Geschichten und Geschichte aus Bochum-Nord
100 Jahre Gerther Krankenhaus – Die Chronik (1923-2023)
Unser Gerther Krankenhaus wurde in diesem Jahr 100 Jahre alt und keiner feiert dieses denkwürdige Ereignis. Nicht das Katholische Klinikum Bochum, auch nicht die Bezirksvertretung Bochum-Nord, keine Mitteilung in der Presse. Nur eine kleine unscheinbare Gedenktafel wurde vor das übriggebliebene Hauptgebäude gestellt.
Klaus Kaeseler sprach mich an, ob wir eine Würdigung schreiben könnten. Er hätte da eine Jubiläumsschrift zum 75. Geburtstag des Krankenhauses, welche er mir als Unterlage zur Verfügung stellen möchte. Der Herausgeber im Jahre 1998 war das St. Maria-Hilf-Krankenhaus Bochum-Gerthe, die Redaktion hatte Dr. Theo Droste.
Gerne nahm ich das Angebot von Klaus Kaeseler an. Von Anne Droste bekam ich die Erlaubnis, die Publikation ihres verstorbenen Mannes nutzen zu dürfen.
Allerding waren die Rechte zur Nutzung dieser Jubiläumsschrift inzwischen auf das Katholische Klinikum Bochum übergegangen. Meine Anfrage an den Leiter der Unternehmenskommunikation Dr. Jürgen Frech wurde zuerst negativ beantwortet. Dank der Unterstützung von Ulrich Kind und seinen Kohlengräbern bekamen wir schließlich doch die Freigabe durch Herrn Dr. Frech „Eine gute Möglichkeit für Sie wäre aber doch, die damalige Jubiläumsschrift selbst zu nutzen. Dieses ist die einfachste Lösung und ein Weg, der schließlich jedem geschichtsorientierten Interessenten offen steht.“
Hiermit möchte ich mich bei allen bedanken, die mir die jetzige und weitere Veröffentlichungen über die Geschichte und Geschichten zum Gerther Krankenhaus ermöglicht haben.
Auch wenn in absehbarer Zeit kein Stein mehr von den mit Mühe und Fleiß errichteten Gebäuden existiert, so soll doch die Erinnerung an all die Menschen, die sich dort verdient gemacht haben, in unseren Köpfen erhalten bleiben. Danke!
Als das 75 jährige Jubiläum gefeiert wurde, war der Versorgungsauftrag des Gerther Krankenhaus durch die Krankenkassen schon gekündigt worden und der Verlust vieler Arbeitsplätze stand bevor. Für die Gerther und Hiltroper Bevölkerung war es ein Schock, da das Krankenhaus sehr beliebt war. Es hatte einen ausgezeichneten Ruf für seine medizinische Versorgung und es wurde von vielen Menschen in Bochum und Umgebung als vertrauenswürdiger und zuverlässiger Partner in allen Gesundheitsfragen angesehen.
Die Errichtung der ersten Gebäude wurde durch eine große Spendenbereitschaft in der gesamten Bevölkerung erst ermöglicht. Neben Geld- und Sachspenden, halfen viele Handwerker und Bergleute trotz 48-Stundenwoche nach Feierabend unentgeltlich mit, ihr Krankenhaus zu errichten.
Die nachfolgende Chronik wurde im Jahre 1988 vom ehemaligen Verwaltungsdirektor Gerhard Hahn im Ruhestand geschrieben.
