Malta und die Boatpeople - Bochumer Sozialwissenschaftlerin erhält Dissertationspreis
Für ihre herausragende Doktorarbeit über „Malta und die Boatpeople“ hat Sarah Weber vom Zentrum für Mittelmeerstudien der RUB den Dissertationspreis 2013 des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) erhalten. In ihrer Arbeit befasst sich Weber mit Kontakten und Konflikten zwischen afrikanischen Zuwanderern und der einheimischen Bevölkerung auf der Insel Malta.
Insgesamt verbrachte Sarah Weber über zehn Monate auf Malta, verteilt über mehrere Jahre. Während dieser Zeit führte sie etwa 40 Interviews mit Personen aller beteiligten Gruppen, nahm eine Medienanalyse vor und spielte sogar spontan während ihrer teilnehmenden Beobachtung in einem Krippenspiel die Rolle der Jungfrau Maria.
Im Blick ihrer Forschung standen die Begegnungssituationen der Menschen, zudem hat Weber das sog. Interkulturalitäts-Konzept kritisch hinterfragt. Zwar lernte sie bei ihren Aufenthalten verschiedene Personen kennen, die stellvertretend für den Kontakt zwischen Fremden und Einheimischen stehen. Allerdings führt die steigende Zahl an Zuwanderern unter den Maltesern immer mehr zu negativen Stimmungen und zu Ablehnung. Dabei richtet sich die Abneigung nicht gegen eine oder mehrere Volksgruppen, sondern gegen alle Fremden aus Afrika, die oft pauschal als Muslime wahrgenommen werden. Wer fremd und wer zugehörig zur eigenen Gesellschaft ist, ist jedoch gerade auf Malta ein strittiger Punkt und keineswegs so eindeutig. Denn die maltesische Bevölkerung hat selbst eine lange Geschichte der Emigration und Immigration und damit Verbindungen in alle Welt, etwa nach Nordafrika, Kanada, Australien und Europa, erklärt Sarah Weber.
Bootsflüchtlinge aus Nordafrika
Die Mittelmeerinsel ist wie nur wenige andere EU-Staaten von der aktuellen Flüchtlingsproblematik betroffen. Selbst einst britische Kolonie, ist die Insel im Mittelmeer in den letzten Jahrzehnten zu einer der ersten Anlaufstellen für Menschen aus Nordafrika geworden. Wirtschaftliche Krisen, politische Konflikte und Naturkatastrophen treiben Flüchtlinge auf Booten nach Malta. Hier landen sie bis zur Bearbeitung ihrer Asylanträge zunächst in oft überfüllten Auffanglagern. Doch auch später müssen sie häufig in sogenannten „offenen Lagern“ leben und es gelten strenge Auflagen, die eine Integration in die maltesische Gesellschaft erschweren, berichtet Sarah Weber. Ihr Anliegen war deshalb, diese Verhältnisse näher zu untersuchen, da eine Analyse von Begegnungen auch Aufschluss darüber gibt, wie Europa künftig mit dem Thema der Inklusion und Interkulturalität umgehen möchte.
Autor:Ernst-Ulrich Roth aus Bochum |
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