Vertrag gilt auch für die 2. Liga
Thomas Letsch übernimmt VfL Bochum: "Ich bin mit Sicherheit kein Kumpeltyp!"
Selbstbewusst, optimistisch und mit Tatendrang geht Thomas Letsch seine neue Aufgabe als Cheftrainer des VfL Bochum an. Die Fans warnt er trotzdem vor zu hohen Erwartungen: „Es geht nicht darum, das Feld sofort aufzurollen.“
Angesichts des letzten Tabellenplatzes und bei einem Punkt aus sieben Spielen wollte Thomas Letsch die Situation bei seiner Vorstellung gar nicht schönreden: „Es gibt sicher leichtere Aufgaben in der Welt als diese.“ Dass sich der 54-Jährige nach eigener Aussage trotzdem „jetzt beim VfL absolut am richtigen Fleck“ fühlt, hat aber seine Gründe. Vor allem von einer Grundvoraussetzung ist der neue Trainer mit Blick auf seine Spieler überzeugt: „In der Mannschaft steckt die Mentalität, die man braucht, um schwierige Situation zu meistern.“
Dass diese Mannschaft in der Bundesliga auch wettbewerbsfähig ist, steht für den Bochumer Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Peter Villis außer Zweifel. Während er bei der Bekanntgabe der Freistellung von Thomas Reis noch vermisst wurde („Manchmal hat man auch noch andere Schwerpunkte als den VfL Bochum“), ließ es sich Villis jetzt nicht nehmen, ein Loblied auf dessen Nachfolger zu singen: „Thomas Letsch wird uns signifikant helfen, dass die Mannschaft wieder so spielt, wie wir das kennen. Er ist kein Feuerwehrmann. Wir wollen mit ihm die Zukunft gestalten und sind überzeugt, dass wir aus der aktuellen Tabellensituation herauskommen und uns nach oben entwickeln.“
"Wichtig ist eine klare Struktur"
Letsch selbst ließ keine Zweifel, wo er aktuell ansetzen will – an der Defensivarbeitt. Eine klare Struktur und Kompaktheit gegen den Ball sind die ersten Dinge, die er seinem neuen Team einimpfen will. „Darauf legen wir den Fokus, das muss immer die Basis sein.“ Und das sind auch die Dinge, die Patrick Fabian als Geschäftsführer Sport von dem Schwaben jetzt erwartet: „Wichtig ist, dass die Mannschaft eine klare Struktur aufgezeigt bekommt und einen klaren Rahmen auf den Platz mitbekommt, der eingehalten werden muss.“ Dazu brauche es ein hohes Maß an Kommunikation von Trainerseite aus. „Dazu ist Thomas Letsch in der Lage, so dass am Ende auf dem Platz alle in eine Richtung denken“, ist Fabian überzeugt.
Der neue Cheftrainer, der einige Jahre im Red Bull-Kosmos in Salzburg aktiv war, bevor es ihn über Aue und Wien nach Arnheim verschlug, bezeichnet sich selbst auch als kommunikativ: „Man muss die Spieler heutzutage mitnehme. Ich möchte, dass sie von dem Fußball überzeugt sind, den wir spielen.“ Man könne im Fußball nur Erfolg haben, „wenn Du einen Draht zu Deiner Mannschaft hast – aber ich bin mit Sicherheit kein Kumpeltyp.“
"Erfahrung hat noch nie geschadet"
Dass er bei Vitesse Arnheim eine extrem junge Mannschaft trainiert hat, jetzt beim VfL aber auf eine der ältesten Mannschaften trifft, spielt für Letsch keine Rolle: „Die Altersstruktur ändert an Herangehensweise nichts. Die Struktur muss stimmen, die Ausgeglichenheit im Kader, die Mentalität – dann ist es egal, du 32 oder 19 Jahre alt bist.“ Mit Blick auf den Abstiegskampf sieht der Familienvater sogar einen Vorteil darin, mit gestandenen Spielern zusammenarbeiten zu könne: „In kritischen Situationen hat Erfahrung noch nie geschadet.“
Toto Losilla und Manuel Riemann gehörten so auch zu den Personen, die Letsch schon vor dem ersten Training kontaktierte. Sonst aber hat der neue Mann bewusst darauf verzichtet, zu viele Informationen über die Profis einzuholen: „Ich will unvoreingenommen an die Sache herangehen.“
Dreierkette und hohes Pressing?
Das gilt auch für die taktische Ausrichtung. Auf seiner letzten Station Vitesse Arnheim agierte der Esslinger zwar mit einer Dreierkette. „Die Grundordnung ist aber nicht entscheidend, sondern klare Prinzipien mit und gegen den Ball.“ Zudem sei die Idee zwar immer, „hoch zu pressen und den Gegner zu ärgern. Es ist immer attraktiv für die Zuschauer, den Gegner zu attackieren.“ Ebenso sei es aber auch eine Option, zugunsten einer größeren Kompaktheit tiefer zu stehen. „Wir werden das sicher variabel halten“, kündigte Letsch an. „Wichtig ist immer, dass wir es mit aller Konsequenz tun.“
Das Spiel mit dem Ball will Thomas Letsch zwar nicht vernachlässigen: „Wir haben eine Mannschaft, die Fußball spielen kann.“ Dieser Aspekt hat aber aktuell keine Priorität und kündigt sich eher als „Winter-Projekt“ an. Denn an eine Aufholjagd des VfL im Schnellverfahren glaubt auch der neue Trainer nicht und denkt den Klassenerhalt eher langfristi8ger: „Es geht nicht darum, das Feld sofort aufzurollen, sondern sukzessive bis zum Winter heranzukommen.“ Dann könne man den Winter und die lange WM-Pause nutzen, nachzujustieren – auch im Spiel mit dem Ball.
Und wenn es am Ende doch nicht zum Klassenerhalt reicht? Was wird dann aus Letsch, der sich bis 2024 an den VfL gebunden hat? „Der Vertrag gilt auch für die 2. Liga - und dann kann ich mir auch das sehr gut vorstellen.“
Autor:Dietmar Nolte aus Dortmund-West |
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