Weitere Informationen zum Wirken der Vincentinerrinnen in Gerthe:
100 Jahre Gerther Krankenhaus – Die Vincentinerinnen (1909-1964)
Chronik des Maria-Hilf-Krankenhauses von den Anfängen bis heute (1988)
von Verwaltungsdirektor i.R. Gerhard Hahn
Bereits im Jahre 1909 entsandte die Kongregation der Barmherzigen Schwester vom hl. Vinzenz von Paul zu Paderborn einige Schwestern in die Gemeinde St. Elisabeth zu Gerthe. Sie betreuten eine Nähschule und einen Kindergarten in der Schwerinstraße. Die Aufgabe war ihnen sicherlich nicht allzu beschwerlich, und so werden sie wohl gemeinsam mit dem tatkräftigen Pfarrer Sondermann den Gedanken aufgegriffen haben, in Gerthe ein katholisches Krankenhaus zu errichten. Die Voraussetzungen fügten sich glücklich. Der KIrchenvorstand hatte gleich nach dem Ende des 1. Weltkrieges von der Firma Phillip Anschel zu Bochum ein Grundstück mit aufstehendem Rohbau an der Hiltroper Landwehr gekauft. Am 23. Juni 1919 wurde einstimmig beschlossen, diesen Rohbau zu einem Krankenhaus um- bzw. auszubauen. Da man hinsichtlich des Krankenhauses bereits seit einiger Zeit im Wettbewerb mit ebensolchen Plänen der evangelischen Gemeinde stand, war im Kirchenvorstandsbeschluss ausdrücklich festgestellt: „Selbstverständlich soll das Krankenhaus allen Kranken ohne Unterschied der Konfession und Partei offenstehen."
Stand die Planung des Krankenhauses noch unter relativ günstigen Vorbedingungen, so musste jedem kritisch Überlegenden die materielle Ausführung des Planes fast unmöglich erscheinen. Wo sollte - eben ein Jahr nach dem katastrophal verlorenen Weltkrieg - das Baumaterial herkommen? Wie sollte der Bau bei bereits einsetzender Geldentwertung finanziert werden? Betrug der Dollarkurs im Januar 1919 immerhin noch 8,90 RM, so war er im Juli 1920 bereits auf rd. 65,00 RM gestiegen. Bei der Einweihung des ersten Bauabschnittes im Mai 1922 war 1 Reichsmark nur noch 1 Goldpfennig wert. Die materiellen Voraussetzungen waren also niederschmetternd.
Aber da waren noch das Organisationstalent des Ptarrers Sondermann, der Opfergeist seiner Gemeinde, die Hilfsbereitschaft der Gerther Industrie und Unternehmerschaft wie auch der Gemeinde Gerthe unter ihrem damaligen Amtmann und späteren ersten und einzigen Bürgermeister Max Ibing, dessen stets gutes Einvernehmen mit Pfarrer Sondermann in der Chronik der Kirchengemeinde von Studienrat Heer ausdrücklich festgehalten wurde. Nicht zuletzt waren da auch noch das Beten und der hingebungsvolle Eifer der damals in der Gemeinde schon ansässigen Schwestern von der Kongregation der Vincentinerinnen.
Der Chronist sieht sich an dieser Stelle in der ungewöhnlich glücklichen Lage, aus der Gründerzeit des Gerther Krankenhauses über einen HANDGESCHRIEBENEN BERICHT von Schwester Olava zu verfügen. Die in Sütterlin fein aufgeschriebenen Notizen tragen den Titel „Die Entstehung des Maria-Hilf-Krankenhauses".
(Schwester Olava (I.) von der Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenez von Paul zu Paderborn. Sie gehörte zu den Vinzentinerinnen der ersten Stunde in Gerthe und am St. Maria-Hilf-Hospital. Ihr verdanken wir einen sechsseitigen handgeschriebenen Gründungsbericht in Sütterlin Anfang der zwanziger Jahre.
Es war im Jahre 1919. Katholische und Evangelische Gemeinde eiferten ein Krankenhaus zu bauen. Einer wollte dem anderen zuvorkommen, denn nur einer konnte bauen und bestehen, denn die Gemeinde mit ihrer Seelenzahl war damals noch sehr gering, die Verhältnisse noch sehr armselig. Der selige Herr Pastor Sondermann aber rastete und ruhte nicht, seinen Plan durchzusetzen. Was ihm dann auch mit viel Mühe gelang.
Neben der erst neu gebauten Kirche lag ein großes Grundstück, wohl über 20 Morgen.
Ein Jude aber hatte für sich nahe bei der Kirche einen Bau zum Wohnhaus begonnen. Das Fundament in fast 2 Meter Höhe war fertig. Auf einmal stockte es und es wurde nicht weiter gebaut, den Grund weiß ich nicht.
