Palliativkongress: Bewegende Rede von Franz Müntefering

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Seinen zehnten Geburtstag feiert das Palliativnetz Bochum e.V. in diesem Jahr. Nach dem gemeinsamen Grillabend folgte nun der 3. Palliativkongress Ruhr. Gewissermaßen als „Geburtstagskongress“. Präzise 731.254 Betreuungstage haben die Helferinnen und Helfer des Netzes in diesen zehn Jahren geleistet. Dies bilanzierte Vorstandmitglied Klaus Blum in seiner Begrüßungsrede. Das sind enorm viele segensreiche Stunden im Sinne der ihnen anvertrauten Menschen in deren letzter Lebensphase.
Beim traditionellen Publikumsabend für die interessierte Öffentlichkeit zum Auftakt des Kongresses hielten sich Ernst und Heiterkeit die Waage: Ex-SPD-Chef und Ex-Minister Franz Müntefering stand mit seiner Rede für den ernsten Part. Er sprach über eine halbe Stunde – hoch kompetent und sehr bewegend - über die Medizin am Ende des Lebens. „Edelputze“ Waltraud Ehlert sorgte später für viele Lacher im ernsten Umfeld.
Sterben werde an den Rand der Gesellschaft gerückt. „Das war nicht nur bei uns im Sauerland früher anders“, sagte Müntefering. Da habe man persönlich Abschied genommen von den (aufgebahrten) Verstorbenen. „Jeder Mensch ist ein Unikat. Auch sein Sterben.“ Viele hätten Angst vor dem Sterben. Deshalb sei es eminent wichtig, darüber zu sprechen.
Man geht davon aus, dass für 15 Prozent aller Sterbefälle ein Hospizplatz benötigt wird. Das wäre bei jährlich etwa 870.000 Todesfällen in Deutschland ein Bedarf von rund 130.000 Plätzen. Lediglich 30.000 Menschen sterben aktuell im Hospiz. „Da sieht man, was noch fehlt.“ Und es werde noch schlimmer, denn 2045, so rechnete der Redner vor, „werden wir eine Million Sterbefälle haben.“
Hospiz, so Müntefering, das sei gewissermaßen „Sterben de luxe“. „Das kostet das Drei- bis Vierfache dessen was man ausgibt für Menschen, die im Pflegeheim sterben.“ Die Bochumer können sich freuen. „Hier ist die Versorgung sehr gut.“ Und an die Adresse des Palliativnetzes gerichtet: „Sie helfen so vielen Menschen. Das ist ganz, ganz wichtig.“ Diese Menschen brauchen Zuwendung – und man müsse zeigen, dass wir das ernst nehmen.
„Als ich jünger war, habe ich mir gewünscht, dass ich einfach tot umfalle, wenn es so weit ist“, erinnerte sich Müntefering. Heute sehe er das anders. Er wolle noch sehenden Auges Abschied nehmen. So wie viele Menschen auch. Und dafür brauche es kompetente Pflege. „Das macht man nicht nebenbei. Das ist ein Beruf.“ Sonst gehen die Pflegenden vor den Betten eher in die Knie als die, die in den Betten liegen. Unter dem Applaus des Publikums forderte Müntefering eine leistungsgerechte Bezahlung dieser wichtigen Arbeit. Man brauche ohnhin erheblich mehr qualifiziertes Personal.
An den drei Kongresstagen informierten sich mehr als 600 Ärzte und Pflegende über eine breite Palette von Themen rund um die Palliativmedizin. Im Rahmenprogramm zeigte die Ausstellung „Lebens-Orte“ originelle Grabmale auf drei Kontinenten.

Autor:

Eberhard Franken aus Bochum

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