Kulturzentrum mit neuem Vorstand auf neuen Wegen
Frischer Wind für den Bochumer Kulturrat
"Man hätte sich sicherlich einen besseren Zeitpunkt gewünscht, um die Arbeit zu übernehmen." Sigi Domke, Sprecher des neu formierten Vorstandes des Bochumer Kulturrates, macht kein Hehl daraus, dass der Start in Pandemiezeiten alles andere als einfach war. Dennoch haben die neuen Verantwortlichen ihr Ziel fest vor Augen: Frischen Wind in das soziokulturelle Zentrum im Bochumer Norden zu bringen, das Angebot behutsam zu verjüngen und für neue Besuchergruppen attraktiv zu machen.
"Es geht nicht um eine 180-Grad-Wende", macht Sigi Domke deutlich. Denn bei allen Änderungen dürfe nicht das verloren gehen, was den Kulturrat ausmacht. Ende der 1980er Jahre gegründet, umspannt das Programm Literatur, Musik, bildende Kunst und Theater. Daran soll auch in Zukunft nicht gerüttelt - wohl aber neue Schwerpunkte gesetzt werden.
So etwa im Bereich der Musik: "Derzeit kommen bei uns vor allem historische Musikstile zum Zug: Gypsy Swing, Blues, Boogie." Damit lassen sich aber nur schwer neue, junge Zuschauer erreichen. "Aber auch da gibt es junge Musiker, die die Grenzen erweitern und in andere Richtungen blicken, etwa Lulo Reinhardt, der musikalisch auch schon mal nach Indien blickt und Weltmusik einfließen lässt. Und auch im Singer-Songwriter-Bereich gibt es viele junge Musiker." Junge Künstler soll man in Zukunft verstärkt auf der Bühne des Kulturrates erleben können. "Wir haben eine Programmkommission gebildet, die alle Entscheidungen trifft."
Neuer Vorstand gewählt
Schon im November war der neue Vorstand in sein Amt gewählt worden: Renato Liermann führt nunmehr als Vorsitzender die Geschicke des Vereins, ihm zur Seite stehen Susanne Felsberg als zweite Vorsitzende, Dr. Monika Oliva als Kassiererin und Jörg Schäfers als Protokollführer. Das Quartett ergänzt Sigi Domke - bekannt als Mitbegründer und Autor von "Herbert Knebels Affentheater" und Autor erfolgreicher Ruhrgebiets-Komödien für den Mondpalast - als Sprecher. Damit wurde der "Generationenwechsel" an der Lothringer Straße endgültig vollzogen: Ilse Kivelitz - zusammen mit ihrem 2010 verstorbenen Mann Gerd Mitbegründerin des Bochumer Kulturrats - legte ihren Vorstandsposten nieder und gab ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten in die Hände ihrer Nachfolger. Fast 33 Jahre lang hatte sie die Geschicke des Haues mit seinen derzeit 14 Gruppen und Einzelkünstlern geführt. Künftig wird sie dem Verein als Ehrenmitglied erhalten bleiben.
"Ilse Kivelitz hat unglaublich viel getan", macht Sigi Domke deutlich. "Jetzt wollen wir diese Last auf mehrere Schultern verteilen und einiges umstrukturieren." So will etwa das neue Team in Zukunft verstärkt daran arbeiten, den Kulturrat auch überregional bekannter zu machen und Besucher aus den umliegenden Städten anzuziehen. "Ich selbst bin erst regelmäßiger Gast geworden, nachdem ich mit meiner Frau nach Gerthe gezogen bin. Zuvor war ich in all den Jahren nur einmal hier, obwohl Essen ja auch nicht weit weg ist", bekennt Domke.
Neue Formate
An Traditionsveranstaltungen soll festgehalten werden, gleichzeitig will sich das Haus für neue Formate öffnen: "Wir wollen gerne hier auch dem Theater mehr Raum geben", blickt Theatermann Domke in die Zukunft. "Und musikalisch kann ich mir gut vorstellen, auch mal in andere Ecken dieser Welt zu blicken - Süd- und Mittelamerika etwa kommen bislang definitiv zu kurz, dabei gibt es auch hierzulande viele Künstler aus diesem Bereich." Grundsätzlich aber wolle man aufpassen, sich nicht mit anderen Veranstaltern in Bochum unnötig Konkurrenz zu machen. "Wir haben den Vorteil, dass wir so klein sind und sich Künstler und Publikum daher immer sehr nahekommen - auch nach den Veranstaltungen. Da entspinnen sich oft Begegnungen - und genau das macht den Reiz des Kulturrats aus." Lesungen, Vorträge und natürlich die Ausstellungen in den Räumen des Kunstvereins sollen auch künftig das Programm komplettieren.
"Das Programm für 2021 ist bereits durchgeplant, besteht aber überwiegend aus den verschobenen Terminen des letzten Jahres", gewährt Domke einen Einblick hinter den Kulissen. "Die ersten Monate im Amt hat der neue Vorstand in erster Linie damit verbracht, Termine zu verschieben und Hygienepläne aufzustellen - um sie dann immer wieder der geänderten Lage anzupassen. Das hatten wir uns anders vorgestellt."
Frische Farben halten Einzug
Die aktuelle Zwangspause wird genutzt, um den Kulturrat auch optisch zu verjüngen: "Neue und freundliche Farben sollen Einzug halten, die Erinnerungsstücke an die Bergbauvergangenheit weniger werden." Auch eine neue Website ist in Arbeit und zusätzlich sollen kleine Image-Filme produziert werden, die das gesamte Kulturmagazin und die darin ansässigen Künstler vorstellen. Viel Arbeit also: "Mehr, als man sich das zunächst vorstellt", gibt Sigi Domke zu. Eines aber ist den Verantwortlichen klar: "Die Verjüngung wird nicht von heute auf morgen gehen, das ist ein Prozess, der Zeit braucht."
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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