Nun machte sich der Herr Pastor Sondermann eilig dahinter, den Bau für die Kirchengemeinde zu bekommen, was ihm denn auch mit Gottes Hilfe gelang und dazu 18 Morgen Land, das war 1920. Nun aber musste vieles am Wohnhaus getan werden, wenn es ein Krankenhaus werden sollte. Die Grundmauern anders gelegt und verändert werden. Hier wurde die Mauer abgebrochen, dort neu gelegt. Was große und schwere Arbeit verursachte. Aber die guten und braven Bergleute setzten sich ganz für die Sache ein. Jeden Nachmittag nach der Schicht waren sie zur Stelle und arbeiteten mit Begeisterung und Opfer, bis der liebe Gott das Licht auslöschte. Der Herr Baumeister Haase hatte die Oberaufsicht und Leitung."
Das Hochziehen des angekauften Rohbaus, der nur als Rumpfgebilde im Sockelbereich bestand, erforderte viel freiwillige Opferbereitschaft und organisatorische Beweglichkeit von allen Beteiligten. Lassen wir auch dazu Schwester Olava zu Wort kommen.
„Nun musste der für ein Wohnhaus vorgesehene Rohbau für die Zwecke des Krankenhauses umgebaut werden. Das war harte Arbeit. Aber die guten braven Bergleute und Handwerker waren jeden Nachmittag nach der Schicht zur Stelle und arbeiteten umsonst oder gegen einen geringen Lohn bis in die Nacht. Herr Baumeister Haase hatte die Bauleitung übernommen. Auch viel Baumaterial bekam Herr Pastor Sondermann umsonst ... nicht zu vergessen das Glas für die Fenster, man sammelte Glas von nicht mehr gebrauchten Bildern und Fenstern und deckte damit die Fenster des Krankenhauses."
Opfergeist, Hilfsbereitschaft von allen Seiten und die Begeisterung der Schwestern hatten es zustande gebracht. Am 18. Mai 1922 konnte Erzbischof Dr. Caspar Klein das St. Maria-Hilf-Hospital einweihen. Mit Inventar und Innenausstattung hatte man noch einige Zeit zu tun. Im Januar 1923 konnten die Schwestern die ersten Kranken betreuen. Dr. Hamacher kam täglich vom Elisabeth-Krankenhaus in Bochum und übernahm die ärztliche Leitung. Er wurde später der erste Chefarzt. Wenn Dr. Hamacher schwierige Operationen hatte, brachte er noch Schwester Silvestris vom Elisabeth-Krankenhaus mit.
Hören wir zu den Schwierigkeiten der Krankenversorgung noch einmal Schwester Olava: „Brauchten wir in der Nacht etwas Warmes für die Kranken, so hatten wir kein Gas oder Strom. Wir gingen in den Keller, setzten unseren Topf auf den Heizofen, und so war uns geholfen."
Noch im selben Jahr erkannte man, dass die zunächst vorhandenen 35 Krankenbetten nicht ausreichten. Am 1. August 1923 beschloß der Kirchenvorstand daher den Erweiterungsbau nach einem vom Baubüro der Zeche Lothringen entworfenen Plan. Das Haus sollte nach der Hiltroper Landwehr hin vorgezogen werden. Der Kreisarzt anerkannte nachdrücklich die Notwendigkeit der Vergrößerung, und so machte man sich trotz galoppierender Inflation wieder an die Arbeit. Zum Geldwert nur ein Beispiel: die Ausschachtungsarbeiten wurden der Firma Westermann zum Angebotspreis von 138.680.980,00 RM übertragen. Hätte die Firma noch in Papiermark abrechnen müssen, wären der Rechnungssumme noch sechs weitere Nullen vor dem Komma angefügt gewesen. Zum Glück wurde dem Inflationsspuk wenige Wochen später ein Ende bereitet. Am 15. November 1923 wurde die Rentenmark ausgegeben. So konnte die Erweiterung unter einigermaßen normalen finanziellen Verhältnissen fortgeführt werden. Neben freiwilligen Arbeitseinsatz und Spenden der Bevölkerung und der Unternehmer wurde dem Vorhaben diesmal offensichtlich auch in gewissem Umfang öffentliche Hilfe zuteil. In der Chronik der Pfarrgemeinde ist vermerkt, dass die sogenannte „Produktive Erwerbslosenfürsorge" mit eingesetzt war. Im November 1924 wurde der Erweiterungsbau eingeweiht. Dr. Hamacher und die Schwestern betreuten jetzt 80 Kranke.
