„Wir handeln aus einer Position der Stärke heraus“

Aufsichtsratsmitglied und Fan: Frank Goosen will, dass "sein" Verein auch in Zukunft erfolgreich ist. | Foto: Wiciok
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Ausgliederung ja oder nein? - Auf der Jahreshauptversammlung am Samstag stellen die Mitglieder des VfL die Weichen für die Zukunft des Vereins

Es geht um nichts weniger als die Zukunft des VfL Bochum: Auf der Jahreshauptversammlung am Samstag, 7. Oktober, sollen die anwesenden Mitglieder über eine Neufassung der Satzung, die eine Ausgliederung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in eine zu gründende GmbH & Co. KG ermöglicht, beschließen. Bereits seit 2016 wird über diesen Plan der Vereinsführung diskutiert, am Samstag nun soll das Mitgliedervotum fallen. Der Autor und Kabarettist Frank Goosen, seit 2010 Aufsichtsratsmitglied des VfL, ruft alle Mitglieder auf, der Einladung zu folgen und an der Jahreshauptversammlung teilzunehmen.

Warum ist es denn so wichtig, zur Jahreshauptversammlung zu kommen?
Frank Goosen: Ganz einfach: Damit möglichst viele Mitglieder in dieser wichtigsten Frage der Vereinsgeschichte mitentscheiden. Die Frage der Ausgliederung ist eine schwerwiegende und weitreichende Entscheidung, die von einer breiten Basis getragen werden muss. 75 % der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder müssen für eine Satzungsänderung stimmen – nur dann kann sie in Kraft treten.

Die Jahreshauptversammlung findet in der Jahrhunderthalle statt – zum ersten Mal. Sie erwarten also einen großen Andrang?
Wir sind zum ersten Mal in der Jahrhunderthalle – früher waren wir im Schauspielhaus, im Audimax oder im RuhrCongress –, denn wir rechnen mit einer vierstelligen Besucherzahl. Es wird die größte Jahreshauptversammlung der Vereinsgeschichte werden – die höchste Teilnehmerzahl bisher lag bei rund 770 Personen.

Sie fangen bereits um 11 Uhr morgens an – es könnte also ein langer Tag werden?
Das ist anzunehmen, ja. Denn es werden ja auch zunächst die üblichen Themen abgehandelt, die zu einer Jahreshauptversammlung nun mal standardmäßig dazugehören – Berichte des Aufsichtsrats und des Vorstands, Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Danach gibt es erst einmal eine Pause, bevor es um die Ausgliederung geht.
Und wir wollen auf jeden Fall vermeiden, dass auch nur ansatzweise der Eindruck entstehen könnte, dass Diskussionen abgewürgt werden oder eine Entscheidung unter Zeitdruck herbeigezwungen wird. Jeder, der sich äußern möchte, soll das tun können. Jede Frage soll gestellt werden können, bis bei allen der Eindruck entsteht, dass es genügt. Aber wer weiß, vielleicht geht ja auch alles ganz schnell...

Es gab im Vorfeld ja schon einige Informationsveranstaltungen und Diskussionsrunden zu dem Thema...
Ja, es fanden drei große Diskussionsrunden statt, an denen vor allem der Aufsichtsrat, der Vorstand, vor allem natürlich Wilken Engelbracht, die Juristen und die Wirtschaftsprüfer beteiligt waren, um die Details zu erläutern. Und da muss ich mal wieder sagen, dass diese Veranstaltungen eine Werbung für den VfL waren und mich ziemlich stolz gemacht haben. Sie waren von einer großen Sachlichkeit ge-prägt – und das sagen auch die Gegner der Ausgliederung, die sich vor allem aus dem Bereich der Ultras rekrutieren. Man hatte jederzeit den Eindruck, dass da Menschen zusammenkamen und miteinander diskutiert haben, denen es in erster Linie um den Verein geht. Das Ganze hatte ein enorm hohes Niveau. Und aus allen Gesprächen, die ich danach geführt habe, habe ich den Eindruck mitgenommen, dass sich alle vom Vorstand sehr gut informiert fühlten und zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entstanden ist, dass da Informationen zurückgehalten werden. Und das ist auch notwendig, wenn eine breite Mehrheit zustande kommen soll.

