JVA Bochum: Arbeiten und leben hinter Gittern
Um zehn Uhr morgens betrete ich mit unserem Fotografen die JVA Bochum an der Krümmede. Zunächst müssen wir unsere Ausweise hinterlegen und anschließend unsere Mobiltelefone ausschalten und wegschließen. Dann geht es durch zahlreiche Türen, die uns von Christian Herte, stellvertretender Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes, aufgeschlossen werden, um sie direkt nach uns wieder abzuschließen.
Im Hafthaus I, in der Abteilung für therapiewillige Drogenabhängige, hat der Tag bereits lange vor unserem Eintreffen begonnen.
Hier arbeitet auch Bärbel K. (Name geändert). Für die Justizvollzugsbeamtin ging es bereits um 6 Uhr morgens mit dem Aufschluss der Zellen los: „Zwei Bedienstete sind hier in Schichten für 30 bis 35 Gefangene zuständig. Nach dem Aufschluss beginnt die Frühkostausgabe. Bevor die Insassen mit Essen versorgt werden, führen wir die Vitalkontrolle durch, wir überprüfen also das Wohlbefinden jedes Einzelnen“, erläutert die 29-Jährige.
Insgesamt verfügt die JVA Bochum über eine Belegungsfähigkeit von rund 788 Haftplätzen für den Vollzug der Strafhaft und Untersuchungshaft an erwachsenen Männern. Bärbel K. ist eine von 386 Beschäftigten. Ursprünglich bei der Deutschen Post tätig, holte sie das Abitur an der Abendschule nach, um dann die Ausbildung als Justizvollzugsbeamtin zu absolvieren.
„Für die Inhaftierten sind wir eigentlich alles: Vorgesetzter, Verpfleger und erster Ansprechpartner in allen Belangen.“
„Ich arbeite jetzt seit fünf Jahren in der Bochumer JVA. Hier ist kein Tag wie der andere. Selbstverständlich ist die Arbeit hier nichts für schwache Nerven. Ich persönlich finde es aber sehr interessant, mit Menschen arbeiten zu können, die durch ihre Inhaftierung von der Gesellschaft abgeschnitten sind“, erläutert sie ihre Berufswahl.
Für die Gefangenen ist sie Ansprechpartnerin in jeder Lebenslage: „Wir sind immer die ersten vor Ort und müssen verschiedenste Situationen schnell beurteilen können. Außerdem sind wir Ansprechpartner in allen Belangen. Selbstverständlich sollte man den Respekt und die nötige Vorsicht, die bei unserer Arbeit immer nötig ist, nicht vergessen. Ein Häftling ist rund 23 Stunden in der Zelle, das Verhalten eines solchen Menschen ist nicht zu einhundert Prozent einschätzbar.“
Der Bezug zu den Gefangenen ist auf der Substitutionsabteilung besonders wichtig. Hier findet ein Drogenentzug auf Methadonbasis statt. „Einige Häftlinge kommen bereits ohne Methadon aus, andere bekommen täglich eine bestimmte Dosis. Wichtig ist, dass wir wachsam beobachten, ob der Gefangene zurechtkommt“, sagt Bärbel K.
Einige Häftlinge arbeiten innerhalb der JVA, sie rücken bereits um 6.45 Uhr aus. Viele sind aber auch ohne Aufgabe und verbringen den Großteil ihres Tages hinter Schloss und Riegel.
In Einzel- oder Doppelzellen sind die Inhaftierten untergebracht, hier gibt es entweder ein Stockbett oder ein Einzelbett, außerdem gehören ein Tisch mit Stühlen sowie eine Nasszelle zum Inventar. Auch ein Fernseher darf aufgestellt werden.
Heiko M. (Name geändert) ist einer der Inhaftierten der Substitutionsabteilung und ist bereit, mir etwas über seine Situation zu erzählen: „Ich bin seit März 2015 wieder im Gefängnis. Ich hatte schon eine Bewährungsstrafe und habe dann gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.“ Seit drei Monaten ist Heiko M. Hausarbeiter, er ist zuständig für Reinigungsarbeiten, den Wäschetausch und die Verteilung. „Der Job ist wichtig für mich, dann habe ich etwas zu tun. Außerdem kann ich so Geld verdienen und meine Tür ist offen“, sagt der 30-Jährige. Voraussichtlich wird er noch bis November 2016 in Haft bleiben, er arbeitet aber auf eine frühere Entlassung hin: „Ich hoffe, dass ich meine Haftstrafe verkürzen kann. Bei guter Führung bin ich vielleicht schon im Mai 2016 wieder draußen.“ In seiner Freizeit hört Heiko M. Musik oder spielt Viedeospiele. Kontakt hat er zu seinem Bruder, der ihn auch schon besucht hat.
Ein Wunsch ist jedoch offen: „Ich habe meiner Mutter schon einen Brief geschrieben. Über einen Besuch von ihr würde ich mich sehr freuen.“
Nach dem Gespräch verlasse ich die Zelle von Heiko M., die daraufhin von Bärkel K. verschlossen wird. Trotz des sehr freundlichen Umgangs und der unmittelbaren Nähe zu den Gefangenen, wird deutlich, wo die Grenzen verlaufen. Auf die Frage, ob sie nicht manchmal Angst habe, dass ihr etwas passieren könnte, antwortet Bärbel K.: „Angst nicht, aber Respekt. Mir selbst ist noch nie etwas passiert, aber grundsätzlich muss man mit Angriffen rechnen und sich dementsprechend vorsichtig verhalten. Dabei schätze ich besonders den Kontakt mit den Kollegen, der Austausch und die enge Zusammenarbeit geben Sicherheit.“
Mit diesen Eindrücken verlasse ich gemeinsam mit unserem Fotografen die JVA Bochum. Als ich wieder auf der Straße stehe, lassen mich diese jedoch nicht los.
Die Welt hinter den Gefängnismauern hat viele Eindrücke hinterlassen, denn hier habe ich zwei Menschen kennengelernt, die ihren Alltag bewältigen, der einiges abverlangt.
Hintergrund
Die JVA wurde von 1894 bis 1897 erbaut und am 1. Oktober 1897 in Betrieb genommen.
Ursprünglich verfügte sie über 644 Hafträume und 721 vorgesehene Haftplätze. Heute verfügt sie über 788 Plätze.
Personalausstattung der Anstalt: 279 Mitarbeiter im allgemeinen Vollzugsdienst, 20 Mitarbeiter im Werkdienst, 74 Mitarbeiter im Fachdienst und der Verwaltung und 13 Mitarbeiter im Sanitätsdienst.
Neben den Hafthäusern und -höfen verfügt die JVA Bochum über verschiednene Arbeitsbetriebe, die sich in Eigen- und Unternehmerbetriebe aufgliedern. Bei maximaler Auslastung finden 550 bis 600 Inhaftierte einen Arbeitsplatz. Zusätzlich gibt es therapeutische Arbeitsstellen mit einem Förder- und Therapieangebot.
Autor:Lauke Baston aus Wattenscheid |
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