Doch schon zwei Jahre später musste der Kirchenvorstand erneut über einen Erweiterungsbau beraten, und am 15. Oktober 1926 wurde der Beschluss dazu gefasst. Es entstand im Verlaufe des Jahres 1927 der große Hauptbau an der Hiltroper Landwehr mit der frontalen Länge von 60 m und vier Stockwerken. Er wurde am 1. März 1928 in Betrieb genommen.
Neben vier Krankenstationen war eine von allen behördlichen Stellen als hochmodern gerühmte Badeabteilung entstanden. Deren Verwaltung wurde von Schwester Alypia übernommen, die dort bis zu ihrem Ausscheiden gegen Ende des Jahres 1964 sozusagen eine Institution wurde. Schwester Alypia ist Ende April 1988 im Schwesternheim in Paderborn gestorben. In einer Vorbau des Neubaus waren ein für damalige Begriffe moderner OP-Saal und im Dachgeschoß darüber eine Entbindungsstation eingerichtet worden. In den Jahren 1957-1964 wurden dort noch jährlich zwischen 180 und 240 Kinder geboren.
1974, im letzten Jahr des Betriebes dieser Station, waren es noch 64. Die Namen der dabei Dr. Hamacher zur Seite stehenden Hebammen, Frau Drewermann, Frau Nettingsmeier, Frau Preuß und zuletzt Frau Pein sind sicher einigen Gerthern noch bekannt.
Nachdem der große Hauptbau in Betrieb genommen war, versorgte Dr. Hamacher als einziger Arzt die Chirurgie, die Gynäkologie und die Innere Abteilung mit rd. 160 Betten.
Lediglich Dr. Berger betreute ab August 1928 eine kleine Augenstation.
Tatkräftig und fachgerecht unterstützt wurden die Ärzte jedoch von den Vinzentinerinnen, deren Zahl von 10 im Jahre 1924 auf 17 im Jahre 1939 anstieg. Ihnen war auf Grund einer Vereinbarung des Kirchenvorstandes mit dem Vorstand des Mutterhauses der Schwestern in Paderborn die selbständige Wahrnehmung der Geschäfte des Krankenhauses anvertraut. Insbesondere hatte die als Lokaloberin bestellte Schwester weitgehende Rechte hinsichtlich Einstellung und Entlassung von Personal und der Abwicklung der laufenden Geschäfte.
Die Namen dieser Oberinnen seien hier festgehalten: Es waren, wie bereits erwähnt, bei der Eröffnung im Jahre 1922 Schwester Valera, die Mitte der 20er Jahre von Sr. Cordula abgelöst wurde. Im Dezember 1930 übernahm die bereits erwähnte Sr. Sixtina die Aufgaben der Oberin. Ihr folgte 1936 Sr. Liberta. Von 1942-1948 nahm Sr. Ig-natianis Knickenberg - ab hier sind uns die Familiennamen der Oberinnen bekannt - das Amt war. Mit den Folgen der Kriegsereignisse und der Währungsreform hatte dann die Oberin Sr. Hermengildis Schulte-Beckmann von 1948-1954 eine schwierige Zeit zu verantworten. In der Dienstzeit der Oberin Sr. Marzellis Lehmkemper - 1955-1961 - fiel die Feier des 50 Jahrestages der Anwesenheit der Vinzentinerinnen in Gerthe am 26. Oktober 1959.
Doch die Zeit der Barmherzigen Schwestern im St. Maria-Hilf-Krankenhaus ging dem Ende zu. Immer mehr alt gewordene Schwestern mussten in den wohlverdienten Ruhestand geschickt werden. Immer weniger junge Nachwuchsschwestern konnte das Mutterhaus schicken. Am 2. Januar 1965 übergab die letzte Oberin, Sr. Apollinaria Schöneberg, die Schlüssel an eine Gruppe von Caritas-Schwestern unter Leitung von Oberin Toni Henning und verließ mit nur noch fünf alten Mitschwestern das St. Maria-Hilf-Krankenhaus.
