Viele Tiere warten auf ein neues Zuhause
Im Bochumer Tierheim wird's eng
"Die Ferienzeit ist immer schwierig", weiß Sabine Srock, stellvertretende Leiterin des Bochumer Tierheims. "Doch in diesem Jahr merkt man, dass die Menschen nach zwei Corona-Jahren wieder mehr Urlaub machen." Die Boxen sind voll - und die Vermittlung von Tieren läuft auf Sparflamme.
Bei den Bewohnern des Bochumer Tierheims, das vom Tierschutzverein Bochum, Hattingen und Umgebung betrieben wird, handelt es sich um Abgabetiere, die aus den unterschiedlichsten Gründen von ihren Besitzern nicht mehr gehalten werden können, aber auch um Fundtiere, beschlagnahmte oder sichergestellte Tiere aus Bochum sowie aktuell noch Hattingen.
Aus einem "Animal Hording"-Fall kamen erst letzte Woche so auf einen Schlag 20 Katzen neu dazu - sie alle sind jetzt auf der Quarantäne-Station, müssen erst einmal entfilzt, entwurmt und geimpft werden. Dabei ist es in den Katzenstuben ohnehin deutlich voller als in den Vorjahren - insgesamt rund 80 Katzen muss das Tierheim derzeit versorgen. "In der Lockdown-Zeit war unsere Katzenstation nahezu leer", erinnert sich Sabine Srock. "Da war die Nachfrage riesig."
Internet-Handel ist problematisch
Mit knapp über 40 Hunden sind derzeit auch alle Boxen voll besetzt. "Bei uns landen ja vor allem die Hunde, die 'schwierig' sind - etwa, weil sie schon älter sind, krank sind oder sich verhaltensauffällig gezeigt haben und schon viele Vorbesitzer hatten", erklärt die Fachfrau. Es ist gerade der während der Corona-Zeit noch mal gestiegene Welpen- und Hundehandel im Internet, der den Tierschützern immer mehr Arbeit bereitet: "So manch einer, der sein Tier im Internet gekauft hat, stellt dann fest, dass in dem putzigen Fellbündel doch ein Hütehund mit drin steckt. Wenn der dann groß wird und sich rassetypisch verhält, ist der Besitzer damit überfordert. Und einen Ansprechpartner gibt es dann nicht mehr." Auch diese Tiere landen dann im Tierheim - und sind nicht so schnell vermittelbar.
Pensionsplätze ausgebucht
Ausgebucht sind bis weit in den August auch die vier Pensionsplätze des Tierheims für Hunde. Auch da sei die Nachfrage in den letzten zwei Jahren deutlich geringer gewesen. Wer einen Betreuungs-Platz für seinen Vierbeiner sicher haben wollte, der musste sich frühzeitig kümmern. "Aber immer noch erreichen uns Anrufe von Menschen, die kurzfristig einen Platz für ihr Tier suchen." Die verweisen Sabine Srock und ihre Kolleginnen und Kollegen dann an kommerzielle Anbieter. "Wir müssen ja auch immer einen Puffer haben, um Fundtiere aufnehmen zu können."
Ziel bei Abgabetieren sei es immer, so die Fachfrau, dass diese so lange wie möglich in ihrem Zuhause bleiben können. "Wir versuchen dann, Vermittlungshilfe zu leisten." Manchmal sei das Vermitteln aus der Familie heraus aber nicht möglich, etwa, wenn Senioren ins Krankenhaus müssen oder Familien mit ihrem Tier überfordert sind. "Finanzielle Gründe spielen bei der Abgabe eines Tieres aber so gut wie nie eine Rolle." Daran habe auch die derzeit angespannte wirtschaftliche Situation noch nichts geändert. "Da spart so manch einer erst einmal bei sich selbst, bevor er sich sein Tier nicht mehr leisten kann."
Und auch dass Menschen ihre Tiere in der Ferienzeit einfach aussetzen, komme immer seltener vor, so die Einschätzung von Sabine Srock. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen.
Kleintiere sind die Corona-Opfer
So wie in diesem Fall, der selbst erfahrenen Tierschützern unter die Haut geht: Sieben winzige Kaninchenbabys, offenbar nur wenige Stunden alt, gefunden in einem Karton. Sie werden jetzt in einer Päppelstelle per Hand groß gezogen, ob sie durchkommen, ist noch ungewiss. Was mit dem Muttertier passiert ist, weiß niemand. "Man muss sich das einfach mal vorstellen: Auch das Muttertier ist doch nun traumatisiert." Ein schlimmer Fall, der doch viel über die aktuelle Situation verrät: "Wenn es Corona-Opfer gibt, dann sind das sicherlich die Kleintiere", ist Sabine Srock überzeugt. "Da ist häufig die Bindung der Menschen zu ihrem Tier nicht so intensiv, der Stellenwert nicht so hoch und die Hemmschwelle, es einfach auszusetzen, deutlich geringer." Die Zahlen geben ihr Recht: Rund 60 Kleintiere leben derzeit im 2021 neu eröffneten Kleintierhaus.
Vermittlung mit Termin
- Während der Lockdown-Zeit hat das Tierheim Bochum seine Vermittlung umgestellt: Wer sich für ein Tier interessiert, kann zunächst telefonisch oder per Mail Kontakt aufnehmen, sich informieren und einen Termin während der Öffnungszeiten vereinbaren.
- "Dieses Verfahren hat sich für uns bewährt", berichtet die stellvertretende Tierheim-Leiterin. "So haben wir individuell Zeit für den jeweiligen Interessenten, können ihn beraten und ihm die Tiere zeigen." Vorher hätten die Mitarbeiter oft zwischen mehreren Interessenten und Beratungsgesprächen hin und her springen müssen. "So ist es viel ruhiger und entspannter für alle Seiten und die Vermittlungsqualität profitiert eindeutig davon."
- Telefonisch ist das Tierheim Bochum, Kleinherbeder Straße 23, unter Ruf 0234/295950 (mo, di, do, fr, 14 - 17 Uhr, mi, sa, so 11 - 14 Uhr) zu erreichen, per Mail unter info@tierheim-bochum.de.
Für Besuche im Tierheim ist eine vorherige Anmeldung unbedingt erforderlich!
Die Kleintiere haben im letzten Jahr ein eigenes Haus auf dem Tierheimgelände bekommen. Ein Glück, denn der zusätzliche Platz wird aktuell dringend benötigt. Nur eine der derzeit so vielen Katzen im Tierheim ist Tabby, die auf eine neue Familie hofft. Viele ihrer Artgenossen sind aktuell noch auf der Quarantäne-Station, können noch nicht vermittelt werden.
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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