Leselernhelfer: Wichtiger denn je
Der Verein "Mentor" spürt die Corona-Folgen gleich doppelt
"Unsere Arbeit war immer schon wichtig, aber nach Corona ist sie noch wichtiger geworden." Wenn Heidrun Abel, Vorsitzende des Vereins "Mentor - Die Leselernhelfer Bochum e.V.", über die Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche spricht, dann hört man einen tiefen Seufzer. "Uns erreichen so viele Hilferufe aus den Schulen." Deshalb ist der Verein dringend auf der Suche nach weiteren ehrenamtlichen Lesepatinnen und -paten. Sein Ziel: Kindern beim Lesenlernen helfen, denen daheim die notwendige Unterstützung dafür fehlt.
In ganz Bochum aktiv
Das „Mentor-Prinzip“ ist ganz einfach: ein Kind – ein Pate – eine Stunde pro Woche. „Diese 1:1-Betreuung ist das Besondere, was Mentor ausmacht", erläutert die Wattenscheiderin.
"Mentor" ist bundesweit tätig; der Bochumer Ableger ging 2007 an den Start. Mit nahezu allen Bochumer Grundschulen - bis auf zwei - arbeitet der Verein inzwischen zusammen. Doch auch an vielen weiterführenden Schulen sind die Leselernhelfer inzwischen im Einsatz und arbeiten so mit ganz unterschiedlichen Altersgruppen. "Die meisten Probleme gibt es aber derzeit in den zweiten Klassen - viele Lehrkräfte berichten, dass die Zweitklässler eigentlich Erstklässler seien - so groß seien die Lücken."
Schere geht auseinander
"Die Schere geht immer weiter auseinander - das bestätigen alle Lehrerinnen und Lehrer, die auf uns zukommen", berichtet Heidrun Abel. "Manche Kinder sind gut durch die Pandemie gekommen - viele aber auch nicht." Oft fehlten zuhause die nötigen Endgeräte für den Distanzunterricht, mal gab es kein stabiles WLAN, oder es fehlten bei den Eltern die sprachlichen Möglichkeiten, die Kinder zu unterstützen.
Weil durch die geschlossenen Schulen auch die gemeinsamen Lesestunden im Anschluss an den Unterricht mit den Mentor-Paten ausfielen, wurden Kinder, die es ohnehin schwerer haben, noch einmal zusätzlich belastet. "Viele unserer Lesepaten haben versucht, während des Lockdowns, so gut es ging, den Kontakt zu 'ihren' Schützlingen zu halten", berichtet Heidrun Abel. "Sie haben sich zum Videocall mit ihnen verabredet oder haben mit ihnen am Telefon gelesen."
500 Mentoren - und der Bedarf ist viel größer
Doch natürlich hätten sich in den zwei Pandemie-Jahren auch einige Ehrenamtler zurückgezogen: "Bei uns engagieren sich ja viele ältere Menschen. Da waren viele vorsichtig und wollten kein unnötiges Risiko eingehen." Seit dem Frühjahr laufe die Arbeit an den Schulen wieder regelmäßig, nach den Sommerferien, so schätzt sie, werden auch die letzten Schulen ihre Zusammenarbeit mit "Mentor" wieder aufnehmen. "Deshalb ist es so wichtig für uns, weitere Menschen zu finden, die sich engagieren wollen." Wer als Mentor-Leselernhelfer einem Kind bei seinem Weg durch den Buchstabendschungel zur Seite stehen will, muss nicht viel mitbringen außer Liebe zu Kindern, einem Führungszeugnis, einer Stunde Zeit pro Woche – und Geduld.
Neue Geschäftsstelle in der Bochumer City
Jüngst ist der Verein in eine neue Geschäftsstelle am Hellweg 16 gezogen. "Unsere alten Räume wurden uns leider gekündigt, weil der Vermieter nach einer Renovierung des Gebäudes andere Pläne damit hatte." Lange hat die Suche nach neuen Räumen gedauert - durch die Vermittlung der Wattenscheider CDU-Politikerin Christa Thoben, selbst als Lesepatin aktiv, hat es dann geklappt. "Wir haben inzwischen 500 Lesepaten - einen Verein dieser Größe kann man nicht mehr vom Küchentisch aus organisieren", erläutert Abel, warum die Geschäftsstelle kein verzichtbarer Luxus ist. "Wir bieten vier Mal in der Woche Bürozeiten an, da können unsere Mentorinnen und Mentoren sich austauschen und Interessierte sich über unsere Arbeit informieren." Außerdem musste ein Seminarraum für die regelmäßig stattfindenden Einführungsveranstaltungen und Fortbildungen Platz finden. "Dafür mussten wir eigens einen Wanddurchbruch machen." Auch eine Ausleihbibliothek mit Büchern, Zeitschriften und Spielen gibt es hier, denn: "Mit dem dicken Kinderbuch muss man vielen von unseren Schützlingen erst gar nicht kommen, das würde sie nur verschrecken." Interessierte Leselernhelfer sind willkommen.
INFOS:
- Die Geschäftsstelle des Vereins "Mentor - Die Leselernhelfer Bochum e.V." findet sich am Hellweg 16.
- Öffnungszeiten: montags und mittwochs von 11 bis 13 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr (außer in den Ferien).
- Weitere Informationen zum Verein gibt es während der Bürozeiten unter Tel.: 0234/89013139.
- Außerhalb der Bürozeiten ist der Verein unter: info@bochum-mentor.de erreichbar.
- www.bochum-mentor.de
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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