Wahrscheinlich bedingt durch die politische Entwicklung der Zeit des Nationalsozialismus und mehr noch durch die Kriegsereignisse müssen wir heute die Absonderlichkeit feststellen, dass das baulich hervorragend erstellte Krankenhaus über 20 Jahre mit Dr. Hamacher als einzigem Chefarzt auskommen musste. Erst am 1. April 1946 wurde Dr. Rey als Internist an das Haus verpflichtet und übernahm als leitender Arzt die Innere Abteilung. Im selben Jahr wurde eine Beobachtungsstation der Knappschaft im Hause eingerichtet. 1949 wurde die Krankenversorgung durch den Augenarzt Dr. Berger und durch die Arbeit von Dr. Büttner, der vom St. Josef-Hospital in Bochum aus die HNO-Patienten versorgte, ergänzt. Desgleichen wurden Dr. Röttgermann einige Betten zur Versorgung von Hauterkrankungen zur Verfügung gestellt.
„Neues Isolierkrankenhaus in Gerthe. Mustergültig im Regierungsbezirk." So lautet am Donnerstag, dem 27. Januar 1955, eine Überschrift im Bochumer Stadtanzeiger anlässlich der Einweihung durch Propst Vogt und Pfarrer Neuenzeit am Tag zuvor.
Wieder einmal hatte „Maria-Hilf" gebaut. Ganz im Sinne der Stadt Bochum war diesmal die Erstellung des viergeschossigen Neubaus mit 140 Räumen und Bereitstellung von weiteren 50 Krankenbetten speziell für Infektionskrankheiten. Mangels eigener Krankenhäuser war die Stadt schon immer sehr an Isolierstationen interessiert gewesen im Hinblick auf ihre Versorgungspflicht gegen Epidemien. Selbstverständlich hatte Professor Dr. Ing. Schachner von der Technischen Hochschule Aachen beim Entwurf des neuen Anbaues auch an ausgedehnte Räume für Röntgen- und Labordiagnostik gedacht.
Die gesamten Baukosten betrugen damals rund 1,1 Millionen DM.
So konnte mit neuen Mitteln und Möglichkeiten auch die ärztliche Versorgung des Hauses wesentlich verbreitert werden. Die Knappschaftliche Untersuchungsstelle erhielt mehr Raum. Am 15. August 1954 hatte Dr. Alois Meyer die Chefarztstelle der Inneren Abteilung übernommen. Dr. Heribert Rüther wurde am 2. Juli 1956 Oberarzt in der chirurgischen Abteilung und ein Jahr später, nach Ausscheiden von Dr. Hamacher, als Chefarzt bestätigt.
Dr. Werner Priggert übernahm 1956 die Augen-Belegabteilung, und ab 1961 betreute Dr. Sunder-Plassmann die HNO-Belegabteilung. Dr. Priggert ist nach über 30-jährigem Wirken - inzwischen als Betriebsarzt des Hauses - der dienstälteste Arzt am St. Maria-Hilf-Krankenhaus. Seine Belegabteilung hat ab 1. Oktober 1988 Dr. J. Schelenz übernommen.
Nach dem Weggang der Ordensschwestern am 2. Januar 1965 befand sich das Krankenhaus in einer sehr schwierigen Situation. Der Kirchenvorstand bestellte einen Verwaltungsleiter. An dieser Aufgabe versuchten sich zunächst 1965 - 1968 zwei junge Kaufleute. Als die Bilanz 1967 sehr negativ ausfiel, beauftragte der Kirchenvorstand den stellvertretenden Vorsitzenden Gerhard Hahn mit der Überprüfung der finanziellen Situation des Hauses.
Man konnte die Bischöfliche Behörde davon überzeugen, dass es durchaus noch gerechtfertigt erschien, dem Krankenhaus die Aufnahme von dringend benötigten Krediten zu genehmigen. Am 1. Juli 1968 übernahm Gerhard Hahn selbst die Aufgabe des Verwaltungsleiters. Trotz großer Schwierigkeiten bei der finanziellen Sanierung des Hauses nahm man schon bald den Anbau des dringend notwendigen Operationssaales in Angriff. Er wurde über die Balustrade des Einganges vorgezogen und nach beiden Seiten erweitert. Die Firma Westermann hatte allein mit dem Abbruch des anscheinend für die Ewigkeit zementierten Vorbaues wochenlang zu tun. Während der mittäglichen Ruhepause mussten für die Kranken im Hause und für die Nachbarn die Presslufthämmer schweigen. Im gesamten Haus wurden umfangreiche Reparatur- und Sanierungsarbeiten - insbesondere im Sanitärbereich und in der Badeabteilung des Haupthauses - durchgeführt.
