Teil1: Von der Forstwirtschaft zur Agenda 2030
Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?
Hitzerekorde, Starkregen-Ereignisse, Brände in den Regenwäldern, schmelzende Gletscher und Fridays for Future auf den Straßen weltweit – vielen Menschen wird dabei bewusst, dass es ein „Weiter so!“ in Bezug auf den persönlichen Konsum nicht mehr geben kann und darf, um so in der Konsequenz, den Lebensraum auf der Erde auch für zukünftige Generationen erhalten zu können. Der Begriff der Nachhaltigkeit erscheint dabei allgegenwärtig, doch woher stammt er? Im ersten Teil dieser Reihe beleuchten wir dabei die Entstehung und Weiterentwicklung der Begrifflichkeit seit dem 18. Jahrhundert.
Als historischer Vorläufer eines Leitbildes der Nachhaltigkeit wird allgemein das Waldbewirtschaftungsprinzip von Hans Carl von Carlowitz aus dem Jahr 1713 angesehen. Holz war in dieser Zeit der primäre Baustoff, sei es für den Haus- oder Schiffsbau aber auch in der täglichen Nutzung als Brennmaterial zum Kochen und Heizen. Carl von Carlowitz fordert in seiner Funktion als Oberberghauptmann und Leiter des sächsischen Oberbergamtes in Freiberg eine beständige und nachhaltende Nutzung des Waldes. Dabei ist es für ihn selbstverständlich, dass abgeholzte Bäume nachgepflanzt werden müssen, um so die wirtschaftliche Basis nicht zu erschöpfen.
In den folgenden Jahrzehnten kam die eher gemäßigte Forstwirtschaft jedoch zu einem abrupten Ende. Ein Hauptgrund dafür stellt die Bodenreinertragslehre dar, welche vom deutschen Ingenieur und Forstwissenschaftler Maximilian Robert Preßler ab 1858 begründet wurde und einen maximalen monetären Ertrag und nicht mehr die Produktivität der Natur in den Fokus setzt. Der Einfluss dieses Modells ist auch heute noch in den ausgedehnten Beständen an Fichten- und Kiefer-Monokulturen in deutschen Wäldern erkennbar.
Erst in den 1970er Jahren markierte die Studie „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome den Wiederbeginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Disziplinen der Nachhaltigkeit und Ökologie. Der Begriff der Nachhaltigkeit erfährt hier eine deutliche Erweiterung zur ersten Definition durch v. Carlowitz, denn die Autoren der Studie plädieren hier für erstmals für einen dauerhaften und weltweiten Gleichgewichtszustand, der nicht durch nationale, sondern nur durch Bemühungen im globalen Maßstab zu erreichen ist.
Durch die UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung wird schließlich ein als Brundtland-Bericht bekannter Bericht beauftragt und im Jahr 1987 veröffentlicht. Vor dem Hintergrund wachsender weltweiter ökologischer, ökonomischer und soziale Problemstellungen sollen darin Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden. Aus diesem Bericht stammt auch die bislang am weitesten anerkannteste Definition von Nachhaltigkeit: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährleistet, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen als gegenwärtig lebende“.
Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Treibhauseffektes, steigender Weltbevölkerung und zunehmenden Naturkatastrophen folgen in den nächsten Jahren zahlreiche bedeutende Veranstaltungen, wie etwa die weltweite Umweltkonferenz von Rio de Janeiro im Jahr 1992, bei der das Leitbild der Nachhaltigkeit erstmals Einzug in die Politik fand. Ebenfalls aus diesem Jahr stammt das entwicklungs- und umweltpolitische Aktionsprogramm Agenda 21. Aus diesem wurde in Deutschland im Jahr 2002 die Lokale Agenda 21 entwickelt, welche mit regionalen Maßnahmen Anwendung in vielen tausenden Kommunen bundesweit fand.
Im Rahmen der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro (Rio+20) im Jahr 2012 wurden schließlich die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (englisch Sustainable Development Goals, kurz SDG) samt 169 Unterzielen festgesetzt. Dies sind politische Zielsetzungen, die weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen sollen. Der offizielle deutsche Titel lautet: „Transformation unserer Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (kurz: Agenda 2030).
Fortsetzung folgt
Teil 2 , Teil 3 und Teil 4 der Serie "Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?"
Autor:Sebastian Everding aus Dortmund-Süd |
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