auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen gab es im Corona-Jahr 2020 mehr als ein Drittel weniger Staus. Laut ADAC Verkehrsdatenbank sank die Anzahl der Staumeldungen von gut 253.000 (2019) auf knapp 162.000 – ein Minus von 36 Prozent. Die Gesamtlänge aller Stauereignisse (Stau und stockender Verkehr) in NRW ging noch stärker zurück, von fast 453.000 auf rund 197.000 Kilometer (-56 Prozent). Auch die Staudauer hat sich von 171.000 (2019) auf nur noch 75.000 Stunden halbiert (-56 Prozent).

Staudaten liefern
Daten senden Online-Navigationsgeräte und Smartphone-Apps mit der Funktion „Staudaten übertragen“ (4,5 Millionen Nutzer) und circa 300.000 Lkw liefern ständig anonymisiert und automatisiert ihre Positions- und Geschwindigkeitsinformationen („Floating Car Data“) von deutschen Straßen. Wieviel Fahrzeuge täglich die Autobahnen, Hauptstaustrecken befahren ist eine notwendige Größe.

KFZ in NRW
17,1 Prozent des Autobahnnetzes Deutschland liegen in Nordrhein-Westfalen. Die durchschnittliche Verkehrsbelastung liegt mit mehr als 61.000 Fahrzeugen täglich 22 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (50.000). In NRW wird 20 Prozent der gesamten Fahrleistung Deutschlands erbracht (Stand: März 2018).

Staus sind vermeidbar
Autos sind im Durchschnitt mit 1,6 Personen besetzt, das belegen die Zahlen des Bundesamts für Statistik. Nimmt man die Angaben der Autoindustrie zum Maßstab, dann verfügen sie normalerweise über fünf Plätze – im Durchschnitt sind also 3,4 Plätze frei, während der Stoßzeiten sogar fast 4. Wird von 61.000 Fahrzeugen täglich ausgegangen, können durch Mitfahrgelegenheiten mindestens 30.000 Fahrzeuge eingespart werden. Wird der Homeoffice Effekt auf Dauer genutzt, können weitere 10.000 Kfz-Fahrten eingespart werden. Es fahren nur noch ein Sechstel der Fahrzeuge.

Der Effekt
Kein Stau, weniger Umweltbelastung, weniger Straßenabnutzung. Es ist eine Reduzierung der Folgekosten um 80 Prozent. Jeder Autokilometer verursacht ungedeckte Umweltkosten für die Gesellschaft in Höhe von mindestens 15 Cent, die nicht durch Steuern oder Abgaben gedeckt sind.
Kleinwagen sind in der Regel im Stadtverkehr unterwegs und legen im Schnitt 10.000 Kilometer im Jahr zurück. Besitzer von Mittelklassewagen fahren rund 13.000 Kilometer und die SUV-Fahrer etwa 16.000 Kilometer im Jahr. Danach stehen sie ungenutzt in Garagen und blockierend auf öffentlichen Straßen.

Keine Utopie
Das Konzept heißt in der Fachwelt «dynamic ride-sharing service», «spontanes Mitfahrsystem» zu Deutsch. Das Konzept stellt die Quadratur des Kreises in Aussicht: Mehr Mobilität und weniger Verkehr. Könnten wir in einem Teil der Autos auf unseren Straßen einfach mitfahren, würden Orte erreichbar, die vom öffentlichen Verkehr nicht erschlossen sind. Gleichzeitig ließe sich die Zahl der Fahrzeuge auf der Straße reduzieren, ohne die Mobilität einzuschränken. Und weil die Passagiere am bereits vorhandenen Verkehr teilhaben, werden sie praktisch klimaneutral befördert. Das Risiko soll nicht verschwiegen werden: Je besser das System funktioniert, desto eher erzeugt es mehr Nachfrage, die einen Teil des Einspareffektes wieder frisst – wie so oft, wenn die Effizienz eines Systems gesteigert wird. Können wir es uns erlauben, das Potential zu ignorieren.

Die Synchronisierung von Angebot und Nachfrage
Der Schweizer Hermann Spiess verfasste in den letzten drei Jahren ein 95-seitiges Manuskript mit dem Titel «21». Er beschreibt darin eine Smartphone App, die vergleichbar ist mit jener des Taxidienst-Vermittlers Uber. Die Aufgabe der App ist es, Angebot und Nachfrage in Echtzeit zu synchronisieren. Fahrer und Passagiere geben ihre Ziele in die App ein, die daraufhin die Routen berechnet. Sobald die Software eine Übereinstimmung der Routen gefunden hat,

Über die Grenze schauen
Zusätzlich könnten Anreizsysteme die Fahrer und Passagiere dazu motivieren, das Mitfahrsystem zu nutzen. «Im Nachbarland Frankreich belohnt der Staat seit letztem Jahr Verkehrsteilnehmer, welche umwelt- und ressourcenschonende Verkehrsmittel berücksichtigen – oder aber mit ihrem Auto selber ein ‹Covoiturage› Mitfahrgelegenheit anbieten – mit pauschal 500 Euro pro Jahr und einer zusätzlichen Entschädigung pro Passagierkilometer» Die derzeitige Mitfahrpauschale im Steuerrecht ist massiv auszubauen.

Parteien sind gefragt.

Leere Worte helfen nicht! Die Grundlagen sind vorhanden. Umsetzung ist gefragt. Bedenkenträger dürfen nicht gewählt werden. Denken wir an unsere Kinder und Enkel.

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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