Alt-katholische Gemeinde Dortmund
Zwei neue Diakone im Interview

Lars Honselmann (links) aus Hagen und Daniel Forthaus (rechts) aus Unna nach ihrer Weihe in der Bonner Namen Jesu Kirche | Foto: Christiane Forthaus
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Heute treffen wir zwei frisch geweihte Diakone und dazu noch in unserer Gemeinde: Daniel und Lars willkommen zum kleinen Interview, schön dass Ihr Euch die Zeit für uns nehmt. Apropos Zeit nehmen: geweiht wird man ja nichts einfach so; wie lange war Eure Ausbildung und was habt Ihr gelernt?
Daniel: Unser alt-katholisches Bistum bietet einen theologischen Fernkurs an, an dem erst einmal grundsätzlich jede und jeder nach Bewerbung teilnehmen kann. Dieser Kurs besteht aus einen Grundlagenteil, in dem man theologische Grundlagen kennenlernt. Dazu zählen das Erste und Neue Testament, die Kirchengeschichte, die Gottesdienstfeiern (Liturgie) und auch die systematische Theologie. Zu jedem Teil schreibt man Hausarbeiten und legt dann noch eine mündliche Prüfung ab. Die Abschlussarbeit habe ich zur Geschichte unserer Dortmunder Gemeinde geschrieben. Mit diesen Grundlagen geht es dann in den Aufbauteil des Studiums, in dem viel Reflexion und praktische Themen auf dem Programm stehen. Insgesamt braucht man sechs Jahre für diese Ausbildung, schreibt 15 Hausarbeiten, legt 9 mündliche Prüfungen ab und schreibt einen Praktikumsbericht und eine Abschlussarbeit. Insgesamt kam ich dabei auf 227 Seiten. Das macht auch nicht immer nur Freude. (lacht)

Ja, das kann ich mir vorstellen. Am 12. Oktober war es dann aber soweit: Eure Weihe in Bonn. Und am 20. Oktober war Eure Einführung in der Gemeinde Dortmund. Wie war das für Euch? Wie lief das ab und wie fühlte sich das an?
Lars:
Das ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Die Weihe an sich fand im Rahmen einer zweistündigen Eucharistiefeier statt, am Anfang fühlte es sich für mich irreal an, dass nun die lange Ausbildung formal abgeschlossen wird. Ich sage mal so, es war ein Fest und ich bin sehr dankbar, das erlebt haben zu dürfen.
Daniel: Da bin ich ganz bei Lars. Auf der einen Seite war es ein Abschluss des Studiums und eine feierliche Zeremonie dazu. Der Gottesdienst selbst war sehr feierlich, aber auch lang, wie Lars schon gesagt hat. Ehrlicherweise habe ich die Zeit gar nicht gespürt, gefühlt waren das für mich keine 5 Minuten. Und Erzbischof Bernd war einfach so hinreißend freundlich und nett, dass mir jeder Anflug von Unsicherheit genommen wurde. Einmal haben wir sogar beide herzlich gelacht, als ich mich in der Dalmatik, dem Gewand des Diakons, kurz verheddert hatte. Die ganze Gemeinde hat dann mitgelacht und das war kein auslachen, sondern ein gemeinsames herzliches Lachen, so ganz menschlich. Das fühlte sich einfach nur gut an. Aber vielmehr ist meine Weihe ein Startpunkt und eine Stärkung im Ehrenamt: Unterwegs zu sein mit den Menschen, ansprechbar, zuhörend.

Ihr seid jetzt Diakone. Was ist denn das überhaupt? Könnt Ihr uns mehr erzählen?
Lars: Diakone werden schon in der Apostelgeschichte benannt und waren u.a. Verwalter und auch für die Verteilung von Gütern verantwortlich. Das Verständnis, was einen Diakon ausmacht hat sich dann mehrfach geändert, bis das Diakonat schließlich zur bloßen Vorstufe der Priesterweihe wurde. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat zunächst die römisch-katholische Kirche und schließlich auch unsere alt-katholische Kirche den ständigen Diakonat wieder als eigenständiges Amt eingeführt. Es ist eines von drei Weiheämtern, die anderen sind die Priester- und Bischofsweihe. Übrigens bauen die Ämter aufeinander auf, also alle Priester sind auch Diakone und alle Bischöfe auch Priester. Der Einfachheit habe ich hier nur die männlichen Begriffe genannt, in unserer Kirche stehen alle Ämter allen Geschlechtern offen und es gibt auch keinen Zölibat. Daniel und ich sind Diakone im Ehrenamt, haben also ansonsten einen 'normalen' Job. Die Aufgaben des Diakons sind in der Weiheliturgie ganz gut beschrieben, er kümmert sich um Arme, Kranke und Notleidende, verkündigt das Evangelium (also die Frohe Botschaft von Jesus Christus) und unterstützt Priester und Bischof.