Als Gerhard Hahn am 1. April 1981 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand trat, konnte er seinem Nachfolger, Dipl. Kfm. Karl-Heinz Kuhle, ein wieder auf solider finanzieller Basis gegründetes und organisatorisch geordnetes Haus übergeben.
Im Jahre 1976 entstand mit einem Kostenaufwand von rund einer halben Million DM der Ambulanzanbau.
Zum jetzigen Zeitpunkt befindet sich das Krankenhaus in einem Stadium - man darf wohl sagen - hin zur endgültigen Vollendung, insbesondere aber auch Modernisierung. Dringend erforderliche Elektro- und OP-Sanierungen wie auch die Verbesserung von Krankenzimmern sind bereits durchgeführt.
Insbesondere wurden im Querbau des Hauses B die um die Stationen geführten Balustraden durch Hochziehen einer Außenmauer in die dahinterliegenden Krankenzimmer einbezogen. Dadurch können in diesen Krankenzimmer Nasszellen eingerichtet werden. Auf einer Station ist dies bereits geschehen. Gleichzeitig sind bzw. werden diese Stationen mit Versorgungsschienen für Druckluft, Sauerstoff und Telefon an jedem Bett und Fernsehen in jedem Zimmer versehen. Eine moderne Intensivstation ist im Ausbau begriffen. Ein Verkehrskern, der den Hauptbau mit dem Haus B, insbesondere mit einer neuen Aufzug-System besser verbinden soll, ist in der Planung, und die Mittel dazu sind vom Regierungspräsidenten auch schon zugesagt.
Der Altbau aus dem Jahre 1924 ist inzwischen im Erdgeschoss als Verwaltungstrakt und im Obergeschoß mit Bereitschaftszimmern für Ärzte und Pflegepersonal eingerichtet worden.
Eine neue Ärztegeneration kümmert sich um die Patienten, deren Zahl ständig wächst. Ein gutes Zeichen des Vertrauens zum St. Maria-Hilf-Krankenhaus! Dr. Heinz Disselmeyer übernahm bereits im April 1978 als Chefarzt die Chirurgische Abteilung nach dem plötzlichen Tod von Dr. Klimke, der 1974 die Nachfolge von Dr. Rüther angetreten hatte. Ab 1. Juli 1983 betreut Dr. Bernd Arntz als Chefarzt die Innere Abteilung. Die Anästhesie-Abteilung wird von zwei Fachärztinnen, Frau Dr. Plugge und Frau Dr. Ziegler, geleitet.
Die Gynäkologen Dr. Alex und Dr. Rademann sind als Belegärzte tätig, wie auch Dr. Vollmer in der HNO-Belegabteilung. Eine neue Fachabteilung für Geriatrie (Altersheilkunde) wird von Dr. Niehoff mit spezialisiertem Fachpersonal betreut.
Kuratorium und Kirchenvorstand unterstützen tatkräftig Verwaltungsdirektor Kuhle und Oberin Margot Nerzak in ihrer Verantwortung für eine medizinisch und pflegerisch optimale Patientenversorgung.
Schließlich dürfen die Namen der Geistlichen nicht vergessen werden, die sich im Krankenhaus um die seelisch-religiöse Betreuung der Patienten gekümmert haben. Neben den jeweiligen Pfarrern der katholischen und evangelischen Gemeinden in Gerthe und Hiltrop waren dies in den ersten Jahren insbesondere Studienrat Heer, die Redemptoristen-Patres Florian Silva, Hugo Gremler, Peter Eichten und Konstantin Schumpp. Während des Krieges kam Pater Quirl, der sich auch sehr um die Männerseelsorge in der Gemeinde kümmerte. Nach dem Krieg wohnte Vikar Schrader im Haus, und aus den 50er Jahren sind die Patres Dietz, Wiesen und Jenni noch in guter Erinnerung. Unvergessen ist auch Pater Johannes Bozic, der von 1967 - 1973 im Hause wohnte und wirkte. Seit 1973 ist Rektor Sijm den Patienten im St. Maria-Hilf-Krankenhaus ein ganz besonders überzeugender Beistand geworden.
