Neue Männer braucht der Verband: Keine Zivis mehr, kaum Bufdis
Er ist ein rares und umso nachahmenswerteres Beispiel: Nach der Aussetzung des Zivildienstes zur Jahresmitte leistet Tim Reineke als erster und bislang einziger Bundesfreiwilligendienstler wertvolle Pflege- und Betreuungsarbeit in der "Schule am Haus Langendreer" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Bochum.
Die Arbeit mit schwer gehandicapten Kindern und Jugendlichen der LWL-Förderschule (294 Schüler) mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung "macht mir sehr viel Freude", sagt der Abiturient nach den ersten sechs Wochen bei seiner Anfangsbilanz mit Schulverwaltungsleiter Franz Dircks. Nach dem zwölfmonatigen Dienst will Tim Reineke im Fachgebiet bleiben und Sonderpädagogik studieren. Dabei wird ihm die "Bufdi"-Zeit auf die Praktika angerechnet.
Trotz intensiven Werbens um die neuen Freiwilligen via facebook, twitter und eigener Website: Fast 60 Plätze in der Pflegeunterstützung für die behinderten Kinder und Jugendlichen drohten in 15 betroffenen LWL-Förderschulen nach Wegfall der Zivis leer zu bleiben. Nur dank des Einsatzes von Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und der Einstellung tariflicher Pflegehilfskräfte konnte die drohende Versorgungslücke zum diesjährigen Schuljahresbeginn nach den Sommerferien geschlossen werden.
Wenn der Mangel an Bufdis bleibt wie bisher, kann das dem Schulträger LWL ab dem nächsten Schuljahr 2012/13 zwischen 700.000 und 1,4 Millionen Euro mehr Personalkosten eintragen - je nach Anzahl teurer tarifgebundener Neueinstellungen.
Aber egal ob Bufdis, FSJ-Kräfte oder neue Tarifbeschäftigte - ein weiteres Manko erleben Schulverwaltungsleiter Franz Dircks und Kollegen schon jetzt: "Ohne Zivis fehlt uns überall männliches Personal. Es ist vor allem bei der kraftaufwändigen Pflege älterer und entsprechend schwergewichtiger Jugendlicher mit Behinderungen unverzichtbar, in vielen Fällen auch zur Wahrung der Intimsphäre." Vor allem bei den FSJlern bewerben sich allerdings fast nur Frauen.
Über die gezielte Ansprache von männlichen Schulabsolventen hinaus müssen die Verantwortlichen ein Lösungskonzept für dieses Problem noch erarbeiten.
Die politischen Gremien des LWL wollen das jetzt erstmals in seiner Gesamtheit für den LWL aufgezeigte Thema in einem Jahr erneut beraten. Tim Reineke dürfte dann schon nicht mehr Bufdi, sondern durch und durch praxiserfahrener Student der Sonderpädagogik sein.
Autor:Ernst-Ulrich Roth aus Bochum |
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