Den Himmel neu entdecken - Startschuss für die LOFAR-Station in Jülich
Es ist soweit: Die LOFAR-Station DE605 auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich wurde feierlich eröffnet. Die Antennenstation ist integraler Bestandteil des digitalen Radioteleskops und europäischen Großprojekts LOFAR (Low Frequency Array) und trägt dazu bei, langwellige Radiostrahlung aus der Frühzeit des Universums zu messen. LOFAR DE605 wurde von der Ruhr-Universität Bochum, der Jacobs University Bremen und dem Forschungszentrum Jülich gebaut. Die Mittel hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereit gestellt.
So groß wie ein Fußballfeld
Auf einer Fläche so groß wie ein Fußballfeld erstreckt sich direkt südöstlich des Forschungszentrums Jülich die LOFAR-Station DE605. Sie besteht aus einem Antennenfeld zur Messung hoher Frequenzen (110 bis 240 Megahertz) mit 96 Empfängern à 16 Antennen, die in einem Styroporgerüst montiert sind, und einem Feld für Messungen im Niederfrequenzband (10 bis 80 Megahertz) mit 96 Dipolantennen, die von einem etwa 1,60 m hohen Pfosten aus gespannt werden. „Voraussetzungen für den Bau der Station waren ein ebener Untergrund und eine verfügbare schnelle Netzwerkleitung – Bedingungen, die in Jülich optimal erfüllt sind“, erklärt Prof. Dr. Marcus Brüggen, Leiter der Forschungsgruppe Astrophysik der Jacobs University in Bremen.
Virtuelle Riesenschüssel
Mit der Jülicher Station wurde die letzte von fünf gleichartigen Stationen in Deutschland fertiggestellt. Das Forschungszentrum Jülich stellt Netzwerkkapazitäten für die fünf deutschen Stationen bereit und Supercomputer für die nachträgliche Analyse der Daten. In Jülich werden die Daten gesammelt und zum zentralen Großrechner an die Universität Groningen geleitet. Dieser kombiniert die Daten der verteilten Antennenfelder zu einer einzigen, virtuellen Antenne und errechnet daraus die Bilder. Vernetzt angelegte Teleskope wie LOFAR haben verschiedene Vorteile: Sie decken den gesamten Himmel ab, können gleichzeitig in verschiedene Himmelsrichtungen blicken und müssen nicht minutenlang ausgerichtet werden, wie schwerfällige, einzelne Riesenschüsseln. „LOFAR ist das erste virtuelle Teleskop. Die Umsetzung scheiterte lange an technischen Hürden, vor allen Dingen an der Datenverarbeitung“, berichtet Prof. Dr. Sebastian M. Schmidt, Vorstandsmitglied im Forschungszentrum Jülich. Bei einer Anlage dieses Typs fallen gigantische Datenmengen an. Die Daten aller Antennenfelder werden digital gespeichert und lassen sich nachträglich bearbeiten, da die Fokussierung erst später durch die Software am Computer erfolgt.
LOFAR: Tausend Augen sehen mehr
LOFAR ist das erste Radioteleskop einer neuen Generation, das aus mehreren verteilten Antennenfeldern besteht. Mit 36 Stationen in den Niederlanden, fünf in Deutschland und drei weiteren europäischen Stationen ist LOFAR die größte vernetzte Teleskopanlage der Welt. Sie arbeitet im bisher weitgehend unerforschten Frequenzbereich zwischen 10 und 240 MHz. „LOFAR hat uns ein neues Fenster für die Radioastronomie eröffnet“, schwärmt Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar von der Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-Universität Bochum. „Damit können wir beispielsweise Wasserstoffwolken kurz nach dem Urknall aufspüren, aber auch zur Untersuchung von aktiven Galaxien und Quasaren und von Magnetfeldern im Universum wird LOFAR neue Erkenntnisse bringen.“
Nachfolger: „Square Kilometre Array" (SKA)
LOFAR wurde von ASTRON entwickelt, ein auf den Bau und Betrieb von Radioteleskopen spezialisiertes Institut in den Niederlanden. Es ist Wegbereiter eines noch größeren Radioteleskops, des „Square Kilometre Array" (SKA). Die Erfahrungen mit der neuen LOFAR-Antennentechnologie und der Datenverarbeitung werden in das Nachfolgeprojekt einfließen. Das SKA soll als weltweites Gemeinschaftsprojekt ab 2013 in Australien oder Südafrika gebaut werden und im Jahr 2022 den Betrieb aufnehmen. Die Antennenfelder des SKA werden zusammen eine Sammelfläche von einem Quadratkilometer umfassen, während LOFAR auf eine Fläche von etwa einem halben Quadratkilometer kommt. Das SKA soll unter anderem zum Verständnis der „Dark Ages“, 300.000 Jahre nach dem Urknall, beitragen, in der sich die ersten, jungen Galaxien bildeten.
Autor:Ernst-Ulrich Roth aus Bochum |
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