Ein Stempel für Dringlichkeit
Dr. Cornelius Hörner (30) behandelt Patienten in Indien

In der Ambulanz werden die Patienten behandelt. | Foto: Maurice Ressel
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„Hier arbeite ich in einem ruhigen, gut klimatisiertem Raum. In Kalkutta werde ich mit zwei, drei anderen Ärzten, Übersetzer und Patienten in einer Bretterbude arbeiten. Es wird extrem heiß und laut sein“, sagt Dr. Cornelius Hörner. Am 10. Mai reist der 30-jährige Arzt aus Bochum für sechs Wochen im Auftrag der Hilfsorganisation German Doctors nach Indien.

„Ich wollte immer als Arzt ins Ausland“, erzählt Hörner, der als Internist am St. Elisabeth-Hospital arbeitete. Für seinen ersten Einsatz hat er sich für die Bonner Organisation German Doctors entschieden. „German Doctors setzt einen anderen Fokus als Ärzte ohne Grenzen. Es geht um Basismedizin für die breite Bevölkerung. Sie erhält eine Grundversorgung.“
Darüber hinaus sagte ihm die begrenzte Dauer von sechs Wochen zu. „Dann muss ich mich nicht darauf einlassen, gleich sechs oder neun Monate dort zu bleiben“, sagt Hörner. „Ich glaube, ich werde gut mit der Situation umgehen können, aber man kann sich nie ganz sicher sein.“
Denn zweifellos wird der Arzt in Kalkutta auf ganz andere Umstände treffen. Die Ärmsten der Armen aus den dortigen Slums wird er während seines Aufenthaltes zusammen mit fünf weiteren deutschen Ärzten in mehreren Ambulanzen behandeln. „Das Leid ist groß. Die Menschen stellen sich früh morgens an und bekommen nach Dringlichkeit einen Stempel auf die Hand.“ Das heißt, dass auch Patienten wieder weggeschickt und auf einen anderen Tag vertröstet werden müssen. „Das wird eine Herausforderung, es ihnen sagen zu müssen“, vermutet der 30-Jährige.
Die Krankheitsbilder, die ihn erwarten werden, sind zum Teil mit denen aus seiner bisherigen täglichen Arbeit identisch. „Die Menschen in Indien haben ähnliche medizinische Probleme wie wir: Bluthochdruck, COPD und Diabetes“, sagt Hörner. Aber auch mit Haut- und Tropenerkrankungen, Suchterkrankungen und Depressionen wird er konfrontiert werden.

Finanzierung über Spenden

Für die Anamnese und Diagnose steht ihm und den anderen Ärzten in Kalkutta nur ein begrenzter finanzieller Rahmen zur Verfügung, da sich die Hilfsorganisation German Doctors komplett aus Spenden finanziert. „Wir haben Urinstreifentests und können Blutzucker, Blutdruck und Temperatur messen“, erklärt Hörner. „Ansonsten muss man sich auf seine fünf Sinne verlassen.“ Ein Schwerpunkt seiner Arbeit werde darin bestehen, die Menschen, die an Tuberkulose erkrankt sind, „herauszufischen und zu behandeln“.
Aber nicht allen seiner Patienten wird Cornelius Hörner helfen können. Ein Krebspatient, der in Deutschland operiert oder mit einer Chemotherapie behandelt würde, wird diese Behandlung in Kalkutta nicht erhalten. „Das ist dort zu teuer, das geht nicht“, sagt der Internist. „Eine Schmerztherapie bekommt er aber.“ Hörner ist es gewohnt, alle Therapien durchführen zu können, aber in Kalkutta müsse man abwägen, wenn man für das gleiche Geld zehn Menschen behandeln könne. „Das ist in der Theorie einfach, aber vor Ort bestimmt nicht.“
Bevor der 30-Jährige nach Indien aufbricht, hat er zwei Vorbereitungswochenenden absolviert: eines über Tropenmedizin und ein projektspezifisches. „Wir haben erfahren, was uns für Krankheiten erwarten und wie die bürokratischen Hürden sind“, erläutert Hörner. Außerdem gibt es ein fast 300 Seiten starkes Skript eines Arztes, der seit 17 Jahren für die German Doctors in Indien im Einsatz ist.

WG mit anderen Ärzten

Während seines sechswöchigen ehrenamtlichen Aufenthaltes wird Cornelius Hörner mit den anderen Ärzten gemeinsam in einem Haus wohnen. Jeder hat ein eigenes Zimmer, und es gibt eine Gemeinschaftsküche und -bäder. „Aber wir werden bekocht“, freut sich der Internist. Für Kost und Logis muss er nicht aufkommen, aber er bezahlt die Hälfte des Flugpreises.
Nach seiner Rückkehr wird der gebürtige Freiburger, der vor zehn Jahren zum Studium nach Bochum kam, sich bis zum Jahresende eine Auszeit nehmen und Skandinavien und Südeuropa bereisen. 2020 möchte er zusammen mit seiner Freundin, einer Kinderärztin, nach Irland gehen, um dort zu arbeiten. „Und irgendwann werde ich mich in Deutschland als Hausarzt niederlassen“, beschreibt Cornelius Hörner sein langfristiges Ziel.

German Doctors

- Die Hilfsorganisation German Doctors mit Sitz in Bonn wurde 1983 gegründet. Im Jahr darauf wurde sie als gemeinnütziger Verein anerkannt.
- Die German Doctors entsenden unentgeltlich arbeitende Ärzte zu den Philippinen, nach Indien, Bangladesch, Kenia und Sierra Leone.
- Allein in Kalkutta gab es von 1983 bis 2018 knapp 1.500 Einsätze von Ärzten. Jährlich werden in Kalkutta über 60.000 Behandlungen vorgenommen.
- Mehr Informationen unter www.german-doctors.de.

In der Ambulanz werden die Patienten behandelt. | Foto: Maurice Ressel
Dr. Cornelius Hörner arbeitet sechs Wochen für die Hilfsorganisation German Doctors in Kalkutta. | Foto: Demuth
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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