Selbstständig wohnen: LWL fördert weiteres Wohnprojekt der Diakonie Ruhr

Corinna Hippert (2.v.r.), Bewohnerin des Apartmenthauses Weitmar, demonstriert ihrer Mutter Gisela Hippert sowie Reinhard Jäger (l.) von der Diakonie Ruhr und Matthias Löb vom LWL, wie sie mit dem Serviceknopf zu ihren Füßen ihre Wohnungstür öffnen kann.
  • Corinna Hippert (2.v.r.), Bewohnerin des Apartmenthauses Weitmar, demonstriert ihrer Mutter Gisela Hippert sowie Reinhard Jäger (l.) von der Diakonie Ruhr und Matthias Löb vom LWL, wie sie mit dem Serviceknopf zu ihren Füßen ihre Wohnungstür öffnen kann.
  • hochgeladen von Vera Demuth

„Corinna ist hier erst richtig erwachsen geworden“, sagt Gisela Hippert. Ihre Tochter ist mehrfach schwerstbehindert und wohnt seit sechs Jahren im Apartmenthaus Weitmar der Diakonie Ruhr, dessen Bau der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gefördert hat. Jetzt unterstützt der LWL erneut 15 Pilot-Wohnprojekte für Menschen mit Behinderungen – eines davon in Bochum.

Unter 45 Bewerbungen für das Programm "Selbstständiges Wohnen" (SeWo) wählte eine Jury 15 Projekte aus, die der LWL mit insgesamt zehn Millionen Euro unterstützen wird. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, in der eigenen Wohnung zu leben. In Bochum wird erneut ein Projekt mit der Diakonie Ruhr verwirklicht.
Ein Schwerpunkt des Wohnprojekts soll auf Menschen mit Autismusstörungen liegen. „Sie brauchen einen Schutzraum, sollen aber am Leben teilhaben“, erklärt Michael Wedershoven, Geschäftsführer SeWo, die Problematik. In diesen speziellen Wohnungen soll eine Lichtsteuerung dafür sorgen, dass die Bewohner bei Reizen wie helles Tageslicht, Fernseher oder Schall nicht überreagieren. „Wenn jemand überreagiert, kann es passieren, dass er dann zum Beispiel den Fernseher einschlägt“, erklärt LWL-Direktor Matthias Löb. Mit der Ausstattung der Wohnungen und der Lichtsteuerung „gehen wir in die Erforschung des Verhaltens“, ergänzt Matthias Gundler, Bauleiter der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, einer LWL-Tochter. „Es geht um die Frage, wie wir den Menschen dazu bekommen, dass er erst gar nicht auf den Fernseher einschlagen möchte.“

Gegenseitige Unterstützung

Darüber hinaus soll das neue Haus in Bochum „ein bisschen den Charakter eines Mehrgenerationenhauses haben“, erläutert Reinhard Jäger, Wohnverbundsleiter Diakonie Ruhr. Neben Menschen mit Autismusstörung sollen hier ältere Menschen und Rollstuhlfahrer einziehen. Angedacht sei eine gegenseitige Unterstützung im Rahmen einer Hausgemeinschaft, so Jäger.
Insgesamt soll es in dem neuen Wohnprojekt zwölf bis 15 Wohnungen sowie eine Gemeinschaftsfläche geben. „Ein Grundstück haben wir noch nicht“, sagt Gundler. „Wir sind jetzt dabei, mit den Trägern in konkrete Gespräche einzusteigen“, erläutert Wedershoven die Planung für das gesamte Programm „Selbstständiges Wohnen“. Alle 15 Projekte sollen innerhalb von fünf Jahren umgesetzt werden.
Einer von den Menschen, die von einem früheren LWL-Programm profitieren, ist Corinna Hippert. Zusammen mit 15 weiteren Bewohnern hat die 47-Jährige im Apartmenthaus Weitmar ein Zuhause gefunden. 2008 legte der LWL sein erstes Zehn-Millionen Euro-Programm auf. Rund 900.000 Euro flossen in das Wohnhaus an der Elsa-Brändström-Straße, das bis 2012 errichtet wurde.
Bereits beim Bau dieses Gebäudes, das 16 je 56 Quadratmeter große, rollstuhlgerechte Apartments umfasst, stand die technische Ausstattung im Mittelpunkt, um den mehrfach schwerstbehinderten Bewohnern ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. „Die Bewohner können sich im Haus und in Weitmar-Mitte bewegen. Das geht aber nur mit Technik“, erklärt Jäger.

Transponder und Drucktaster

Dazu gehören beispielsweise Transponder, die die Bewohner bei sich tragen, sowie Drucktaster an den Wänden. Ohne sie könnten die Bewohner keine Türen öffnen, um das Haus zu verlassen oder zu betreten. Ihrem Besuch öffnet Corinna Hippert mit Hilfe eines Serviceknopfs am Boden die Tür. „Wir machen hier nicht die Tür auf. Das ist ganz wichtig, dass die Bewohner das selbst machen“, so Jäger. Mit demselben Knopf kann die 47-Jährige per Fuß auch ihre Beleuchtung steuern oder einen der Mitarbeiter, die 24 Stunden vor Ort sind, rufen.
Auch sind alle Wohnungen, die jeweils aus Wohnzimmer mit Küche, Schlafzimmer und Bad bestehen, mit einer automatischen Be- und Entlüftung versehen. „Niemand, der hier wohnt, kann die Fenster öffnen“, sagt Jäger.
Corinna Hippert wohnte, bevor sie 2012 in das Apartmenthaus Weitmar zog, einige Jahre in einem Wohnheim der Diakonie Ruhr. „Hier ist sie viel selbstständiger geworden“, sagt Reinhard Jäger, der sie schon aus dem Wohnheim kennt. Das bestätigt Gisela Hippert, die zunächst Bedenken hatte, ob ihre Tochter in dem Apartmenthaus aufgrund ihrer schweren Behinderung klar kommt. Davon ist längst keine Rede mehr. „Ich habe mein Alter und bin froh, dass Corinna hier lebt.“
Dass bald ein zweites Wohnprojekt der Diakonie Ruhr mit Unterstützung des LWL in Bochum entstehen soll, findet Gisela Hipperts Zustimmung. „Es ist wichtig, wenn weitere Häuser entwickelt werden. Davon können weitere Menschen profitieren.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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