Organspende: Die Chance auf Leben

Prof. Dr. Richard Viebahn bedauert den starken Rückgang der Organspender. | Foto: knappschaftskrankenhaus bochum
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Schwerkranken Menschen kann durch eine Organtransplantation die Chance auf ein längeres Leben eröffnet werden. Vorausgesetzt, es gibt Menschen, die zu einer Organspende bereit sind.

Prof. Dr. Richard Viebahn, der in der Chirurgischen Universitätsklinik des Knappschaftskrankenhauses Bochum tätig ist, hat sich Zeit genommen die, um die wichtigsten Fragen rund um die Spende zu beantworten.

Stadtspiegel Bochum: Was ist eine Organtransplantation genau?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Unter der Organspende versteht man die Übertragung eines gesunden Organs von einem Organspender auf einen todkranken Empfänger.

Stadtspiegel Bochum: Welche Organe können gespendet werden?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Ein Organ kann generell erst dann gespendet werden, wenn bei einem potenziellen Spender der Hirntod offiziell festgestellt ist, das Herz aber noch schlägt. Gespendet werden können Niere, Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Wenn der Herztod eingetreten ist, können zusätzlich die Hornhäute der Augen gespendet werden.

Stadtspiegel Bochum: Welche Vorerkrankungen schließen eine Organspende aus?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Bei Krebserkrankungen ist eine Organspende generell ausgeschlossen. Weiterhin sind schwere Infektionen ein Ausschlusskriterium, wenn sich die Keime noch in der Blutbahn befinden.
Bei HIV-Infektionen tritt ein gesonderter Fall ein: So können Organe infizierter Spender an ebenfalls an HIV leidende Empfänger gespendet werden. Das Gleiche gilt für Organspender und -empfänger mit Hepatitis C.

Stadtspiegel Bochum: Gibt es eine Altersgrenze für Organspender?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Das ist sehr unterschiedlich. Bei der Spende einer Niere gibt es so gut wie gar keine Altersgrenze. Auch die Leber ist nicht vom Alter des Spenders abhängig. Vielmehr werden beide Organe auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft, um dann eine Entscheidung im Sinne der Empfänger zu treffen.
Bei der Spende des Herzens sollte das 70. Lebensjahr nicht überschritten werden. Für die Bauchspeicheldrüse ist das 60. Lebensjahr die Obergrenze. Für die Lunge gibt es keine feste Altersgrenze, sondern einen vielseitigen Funktionstest. Außerdem wird die Krankheitsgeschichte des Spenders genau überprüft.

Stadtspiegel Bochum: Gibt es einheitliche Regeln für die Organspende innerhalb Europas?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Nein, es gibt keine einheitlichen Richtlinien. In Deutschland sind alle Bundesländer verbindlich an das Transplantationsgesetz gebunden. In Mitteleuropa gelten hingegen andere Richtlinien. So ist in Belgien und den Niederlanden auch eine Organspende nach dem Eintreten des Herztodes gestattet. Die Verteilungsrichtlinien sind in ganz Europa allerdings recht ähnlich.

Stadtspiegel Bochum: Was empfehlen Sie hinsichtlich des Umgangs mit dem Organspendeausweis?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Grundsätzlich sollte man den Organspendeausweis immer im Portemonnaie mit sich führen. Um zu gewährleisten, dass eine eventuelle Organspende im eigenen Sinne verläuft, sollte man zusätzlich mit dem Ehepartner, Verwandten und Freunden explizit über das Thema sprechen.
Das deutsche Transplantationsgesetz erlaubt eine Botenfunktion durch nahestehende Personen aus dem unmittelbaren Umfeld des Verstorbenen. So reicht auch eine mündliche Auskunft Dritter, um eine Organspende rechtlich durchführen zu dürfen.

Stadtspiegel Bochum: Wer entscheidet über die Vergabe der Spenderorgane?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Die Stiftung Eurotransplant, mit Sitz im holländischen Leiden, verfügt über die Wartelisten. Hier wird am Computer ein Score ermittelt, der sich aus Wartezeit und der Entfernung zwischen dem Spenderorgan und dem Empfänger ergibt. Auf dieser Grundlage wird der Empfänger bestimmt. Das schließt eine Beeinflussung, zum Beispiel durch den Versicherungsstatus, grundsätzlich aus.

Stadtspiegel Bochum: Wie viele Organspenden gab es 2013 in Bochum?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
In Bochum In Bochum stellten 6 Menschen nach dem Hirntod ihre Organe zur Verfügung. Außerdem gab es zehn Lebendspenden. Bei Lebendspenden ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Spender im ersten oder zweiten Grad mit dem Empfänger verwandt ist, Ehepartner ist oder aber eine tiefe Bindung zwischen beiden Parteien nachweislich vorhanden ist.

Stadtspiegel Bochum: Bitte schildern Sie unseren Lesern doch den genauen Ablauf einer typischen Organspende.
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Zunächst muss ein Empfänger offiziell bei Eurotransplant gelistet werden. Hierzu sind eine Reihe Voruntersuchungen nötig.
Die Gruppe der Organspender ist sehr gering, da viele Patienten über den Herztod sterben und damit eine Transplantation ausgeschlossen ist. Sollte ein Patient für Hirntod erklärt werden, so muss dieser zunächst eindeutig bestimmt werden. Als nächstes wird der potenzielle Spender bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation gemeldet.
Über die Wartelisten wird anschließend ein Empfänger ermittelt. Dann wird überprüft, ob der Empfänger auch transplantabel ist. Ist dies der Fall, wird das Organ entnommen und schnellstmöglich an den Empfänger übermittelt.

Stadtspiegel Bochum: Wie lange muss ein Empfänger auf ein Organ warten?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Das ist unterschiedlich: Beim Herzen und der Lunge beträgt die Wartezeit sechs Monate bis ein Jahr. Für eine Leber muss man wenige Wochen bis sechs Monate warten. Für eine Bauchspeicheldrüse beträgt die Wartezeit ein bis zwei Jahre. Für eine Niere müssen im Durchschnitt sieben Jahre in Kauf genommen werden.

Stadtspiegel Bochum: Welche Konsequenz ergibt sich aus dem Transplantationsskandal?
Prof. Dr. Richard Viebahn:
Leider sind die Wartezeiten noch länger geworden. Die Organspende ist um 30 Prozent zurückgegangen. Deshalb sollte man sich hier und heute für einen Organspendeausweis entscheiden.

Erzählen Sie uns Ihre Geschichte

Ist ein Mensch durch einen Geburtsfehler, eine Krankheit oder einen Unfall auf eine Organspende angewiesen, beginnt oft ein weiter Weg.Lange Wartezeiten kosten Betroffene und Angehörige viel Kraft und Durchhaltevermögen. Auch die Konsequenzen des
Organspendeskandals tragen zu größeren Hürden auf dem zu einem längeren Leben bei. Der Stadtspiegel Bochum ruft daher Betroffene Menschen – solche die ihren Weg hinter sich haben oder auch Organspender selbst –dazu auf, ihre Geschichte zu erzählen. Schreiben Sie bis zum 31. Oktober unter dem Stichwort „Organspende“ an redaktion @stadtspiegel-bochum.de.

Mehr zum Organspendeausweis gibt es hier

Prof. Dr. Richard Viebahn bedauert den starken Rückgang der Organspender. | Foto: knappschaftskrankenhaus bochum
Mit dem Organspendeausweis hat jeder Bürger die Möglichkeit, sich für oder gegen eine Spende zu entscheiden. Auch eine Eingrenzung ist möglich. | Foto: BZgA
Autor:

Lauke Baston aus Wattenscheid

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