Geschichten und Geschichte aus Bochum-Nord
Lost Places: Das erste Gerther Krankenhaus (1923-2021)
Unter LOST PLACES versteht man hauptsächlich „Vergessene Orte“, aber für mich sind das auch die Orte, die in meiner Erinnerung noch existieren, aber unwiderruflich verschwunden sind.
Die Stadt Bochum feiert ihr 700jähriges Bestehen, aber gleichzeitig werden in vielen Stadtteilen historische Gebäude entfernt, die den letzten Krieg überlebt haben. Manches davon wäre optisch erhaltenswert gewesen, in anderen Städten entsteht hinter der alten Fassade modernes Wohnen und Nutzung.
So hätte ich mir das auch für das Erste Gerther Krankenhaus gewünscht. Möglich war es bestimmt, den schmucken Eingangsbereich in den modernen Glaspalast zu integrieren. Nun wird alles abgerissen und “der historische Standort wird weiterentwickelt und in eine neue Zukunft geführt„ sagt Prof. Hanefeld vom Katholischen Klinikum Bochum (KKB).
Hier entsteht die neue Pflegeschule BIGEST: Das neue Ausbildungszentrum des KKB
Und nicht nur das. Auch der schmucke Krankenhauspark und Kirchgarten wird umgestaltet und nutzbringend bebaut und verdichtet.
Hier entstehen Seniorenwohnheime, Mehrgenerationswohnungen, eine Sozialstation, eine KITA und natürlich ein großes Parkhaus.
Aufgelockert wird alles ganz schick mit kleinem Heil- und Kräutergarten, Mehrgenerations- und Kirchgarten. Für die Kleinen ist gleich nebenan die „Wildnis für Kinder“.
Alles nachzusehen unter: Amt für Stadtplanung und Wohnen / Download-Gerthe-West ==>Ergebnisse der Rahmenplanung ==> z.B.: farwick+grote Architekten BDA Stadtplaner ==> Zwischenentwürfe - Pläne
Über den Bau und die Entstehung des Gerther Krankenhaus gibt es nicht viele Informationen. Ich würde mich freuen, wenn meine Leser*innen mir weitere Informationen zukommen lassen.
Der nachfolgende Text, sowie die historischen Fotos sind dem Buch „Bei uns in Bochum-Nord“ entnommen. Herausgeber war die Bezirksvertretung Bochum-Nord 1987 zu Zeiten von Bezirksvorsteher Treuten und Oberbürgermeister Eikelbeck .
„Um 1900 stand in Gerthe nur ein einziger Arzt zur Verfügung, der seine Patientenbesuche zu Pferde oder im Kutschwagen vornahm. In den anderen Landgemeinden waren die Verhältnisse in der Gesundheitsversorgung auch nicht besser. Allerdings besaß Gerthe immerhin seit 1912 eine Schulzahnklinik, die zunächst im Amtshaus untergebracht war und dann in die neue Schule an der Hegelstraße umzog, wo sie nicht nur erweitert, sondern auch besser ausgestattet wurde.
Im Jahre 1908 wurde die erste Gerthe Apotheke „Glück-Auf“ eröffnet, die heute nur noch einen traurigen baufälligen Zustand hat, ein echter „Lost Place“!
Noch verhältnismäßig klein war das Gebäude des ersten Gerther Krankenhauses im Bochum Norden. an der Hiltroper Landwehr, als es am 21. Januar 1923 fertiggestellt war. Schon im Laufe des ersten Jahres stellte sich heraus, dass es eines Tages unumgänglich sein würde, Erweiterungen vorzunehmen. Der wichtigste Anbau wurde fünf Jahre später durchgeführt und am 1. März 1928 seiner Bestimmung übergeben, zugleich erhielt das Haus seinen Namen Maria-Hilf-Krankenhaus.“
Im Jahre 1935 wurde dann der jetzige Hauptbau errichtet.
Später wurde dieser nach hinten noch durch einen großen Anbautrakt mit vielen Betten erweitert. Die letzte optische Erweiterung in meiner Erinnerung war die Überbauung des Eingangsportals mit einer modernen OP-Station, wahrscheinlich in den 70er Jahren.
Nach dem Abriss wird nur noch das Hauptgebäude von 1935 bestehen bleiben. Auch der nachträgliche Anbautrakt ist schon abgerissen. Ob das Venenzentrum dort noch lange verbleibt ist ungewiss. Vieles spricht für eine Verlagerung zur Gudrunstraße. Für eine neue Pflegeschule bieten sich dann vielleicht Pflegebedürftige in unmittelbarer Nähe an.
Mein Vater Herbert wurde 1924 ein Jahr nach Eröffnung im ersten Gerther Krankenhaus geboren und ist im Oktober 2021 verstorben. Das Krankenhaus überlebte ihn nur um wenige Wochen.
Ein letztes Aufleuchten,
dann legt sich der Nebel der Erinnerungen über das historische Gelände …
Meine Fotostrecke zeigt Bilder von November 2020 bis jetzt.
Luftaufnahmen u.a. vom Abriss von Hans Blossey gibt es hier: Bochum von oben 10.2021
Autor:Klaus Gesk aus Bochum |
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