Auf zwei Rädern nach Oviedo: Willi Franken (64) fuhr mit dem Fahrrad den Jakobsweg entlang
„Das Ziel war Oviedo“, erzählt Willi Franken. „Santiago de Compostela und Cap Finisterra waren Bonus.“ Die 2.871 Kilometer von Bochum bis zur spanischen Partnerstadt und darüber hinaus bis zur Atlantikküste legte der 64-jährige Bochumer in gut fünf Wochen allein mit dem Rad zurück.
„Radfahren ist mein Hobby. Ich bin Mitglied bei den Radsportfreunden Bochum. Da ist eine gewisse Grundfitness vorhanden“, erklärt Franken, wie er auf die Idee kam, sich solch eine lange Distanz vorzunehmen. „Jetzt als Rentner habe ich die Zeit und habe mir diesen Traum erfüllt.“ Und da er noch dazu Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Freunde der Städtepartnerschaft Bochum-Oviedo ist und in Oviedo Freunde hat, stand auch das Ziel schnell fest.
Zur Vorbereitung seiner Tour hörte er sich einige Vorträge anderer Radfahrer an, besorgte sich Packlisten und baute sein Rad, mit dem er früher zur Arbeit gefahren war, zu einem Tourenrad um. Dann ging es los. „Ich bin mit kräftigem Hosenflattern los gefahren“, gesteht Franken. Denn auch wenn er die Route grob vorgeplant hatte, hatte er außer seinem Rückflug nichts gebucht, und wusste nicht, wie und wo er übernachten würde. „Man verlässt schon ein bisschen die heimische Komfortzone.“
Das erste, letztlich aber auch einzige Problem tauchte dann schon gleich hinter Essen auf. Dort stellte Willi Franken fest, dass sein Smartphone sich trotz vorab erfolgreicher Probe nicht als Navi einsetzen lassen wollte. „Stattdessen bin ich, wie man es früher gemacht hat, mit Karten gefahren“, nahm er es leicht.
Keine Platten, keine Pannen
Ansonsten aber hatte er auf der gesamten Strecke keine Pannen, keine Platten, und auch der Körper machte nicht schlapp. „Außerdem gibt es Hirschtalgsalbe für den Popo“, verrät er. Ehrlicherweise räumt er aber ein, dass er sich erst an die tägliche Anstrengung gewöhnen musste. 100 Kilometer legte er im Schnitt zurück und trat fünf bis sechs Stunden pro Tag in die Pedale. „Nach drei, vier Tagen wird es normal, und der Körper gewöhnt sich dran“, erzählt Franken.
Zudem war ihm zunächst das Tourenrad im Vergleich zu seinem Rennrad, mit dem er sonst unterwegs ist, ungewohnt schwer. Immerhin betrug das Gewicht des Rads zusammen mit Gepäck 45 Kilogramm, was sich besonders bei den bergigen Etappen bemerkbar machte. „Die schlimmste Strecke war durch Asturien. Das waren 1.700 Höhenmeter auf 128 Kilometer. Da war ich abends platt.“
Begegnungen mit den Menschen
Ans Aufgeben dachte er aber nie. Vor allem die Begegnung mit den Menschen war es, die ihn motivierte, immer weiterzufahren. Denn als er seine Tour zuhause geplant hatte, fiel ihm auf, dass sie in etwa dem Jakobsweg entspricht. Also wurde auch Franken „ein bisschen Pilger“. Nicht nur holte er sich an allen Stationen den Stempel für seinen Pilgerpass, sondern ließ sich auch Kontakte zu Einheimischen geben, die Pilger bei sich beherbergen. Vor allem solange er noch in Frankreich war, übernachtete er immer bei Privatleuten und knüpfte viele Bekanntschaften. „Die Leute waren so hilfsbereit“, schwärmt Franken, weil sie ihm nicht nur ein Bett boten, sondern sich auch als sympathische Gesprächspartner erwiesen, die ihn mit Tipps zur Umgebung und Sehenswürdigkeiten versorgten.
Nach einem eintägigen Stopp in Paris ging es etappenweise weiter über die Pyrenäen und unter anderem durch Pamplona, Burgos und Léon – nur einige der Städte, die er besichtigt hat. „Es ist wichtig, auch zu gucken“, macht er deutlich, dass es ihm nicht nur um die Bewältigung der reinen Strecke ging.
Eine Woche Aufenthalt in Oviedo
Schließlich kam Franken nach mehr als 2.000 gestrampelten Kilometern in Oviedo an, wo er eine Woche bei Freunden blieb. Sie nahmen ihn mit zu einem Auftritt der Real Banda de Gaitas Ciudad de Oviedo, der bekannten Dudelsackband, zum Bulevar de la sidra („Das ist das Bermudadreieck von Oviedo“), und auch ein Abstecher zum Wahrzeichen Oviedos, dem UNESCO-Kulturdenkmal Santa María del Naranco, durfte nicht fehlen.
Von Oviedo radelte Willi Franken die letzten Kilometer bis nach Santiago de Compostela. „Das war wahnsinnig emotional, nach dieser Leistung dort anzukommen“, erinnert er sich an seine Ankunft auf dem Vorplatz der Kathedrale, auf dem viele Pilger genau wie er das Ende ihrer Reise feierten. „Wildfremde Leuten gratulieren einem. Es wird gesungen, gelacht und geweint.“
Erlebnisse und Begegnungen wie diese sind es, die seine Radtour für ihn zu einer unvergesslichen Erfahrung machen. Daher möchte der 64-Jährige anderen Menschen ermutigen, ebenfalls neue Dinge auszuprobieren. „Vieles geht leichter, als man gedacht hat“, lautet die Erkenntnis, die er mit nach Hause gebracht hat. „Man sollte Vertrauen in sich und die anderen Menschen haben.“
Und ganz praktische Erfahrungen hat er ebenfalls gewonnen, nämlich dass man mit deutlich weniger Gepäck auskommt. „Zwei Drittel reichen“, sagt Willi Franken und ist sich jetzt schon sicher, dass es irgendwann ein nächstes Mal geben wird.
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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