Was hat Euch denn persönlich bewegt diesen Weg zu gehen? Was ist Eure Motivation?
Daniel: Schon als Kind hat mich Theologie interessiert und ich konnte mir immer gut vorstellen, Priester zu werden. Später war mir aber klar, dass ich zum Beispiel nicht zölibatär leben könnte und hab die Idee verworfen. Die alt-katholische Kirche kannte ich da noch nicht. Die hab ich erst 2015 oder 2016 gefunden und bin Ende 2017 dann alt-katholisch geworden. Vorher hatte ich mich schon zum Fernkurs angemeldet und war begeistert, dass ich auch als nicht alt-katholischer Mensch dort angenommen wurde, denn der Kurs ist bis auf die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Königswinter mit keinen weiteren Gebühren verbunden. Mir ist es sehr wichtig, dass in meiner Kirche demokratische / synodale Strukturen herrschen, die Ämter allen Geschlechtern offen stehen, in der Menschen willkommen sind und die Kirche sich ihrer eigenen Fehlbarkeit sehr bewusst ist. An diesem Fundament gibt es für mich keine Abstriche und auch dank der vielen lieben Menschen im Fernkurs stellte sich im Grundkurs irgendwann die Frage, ob ich nicht weitermache. Und da war es dann irgendwie auch ganz einfach, ja zu sagen. Jesus hat die Dinge ja radikal vereinfacht und aus komplizierten Regelwerken die einfache Botschaft von der Gleichberechtigung aller Menschen und Geschöpfe gemacht. Diese hat er in die Tat umgesetzt und das war so attraktiv für die Menschen, dass sie ihm nachgefolgt sind. Erst ganz persönlich, nach seinem Tod und der Auferstehung dann weiter. Irgendwo ist es doch verrückt, dass dieser Jesus, der drei Jahre öffentlich wirkte, über 2000 Jahre später immer noch eine hochaktuelle Botschaft hat. Und das begeistert mich so, dass ich diese Botschaft auch verkünden will und für die Menschen da sein möchte.
Lars: Ähnlich wie bei der Weihe, kann ich auch das nur schwierig mit Worten beschreiben. Ganz praktisch gesehen, bedeutet es, dass ich mich in den Dienst nehmen lasse um mich in Kirche und Gemeinde einzubringen - und darüber hinaus, denn die Weiheverpflichtungen umfassen das ganze Leben, also auch mein Privatleben und in der Arbeit bin ich angehalten, mich eines Diakons angemessen zu verhalten. Übrigens habe ich den Fernkurs aus meinem schon länger bestehenden Interesse an Theologie begonnen, also ohne direkt ein Amt anzustreben. Dann aber kam alles anders, wie man ja jetzt sieht.

Und Euer Umfeld: was bekommt Ihr für Rückmeldungen zu diesem speziellen Ehrenamt und dann auch noch in der Kirche?
Lars: Das ist sehr unterschiedlich von Verwunderung zu Begeisterung, je nachdem wie kirchenfern oder -nah Personen sind. Aber alle bewundern den Zeitaufwand, den ich im Rahmen der Ausbildung hatte und im Rahmen der Amtsausführung haben werde und meine engsten Freunde meinen unabhängig davon, wie nah sie der Kirche stehen, dass das Profil des Diakons zu mir passt.
Daniel: Ich stoße auf mehr Neugier als ich dachte; Gerade von Menschen, die mit Kirche und Glauben bisher so gar nichts zu tun hatten. Da entwickeln sich immer wieder gute Gespräche, vor allem da ich die Klassiker Zölibat, Frauen etc sofort wegräumen kann. Ja, das ist bei uns selbstverständlich und natürlich sind wir katholisch. Ab da hat man eine gute Ebene, um über die Dinge zu sprechen, die über das Fassbare hinaus gehen. Und dabei spüre ich immer so ein Feuer und Kribbeln, das kann ich gar nicht richtig beschreiben. Aber natürlich ist das Thema Ehrenamt in der Kirche erst einmal der Partykiller schlechthin. Aber wie der Name alt-katholisch ist es auch die Chance, Neugier zu wecken und gut ins Gespräch zu kommen.

Und was habt Ihr jetzt vor in unserer Gemeinde oder auch darüber hinaus?
Daniel: Ich möchte erst einmal da sein, also ansprechbar und nah. Ich lebe in Unna und kann somit auch ganz andere Regionen unseres zugegebenermaßen großen Gemeindegebiets abdecken. Ansonsten kann ich mir gut vorstellen, digitale Angebote aufzubauen und auch Projekte in den Regionen durchzuführen, wo einige Gemeindemitglieder wohnen, die aber weit von Dortmund entfernt liegen, wie zum Beispiel im Märkischen Kreis. In der Ökumene bin ich beim Angebot WochenENDE der evangelischen Gemeinde in Unna Hemmerde mit dabei und bin sehr glücklich mit engagierten Protestantinnen und Protestanten ein Angebot vor Ort gestalten zu dürfen.
Lars: Zunächst möchte ich in meiner neuen Rolle ankommen - dann werden wir im Gespräch mit den Geistlichen und dem Kirchenvorstand sehen, was an sich dauerhaft an konkreten Aufgaben ergeben wird, das könnten zum Beispiel liturgische Dienste sein oder auch die Verkündigung, so hatte ich in meinem Praxisjahr einen Theologietalk angeboten, den ich neu starten könnte. Wie Daniel und unserer ganzen alt-katholischen Kirche liegt auch mir die Ökumene am Herzen, da schauen wir mal, was sich dort in Hagen ergeben könnte. In den nächsten Wochen werde ich konkret zum Beispiel in Hagen zwei Mal Gottesdienst (mit)gestalten, in Dortmund vor Ort sein, an einer Gedenkfeier teilnehmen wie auch an den Sitzungen des Kirchenvorstands. Dazu bin ich mit Mitgliedern unserer Gemeinde im Gespräch, wie auch darüber hinaus mit Personen aus meinem beruflichem und privaten Umfeld, also das was man klassisch auch unter ´Seelsorge´ einordnen kann.

Autor:

Alt-Katholische Gemeinde St. Martin Dortmund aus Dortmund

Kleyer Weg 89, 44149 Dortmund
+49 176 55512348
dortmund@alt-katholisch.de
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