Lucy, Timmi und Marvin helfen bei Begegnung mit Demenzkranken
Werne - Behandelt man alte Menschen wie Kinder, wenn man ihnen mit Puppen begegnet ? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares „Nein“ ! Insbesondere bei der Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen beschreitet man im AWO-Seniorenzentrum Werne nicht neue, dafür aber umso erfolgreiche Wege in der Kommunikation und Begegnung mit eben diesem Personenkreis.
Menschen, die an einer Demenzerkrankung leiden, unterliegen oftmals einer anderen Wahrnehmung von gegenwärtigen Situationen. Das „Jetzt und Hier“ nimmt ein dementer Mensch unter Umständen völlig anders wahr als ein gesunder Mensch. Sätze und deren Informationen, die für einen Dementen nicht eindeutig zu verstehen sind, verstärken die Verwirrung.
Der Verlust der Sprache, als Mittel sich selbst, seine Gefühle und Wünsche auszudrücken, behindert den Kontakt zu anderen und zur Teilnahme an einer Gemeinschaft. Der Erkrankte reagiert im Rahmen „seiner“ Möglichkeiten: Vor allem Rückzug und Abwehr, aber auch Aggressionen und Wut sind dabei häufig beobachtete Verhalten. Und genau um diese Personengruppe handelt es sich bei der Überlegung: Wie kommt man an sie heran ?
„Unsere Mitarbeiter standen dem Einsatz der Puppen zunächst recht skeptisch gegenüber“, berichtet Karin Kleinhubbert vom Sozialen Dienst der Einrichtung. „Schnell schlugen die Kollegen eine Brücke zu „Kasperletheater“ und „Kindergarten“ – also gar nicht angemessen in Bezug auf den Umgang mit Senioren“. Doch gleich die erste Begegnung von „Timmi“ mit einer 98-jährigen Dame, brachte den Durchbruch: Besagte Bewohnerin sprach seit Monaten nur noch selten und nur auf direkte Ansprache; sie beantwortete Fragen in einem leisen Tonfall und in nur einzelnen, manchmal unverständlichen Worten. „Sie sah Timmi und sprach wie ein Wasserfall“ erinnert sich Karin Kleinhubbert, „zugegebenermaßen waren wir von dieser enormen Reaktion sehr überrascht, aber in der Folgezeit kamen auch von anderen „Einsätzen“ bei Bewohnern nur positive Rückmeldungen und Erfolgserlebnisse“.
Die Puppen dienen dabei nicht als „Ersatz-Bezugsperson“ sondern als Instrument, einen Zugang zum dementen Menschen und in seine (Gefühls-) Welt zu finden. Die Puppen, die im Hause „Auf der Kiekbast“ zum Einsatz kommen, wirken fröhlich, lebenslustig, kindlich, sorgenfrei – sie stellen keine „Ansprüche“, „quatschen manchmal frech drauf los“ oder sind einfach nur Zuhörer. Sie wecken Erinnerungen: An die eigene Kindheit und an schöne Erlebnisse. Und sie bewirken, dass die Bewohner über all diese Erinnerungen und Erlebnisse etwas mitteilen möchten.
Bereits erste Studien haben belegt, dass Puppen auf dementiell erkrankte Menschen anregend wirken und die Konzentration fördern. Gleichzeitig wirken sie aber auch beruhigend. „Lucy“ und ihre beiden Kollegen „Marvin“ und „Timmi“ sind nicht im Dauereinsatz sondern besuchen die Bewohner ganz gezielt. Mit dabei ist immer eine Betreuungskraft, denn der Bewohner soll sich nicht allein auf die Puppe fixieren. „Allein zu beobachten, wie die Gesichter der Bewohner zu strahlen beginnen, wenn ich nur mit der Puppe über die Station laufe, ist einfach toll!“ erzählt Anja Schmidt, Betreuungskraft im Seniorenzentrum. Erstaunlich: Die Begeisterung ist auch bei den Bewohnern groß, die nicht dement sind – die Drei muss man einfach gern haben !
Autor:Ernst-Ulrich Roth aus Bochum |
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