Gerhard Hahn, 1988 (Verwaltungsdirektor i.R)
Im Jahr 1996 versuchten noch einige Bochum Parteien die Schließung des Krankenhauses zu verhindern. Eine Initiative hatte 33.000 Unterschriften für den Erhalt gesammelt. Nichts half, zum 1. Januar 1997 wurde die Kündigung wirksam.
Was blieb übrig und wie ging es weiter. Hierzu gibt es nur wenige spärliche Informationen.
So wurde im St. Maria-Hilf-Krankenhaus 1990 eine akut-geriatrische Abteilung gegründet, die zunächst über 41 Patientenbetten verfügte. Wegen der großen Nachfrage wurde die Geriatrie im Jahre 2005 auf 80 Betten erweitert. Nach einer mehrjährigen Kooperationsphase wurde die Abteilung zum Jahresende 2016 ins Zentrum für Altersmedizin und geriatrische Rehabilitation des Marien-Hospitals Wattenscheid verlegt. Das Marien-Hospital hatte 2006 mit dem Katholischen Klinikum Bochum fusioniert.
Für das St. Maria-Hilf-Krankenhaus wurde schon im Jahre 2005 ein zweites Standbein geschaffen: Es nahm das Venenzentrum des St. Josef-Hospitals auf.
Und 2023? „Quo vadis“
Das Katholische Klinikum Bochum (KKB) investiert an seinem Traditionsstandort Gerthe erneut großflächig. Auf dem Gelände des St. Maria-Hilf-Krankenhauses entsteht eine neue Pflegeschule für erst einmal 225 zusätzliche Auszubildende in Gesundheitsberufen. Geplant sind in Gerthe mehrere Bauabschnitte zur Erweiterung der Ausbildungskapazität. Das bedingt vermutlich den Abriss des jetzigen Hauptgebäudes. „Wir sind in Gerthe seit fast 100 Jahren vertreten und sehen uns verpflichtet, den Standort sinnvoll weiterzuentwickeln. Die Infrastruktur des Stadtteils wird mit dem neuen Ausbildungszentrum weiter gestärkt“, sagt Prof. Christoph Hanefeld, Medizinischer Geschäftsführer des KKB.
Auf dem Gelände der früheren Zeche Lothringen V (Gewerbegebiet Gerthe Süd) entsteht die gemeinsame Zentralküche des KKB und der St. Elisabeth Gruppe (Herne).
Mit der medizinischen Versorgung ist Gerthe wieder auf dem Stand vor 1923 angekommen.
Die Stadt Bochum zeigt sich erfreut über die Pläne. „Die Nachwuchssicherung in der Pflege ist eine wichtige Kernaktivität der Bochum Strategie“, betont die Dezernentin für Jugend, Soziales und Gesundheit der Stadt, Britta Anger. „Vor diesem Hintergrund begrüße ich eine weitere Ausbildungsschule für Pflegeberufe in Bochum. Das ist in der heutigen Zeit der richtige Schritt, um mit dem wachsenden Bedarf umzugehen.“
Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke: „Die Planung zur Pflegeschule passt in die Rahmenplanungen für das neue Wohngebiet „Gerthe-West“. Damit wird ein weiterer Beitrag für eine vielfältige und nutzungsgemischte Bebauung erkennbar.“ Die Entwicklung der Pflegeschule an dieser Stelle stärke den Medizinstandort Bochum und den Stadtteil Gerthe.
Da die Rahmenplanung für Gerthe-West so angelegt ist, dass auf kurzfristige Entwicklungen reagiert werden kann, ist laut Stadtverwaltung mit keiner Verzögerung aus dem Vorhaben zu rechnen.
Neben dem neuen Wohngebiet, dem neuen Schulzentrum und den Überlegungen zum Ausbau der Straßenbahn 308 sowie der Aufwertung des Ortskerns von Gerthe setzt die Pflegeschule mit ihren jungen Auszubildenden einen weiteren positiven Impuls für die Entwicklung des Bochumer Nordens.
Autor:Klaus Gesk aus Bochum |
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