Videobrille unterstützt operative Eingriffe
Kinoerlebnis im OP
Ob Korallenriffe mit bunten Lagunen, eine Flugreise durch die Wüste Namibias oder ein Action-Film a là „Mission Impossible“: Patientinnen und Patienten, die bei einer Operation unter Angst- oder Stresszuständen leiden, können sich mithilfe einer Videobrille inklusive Kopfhörern in andere Welten träumen. Im BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum werden zwei solcher audiovisuellen Brillen unter der Leitung von Thomas Greskötter, Fachkrankenpfleger und Beauftragter für Medizinproduktesicherheit, vor allem im Bereich der Herzchirurgie genutzt. Die verschiedenen Programme der Brille wie Kinder- und Spielfilme, Dokumentationen oder Konzerte und Entspannungsvideos ohne Sprechtext haben im OP bei behandelten Personen im Klinikum bisher für ein gesteigertes Wohlbefinden und das Gefühl einer kürzeren Behandlungsdauer gesorgt. Das medizinische Personal sieht die Vorteile der Brille unter anderem in der geringeren Nutzung von Schlaf- oder Beruhigungsmitteln und bei der schnelleren Erholungszeit der Patientinnen und Patienten.
Vom Walkman zur Videobrille
Thomas Greskötter widmet sich diesem Projekt seit vergangenem Jahr und hat die audiovisuellen Brillen im Klinikum eingeführt. Besonders bei operativen Eingriffen, bei denen die Patientinnen und Patienten nicht narkotisiert werden müssen, hilft die Videobrille beim Entspannen. Gleichzeitig haben die behandelnden Ärztinnen und Ärzte eine ruhiger liegende Person auf dem OP-Tisch und können sich ganz ihrer Arbeit widmen. „Die Idee an sich ist nicht neu“, sagt Greskötter. „Im Bergmannsheil gab es schon vor 30 Jahren Walkmans, um erkrankte Personen mit Musik bei einem Eingriff abzulenken. Aber mit der Videobrille sind jetzt auch die Augen der Patientinnen und Patienten einbezogen, was sehr gut ankommt.“ Das medizinische Personal kann mit Hilfe des verbundenen Touchscreens der Brille das Programm für die behandelte Person steuern und trotz der Kopfhörer mit dieser während des Eingriffs kommunizieren.
Hygienisch und urheberrechtskonform
Aktuell hat das Bergmannsheil zwei solcher Brillen von einem Wiener Hersteller geleast. Bei der Entscheidung zwischen den verschiedenen Brillenherstellern spielte besonders der hygienische Aspekt eine große Rolle. „Uns ist es wichtig, dass die Brillen nach der Nutzung schnell und gut zu desinfizieren sind, ohne dass das System Schaden nimmt. Diese Voraussetzung ist bei diesem Hersteller gegeben“, sagt Greskötter. Für das Leasing-Konzept sprechen die fachgerechte Kontrolle des Systems sowie regelmäßige Updates und anfallende Reparaturen. Auch um die laufenden Lizenzgebühren für die kommerzielle Nutzung der Filme abzudecken, das Angebot laufend zu erweitern und Kliniken rechtlich abzusichern, ist der Hersteller verantwortlich.
Durch Videobrille weniger Sedativa
Eingesetzt wird das System vor allem bei bestimmten herzchirurgischen Eingriffen. Werden Menschen zum Beispiel an der sogenannten Aortenklappe, also an einer der vier Herzklappen operiert, kommen häufig schonende, sogenannte minimal-invasive Eingriffe zum Einsatz. Hier wird die Klappenprothese mittels eines kleinen Gewebeschnitts und eines Katheters im Herz implantiert (sogenannte Transkatheter-Aortenklappenimplantation, kurz TAVI). Diese Prozedur dauert in der Regel etwa eine Dreiviertelstunde und die Patientinnen und Patienten sind dabei wach, denn eine Vollnarkose ist hier meist nicht erforderlich. Prof. Dr. Peter Zahn, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerzmedizin des Bergmannsheils, kann die Videobrille allen, die Sorge vor Operationen haben, wärmstens empfehlen: „Zur Verringerung von Nervosität und Stress der Patientinnen und Patienten kommt noch hinzu, dass sich die gefühlte Behandlungsdauer dadurch deutlich verkürzt. Und wir bemerken, dass durch den Einsatz der Brille der Bedarf an Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie der Sedativa merklich zurückgegangen ist.“
Autor:Robin Jopp aus Bochum |
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