Vom ernsten Drama zur lustigen Komödie: Die Volksbühne Bochum unterhält seit 100 Jahren ihr Publikum
„Kein Platz für die Liebe“ lautet der Titel der Boulevardkomödie, die die Volksbühne Bochum im April als erstes Stück in ihrem Jubiläumsjahr aufführt und die viel Spaß und Unterhaltung verspricht. Vor 100 Jahren, als sich einige junge Bergleute und Bauernsöhne aus Wiemelhausen zusammentaten und einen Theaterverein gründeten, standen allerdings ganz andere Werke auf dem Programm. „Der Glockenguss von Breslau“ hieß das allererste Stück und endete mit der Hinrichtung des Glockengießers.
„Damals hat man dramatische, ernste Stücke gespielt“, berichtet Armin Schönberner, Geschäftsführer der Volksbühne Bochum, über die ersten Jahre nach der Gründung am 1. März 1917. Weitere Dramen, die gezeigt wurden, hießen „Am Grabe der Mutter“ (1921) und „Der Erbförster“ (1924), und in der Vereinszeitung, die zum 75-jährigen Jubiläum 1992 erschien, werden für das Jahr 1928 die „viertägigen Passionsspiele mit vereinseigenem Jesus“ erwähnt.
„Es stammte auch viel aus dem militärischen Bereich, wo der Krieg eine Rolle spielte“, weiß Thorsten Lumma, erster Vorsitzender, über die damalige Stückauswahl. Der Erste Weltkrieg führte zudem rasch dazu, dass die Dramatische Gesellschaft Hindenburg, wie die Volksbühne ursprünglich hieß, ihre Arbeit erst einmal wieder einstellen musste, da die Mitglieder eingezogen wurden.
Mehrere Namenswechsel
Doch schon 1919 ging es weiter – jetzt unter dem Namen Dramatische Gesellschaft Kornblume, bevor der Name auf Druck der Nazis 1938 in Volksbühne Bochum-Wiemelhausen geändert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die Laiendarsteller im „Haus Spitz“ eine neue Bleibe, wo sie bis heute ihre Stücke aufführen.
„In der Nachkriegszeit lockerte sich die Stimmung, und es wurden Operetten gespielt. Dann kamen Volksstücke, und jetzt zeigen wir Boulevardkomödien“, erzählt Thorsten Lumma. Jährlich führt die Volksbühne Bochum, die sich 1997 noch ein letztes Mal unbenannte, weil ihr Publikum mittlerweile aus ganz Bochum kommt, zwei Komödien auf. Hinzu kommt ein Märchen oder Kinderstück in der Vorweihnachtszeit.
Seit 1946 keine Aufführung abgesagt
Stolz ist man bei der Volksbühne darauf, dass seit 1946 nie eine Aufführung abgesagt wurde. „Es ist aber mehrmals vorgekommen, dass jemand über Nacht eine Rolle übernommen hat“, berichtet Thorsten Lumma aus der Vereinsgeschichte. Was für erhöhtes Lampenfieber sorgen könnte, nehmen die Darsteller recht locker. „Wir haben aber auch keine strengen Kritiker, und das Publikum ist uns gewogen“, sagt Armin Schönberner, der selbst schon einmal vor Jahren eingesprungen ist und sich erinnert, wie ihm die Souffleuse den Text vorgesprochen hat. Heute greift man bei der Volksbühne stattdessen auf Technik zurück: In-Ear-Monitoring. „Da hatte ich einen Knopf ihm Ohr“, erzählt die zweite Vorsitzende Cornelia Schiedung davon, wie sie einmal kurzfristig eine Rolle übernahm.
Selbst ein Beinbruch führte nicht zum Abbruch einer Aufführung. Die Darstellerin des Rumpelstilzchens sollte in den Souffleurkasten springen und verletzte sich dabei, spielte aber trotzdem weiter.
Insgesamt gehören aktuell 35 Mitglieder der Volksbühne Bochum, von denen etwa 15 auf der Bühne stehen. Die übrigen kümmern sich um Technik, Bühnenbau, Kartenverkauf oder die Requisite. Doch wie viele andere Vereine hat auch die Volksbühne Nachwuchssorgen. „Wir haben mehr Mitglieder, die 30 bis 60 Jahre dabei sind, als solche, die seit fünf Jahren dabei sind“, erklärt Geschäftsführerin Carmen Lumma.
"Vom Alltag abschalten"
Sie gehört zu denen, die seit vielen Jahren in verschiedene Rollen schlüpfen. „Man kann herrlich vom Alltag abschalten, weil man alles andere ausblenden muss, wenn man auf der Bühne steht“, schwärmt Carmen Lumma. Armin Schönberner hat sich vor 40 Jahren der Volksbühne angeschlossen, weil es ihn gereizt habe, etwas Besonderes zu machen. „Im Fußballverein ist ja jeder.“ Er genießt es, jemand anderen darzustellen, das Publikum zu unterhalten und – im besten Falle – mit ihm zu spielen. „Die Probenzeit ist ja nicht immer die schönste Zeit“, verrät Cornelia Schiedung. Daher freue auch sie sich immer darauf, die Reaktion der Zuschauer zu erleben, wenn dann bei der Aufführung alles funktioniere.
Wer dies auch einmal erleben möchte, kann sich bei der Volksbühne Bochum melden. Lust und Engagement sollte man mitbringen; „mehr ist nicht nötig“, sind sich die Vorstandsmitglieder einig.
Auch im 100. Jahr seines Bestehens präsentiert der Verein zwei Komödien, wobei bei der Inszenierung im Herbst das Jubiläum sogar zum Thema wird. „Das Stück heißt ,Dieses Mal was mit Niveau', und es handelt von einem Theaterverein, der sein 100-jähriges Jubiläum feiert“, kündigt Thorsten Lumma an.
Premiere am 7. April
Doch zunächst steht am Freitag, 7. April, die Premiere der Frühjahrskomödie an. In „Kein Platz für Liebe“ aus der Feder von Anthony Marriot und Bob Grant geht es in einem Hotel drunter und drüber. Weitere Vorstellungen finden am Samstag, 8. April, sowie Freitag bis Sonntag, 28. bis 30. April, jeweils im „Haus Spitz“ an der Kemnader Straße 138 statt. Freitags und samstags beginnen die Vorstellungen um 19.30 Uhr, am Sonntag um 18.30 Uhr. Karten zum Preis von zehn oder acht Euro können unter Tel. 0234/472387 reserviert werden.
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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