VfL Bochum zeigt Reaktion und verliert trotzdem – Heimniederlage gegen St. Pauli
Nach der katastrophalen Vorstellung in Rostock war unter der Woche herbe Kritik auf Mannschaft und Trainer niedergeprasselt. Ähnlich prasselten beim Anpfiff dicke Regentropfen auf die Akteure im rewirpowerStadion nieder. Der VfL präsentierte sich an diesem herbstlichen August-Abend jedoch in frühlingshafter Frische. Doch am Ende stand neben der besten Saisonleistung leider auch eine 1:2-Niederlage gegen den FC St. Pauli.
VfL-Trainer Friedhelm Funkel hatte der Mannschaft ein völlig neues Gesicht gegeben. Nicht nur die Aufstellung, sondern ganz besonders die Einstellung war eine vollkommen andere als noch vor fünf Tagen an der Ostsee. Auf den Außenpositionen der Viererkette spielten Mathias Ostrzolek für den gesperrten Philipp Bönig und Björn Kopplin für den nach vorne rückenden Paul Freier.
Aus der destruktiv agierenden Dreierkette vor der Abwehr hatte Funkel kurzerhand eine offensiv ausgerichtete Doppelsechs geformt. Andreas Johannson und Kevin Vogt mussten auf der Bank Platz nehmen, dafür spielten Christoph Kramer und Christoph Dabrowski. Und im offensiven Mittelfeld wirbelten Denis Berger (für Oguzhan Kefkir), Paul Freier und Neuzugang Takashi Inui (für Giovanni Federico).
Diese Maßnahmen schienen sich von Beginn an auszuzahlen. Es waren keine 30 Sekunden gespielt, da konnte der VfL-Anhang bereits den ersten Torschuss beklatschen. Zwar hatte Mirkan Aydin das Tor verfehlt, doch war die miserable Ausbeute von null Torchancen in Rostock schon jetzt geradezu pulverisiert.
Der VfL bot im Vergleich zum vergangenen Montag ein echtes Kontrastprogramm: Mit breiter Brust ging man in die Zweikämpfe, attackierte die Gäste in deren Hälfte und präsentierte sich endlich mal wie ein echter Aufstiegskandidat. Für Bochumer Verhältnisse war es ein regelrechtes Feuerwerk der Spielfreude. Dazu trug auch der japanische Neuzugang Inui seinen Anteil bei. Der kleine Dribbler brachte seine Gegenspieler immer wieder in Verlegenheit. Er war stets anspielbereit, konnte den Ball auch mal halten, zog Gegner auf sich und schuf so Räume, die Berger und Freier nutzten.
Comeback des Christoph Dabrowski
Etwas Zählbares kam freilich nur ein einziges Mal dabei heraus. Nach sechs Minuten zog der Japaner nach innen, schob den Ball zu Freier, der sich geschickt drehte und per Außenrist Dabrowski in Szene setzte. Der Kapitän zeigte sich humorlos und ließ Pauli-Keeper Tschauner keine Chance: der VfL führte mit 1:0 und war auf einem guten Weg.
Überhaupt Christoph Dabrowski: In Rostock hatte er den gegnerischen Strafraum selbst mit einem Fernglas nicht erkennen können, doch neben dem jungen Kramer blühte er an diesem Abend richtig auf. Er beackerte den kompletten Platz – vom eigenen Strafraum bis zum gegnerischen Tor. Die Fans erlebten ein Comeback des Christoph Dabrowski, der sich in den letzten Jahren in die Herzen des VfL-Anhangs gespielt und gekämpft hatte. Umso tragischer, dass er bereits nach 20 Minuten verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste.
Nach Dabrowskis Ausfall erlebte das Spiel des VfL einen Bruch. Es wurde nicht mehr so früh angegriffen, der Druck ließ nach und St. Pauli bekam die Partie mehr und mehr in den Griff. Fast folgerichtig fiel in der 32. Minute der Ausgleich durch Bartels. Und hätte Andreas Luthe kurz vor der Pause nicht zwei Mal seine Klasse bewiesen, wäre der VfL mit einem Rückstand in die Kabinen gegangen.
Der VfL entdeckt seine linke Seite
Nach dem Wechsel fanden die Bochumer zu ihrem Spielfluss zurück und drängten auf das zweite Tor. Die größte Gelegenheit dazu hatte Inui als er bei einem Konter von Freier angespielt wurde und das Außennetz traf (69.).
Dass St. Pauli keine Laufkundschaft ist, wurde immer wieder bei deren gefährlichen Kontern deutlich. Als sich die gut 22.000 Zuschauer mit einem durchaus leistungsgerechten Unentschieden angefreundet hatten, führte einer dieser Konter zum – nicht unverdienten - 2:1 durch Kruse.
Nach einer Schwalbe von Freier und einer daraus resultierenden Gelb-Roten Karte für Schachten spielte St. Pauli die letzten Minuten nur noch zu Zehnt – am Ergebnis änderte dies jedoch nichts mehr.
Was bleibt? Der VfL Bochum hat eine Reaktion gezeigt. Nach der desolaten Vorstellung in Rostock präsentierte sich die Mannschaft sehr kompakt und ließ viele kleine Lichtblicke erkennen. Neuzugang Takashi Inui wird eine echte Verstärkung für den VfL sein – insbesondere in Dachen Dynamik und Kreativität war der Auftritt gegen St. Pauli ein Versprechen auf die Zukunft. Allerdings sollte Friedhelm Funkel seinen neuen Schützling darauf hinweisen, dass man auch in Schönheit sterben kann. Denn gelegentlich übertrieb der begnadete Techniker es mit der Spielfreude und ließ die benötigte Portion Konsequenz vermissen.
Dynamik, Kreativität und Engagement
Erfreulich zu erkennen, war zudem, dass der VfL durchaus in der Lage ist, über die linke Seite zu spielen. Handelte es sich im bisherigen Verlauf der Saison um Sperrgebiet, liefen diesmal viele gute Aktionen über die linke Außenbahn. Und Denis Berger zeigte mehrfach, dass auch er zu einer Verstärkung werden kann. Er holte sich die Bälle am eigenen Strafraum und leitete den einen oder anderen Konter ein. Sein Einsatz wäre beinahe mit einem Tor belohnt worden, doch er schlug einen Haken zuviel, so dass ein gegnerisches Abwehrbein dem Jubelschrei im Wege stand.
Und selbst bei Ecken kam an diesem Abend so etwas wie Gefahr auf. So z.B. kurz nach der Pause, als der eingewechselte Faton Toski – wahrlich kein Kopfballungeheuer – nach einer perfekt getimten Ecke von Freier hochstieg und das Leder nur ganz knapp über die Latte bugsierte.
Die VfL-Fans hatten von ihrer Mannschaft über 90 Minuten einen engagierten und phasenweise einen spielerisch attraktiven Fußball gesehen, der Anlass zu Hoffnungen gibt. In dieser Form wird der VfL in den nächsten Wochen die nötigen Punkte holen, um beim Thema Aufstieg wieder ein Wörtchen mitzureden. Trotz der Niederlage sollte man sich nun auf die positiven Dinge konzentrieren und am kommenden Samstag gegen Union Berlin da anknüpfen, wo man gestern aufgehört hat.
Autor:Stephan Kottkamp aus Dortmund-Ost |
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