Friedhelm Funkel über Coach, Neuzugänge und Perspektiven beim VfL Bochum
"Das Trainerteam verdient Vertrauen"
Friedhelm Funkel ist der Rekordtrainer im deutschen Fußball, der insgesamt sechsmal mit einer Zweitligamannschaft in die Bundesliga aufgestiegen ist - ausgerechnet mit dem VfL Bochum gelang ihm das 2011 in der Relegation ganz knapp nicht. Im Exklusiv-Interview mit dem Stadtspiegel schätzt der 67-Jährige die Perspektiven des VfL ein und lobt Trainer Thomas Reis.
Von Dietmar Nolte
Friedhelm Funkel, wie nah sind Sie noch dran am VfL Bochum?
Friedhelm Funkel:Wenn man bei einem Verein gearbeitet hat, verfolgt man schon intensiv, was dort passiert. Zumal dort alte Weggefährten von mir in der Verantwortung stehen wie Sebastian Schindzielorz, Peter Greiber oder Jürgen Dolls. Ich habe mich sehr gefreut, dass Bochum aufgestiegen ist. Das Stadion, die Fans, der Zusammenhalt - der VfL ist einfach ein toller Klub, das habe ich in meiner Zeit als Trainer dort noch mehr gespürt.
Trotz der bescheidenen finanziellen Möglichkeiten spielt der VfL jetzt in der Bundesliga - und Schalke nur in der Zweiten Liga...
Jeder bekommt das, was er verdient. Schalke hat in den letzten Jahren so viel falsch gemacht, dass der Abstieg fast zwangsläufig war. Der VfL hat solide gewirtschaftet, konnte sportlich aber trotz teils guter Leistungen lange nicht ganz oben angreifen. Umso höher ist es zu bewerten, dass sie den Aufstieg jetzt so souverän geschafft haben - dank einer tollen Trainerarbeit von Thomas Reis. das muss man ganz klar so sagen! Er trägt das VfL-Blut in sich, hat die Mannschaft erst stabilisiert und dann mit ganz viel Ruhe und Besonnenheit, manchmal auch impulsiv und explosiv, zusammen mit seinem Trainerteam in die Spur gebracht.
Was muss der VfL jetzt tun, um in der Ersten Liga zu bleiben?
So weiter arbeiten wie bisher und die Ruhe bewahren. Es werden sicher auch mal drei, vier Spiele kommen, die du verlierst. Dann die Ruhe zu bewahren, ist das A und O. Dieses Trainerteam um Thomas Reis verdient Vertrauen. Er hat wirklich einen fantastischen Job gemacht. Es waren schwierige Charaktere in der Mannschaft, die er in die Spur gebracht hat. Dass auf den VfL eine schwere Saison wartet, weiß jeder. Aber Bielefeld hat es vorgemacht, dass man auch als Außenseiter die Klasse halten kann. Einige Mannschaften, die in der letzten Saison um den Klassenerhalt gekämpft haben, werden das auch jetzt wieder tun - der 1. FC Köln, der FC Augsburg und eben Bielefeld. Das sind neben Greuther Fürth für den VfL Bochum die Gegner im Kampf um die Klasse.
Wie wichtig war es, mit den Neuverpflichtungen wie der von Elvis Rexhbecaj auch die Erfahrung im Kader zu erhöhen? Viele Bochumer kennen die Erste Liga noch gar nicht.
Auch jüngere Spieler müssen irgendwann ihre Erfahrungen sammeln, aber du brauchst schon Spieler, die das auch mitbringen. Mit Elvis Rexhbecaj hat man einen sehr guten Spieler geholt, den ich ja aus Köln noch gut kenne. Er ist ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler und genau der Typ, den der VfL braucht. Er bringt Erfahrung mit, Torgefahr und kann im zentralen Mittelfeld alle Positionen spielen. Ähnliches gilt für Eduard Löwen, der auch flexibel einsetzbar ist und die Bundesliga kennt.
Also fällt Ihre Transferbilanz beim VfL positiv aus?
Insgesamt finde ich die Neuzugänge für den Rahmen, der dem VfL zur Verfügung steht, sehr positiv. Da hat Sebastian Schindzielorz mit seinem Team gute Arbeit geleistet. Wenn es Thomas Reis jetzt gelingt, daraus wieder eine Mannschaft zusammenzuschweißen, die gemeinsam durch dick und dünn geht, dann hat der VfL in der Bundesliga gute Erfolgsaussichten auf den Klassenerhalt.
Würden Sie dem VfL auch raten, den offensiven Spielstil aus der Zweiten Liga defensiver anzupassen?
Man tut sicher gut daran, erstmal stabil zu stehen. Situationsbedingt kannst du natürlich auch das eine oder andere Mal hoch pressen. Aber das gegen Mannschaften wie Bayern und Dortmund zu machen, das wäre schon sehr, sehr mutig. Wenn diese Mannschaften und diese Spieler Platz haben, dann kannst auch gleich mal fünf, sechs Gegentore kassieren.
Werden Sie in der neuen Saison auch mal live im Stadion verfolgen, wie sich der VfL schlägt? Und wie sieht es eigentlich mit einer Fortsetzung Ihrer Trainerkarriere aus?
Ich werde mir nicht mehr verrückt jedes Spiel angucken, diese intensiven Zeiten sind vorbei. Ich bleibe natürlich interessiert, und wenn es möglich ist, werde ich mir auch gerne mal wieder eine Partie im Stadion ansehen - sicher auch beim VfL, wo ich mich immer sehr wohl gefühlt habe. Aber gerade am Wochenende bin ich auch gerne mal auf dem Tennisplatz. Und ob ich nochmal irgendwo irgendwann als Trainer etwas mache, das ist völlig offen.
Autor:Sabine Beisken-Hengge aus Essen-Ruhr |
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