Warum ist denn diese Ausgliederung so wichtig für den Verein? Können Sie das knapp zusammenfassen?
Weil die Ausgliederung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in eine Kapitalgesellschaft dem Verein neue Möglichkeiten bietet, seine finanzielle Situation zu verbessern. Ich bin ja auch Fan und ich sehe vieles kritisch, was derzeit im Profifußball passiert – allein, wenn wir nur an den Neymar-Wechsel für 222 Mio. Euro denken. Das ist zwar ein Extrem, aber vieles ist krank. Und durch den neuen TV-Vertrag der DFL mit den Rechteinhabern werden Vereine der Ersten Liga einseitig bevorzugt und kleine Vereine drohen hinten rüber zu fallen. Dem müssen wir entgegenwirken.
Denn ich möchte in der Tat als Aufsichtsrat und als Fan, dass der Verein erfolgreich ist. Man muss sich immer positive Ziele setzen und erfolgreich sein wollen – sonst braucht man nicht mal im Rhönradfahren anzutreten. Wir wollen in der Zweiten Liga oben mitspielen und wir wollen auch wieder in die Erste Liga aufsteigen – auch wenn uns klar, ist, dass wir dort oben trotzdem mit dem Rücken zur Wand stehen würden.
Aber man muss sich auch immer fragen: „Was machen wir im schlimmsten Fall?“ Man sieht ja, wie viele Traditionsvereine am Abgrund balancieren, während oben in der Ersten Liga die Werksmannschaften stehen, die nicht mehr Mitglieder-kontrolliert sind. Das soll uns nicht passieren. Und im Moment können wir aus einer Position der Stärke heraus agieren, sind in keiner Notlage. Wir sind seit einiger Zeit nicht mehr überschuldet, das sah lange Jahre ganz anders aus...

Es geht also nicht um einen Ausverkauf des Vereins, wie oft behauptet wurde?
Nein! Wir haben doch alle die Verhältnisse wie bei 1860 München oder in Hamburg vor Augen, wo ein Geldgeber plötzlich in sportliche Entscheidungen eingreift. Geliehenes Geld, das ist das Problem! Darlehen erzeugen Druck, in diese Falle wollen wir nicht geraten. Mögliche Investoren können sich nur an der Kapitalgesellschaft beteiligen. Wer auch immer in Zukunft Anteile an der VfL-Kapitalgesellschaft kauft, der hofft darauf, dass diese in der Ersten Liga mehr Wert werden, setzt also auf den sportlichen Erfolg des Vereins.
In der Satzung ist festgeschrieben, dass kein Investor sich an der Geschäftsführungs-GmbH, in der das operative Tagesgeschäft geführt wird, beteiligen darf. Diese GmbH muss zu 100 % dem Verein gehören. Selbst wenn 50+1 irgendwann fallen sollte, könnten nur unsere Mitglieder mit 75 % Zustimmung eine Beteiligung an der GmbH genehmigen.

Gibt es denn einen Plan B für den Fall, dass die Mitglieder am Samstag gegen die Ausgliederung entscheiden?
Dann käme es erstmal aufs Ergebnis an. Sollte unser Antrag nicht durchkommen, womöglich ganz knapp, dann werden wir uns sicher nicht hinwerfen, sondern den Verein weiterhin gemäß Mitgliedermandat führen. Allerdings würde es sehr schwierig, unsere Bemühungen um Verbesserungen im Sponsoring-Bereich und im TV-Ranking noch weiter zu verstärken – wir sind da schon extrem gut und ligaweit überdurchschnittlich aufgestellt. Der VfL war schon immer das kleine gallische Dorf, eingekesselt zwischen Schalke und Dortmund. Es ist schwer, dazwischen nicht aufgerieben zu werden. Aber ich kann und werde den Anspruch nicht aufgeben, erfolgreich zu sein. Sonst brauchen wir erst gar keinen Fußball zu spielen.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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