Das Seniorenbüro Nord setzt auf Nachhaltigkeit und Vielfalt

Martina Houben (l.) und Sarah Abbasi stehen der Generation 55+ im Bochumer Norden mit Rat und Tat zur Seite.
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Nähmaschinen, Lampen, Staubsauger, Radios – das sind die Geräte, die im Repair Café im Seniorenbüro Nord am häufigsten zur Reparatur gebracht werden. Dirk Eggers, Uwe Külpmann und Bernd Heußner, die ihre handwerklichen Fähigkeiten nutzen, um für andere instand zu setzen, was zu schade zum Wegwerfen ist, erzählen nicht ohne Stolz: „Bisher haben wir 230 Reparaturen durchgeführt – an 63 verschiedenen Arten von Geräten. An jedem Termin werden acht bis zehn Geräte hergerichtet.“ - Das kostenfreie Angebot findet einmal monatlich statt. Unlängst wurden bei der 25. Auflage auch eine Zitruspresse und eine Küchenmaschine wieder funktionsfähig gemacht.

„Das Seniorenbüro Nord, das für Hiltrop/Bergen, Gerthe, Harpen und Kornharpen zuständig ist, besteht jetzt seit dreieinhalb Jahren“, erzählt Sozialarbeiterin Martina Houben. Gemeinsam mit Sarah Abbasi steht sie Ratsuchenden ab 55 Jahren im Domizil des Büros in der Nähe des Gerther Marktplatzes zur Seite. „Das Ganze“, erklärt Houben, „steht unter dem Motto 'Gut und selbstbestimmt alt werden im Quartier'.“
Das Seniorenbüro will sich damit bewusst von der traditionellen Altenarbeit, wie es sie etwa in Kirchengemeinden gibt, abheben. Houben erläutert, was das bedeutet: „Wir helfen selbstorganisierten Netzwerken, sich zu treffen und ein Angebot zu organisieren. Es handelt sich schließlich um erwachsene Menschen. So werden wir auch unser Montagsfrühstück in die Selbstorganisation übergeben. Selbstorganisierte Angebote funktionieren langfristig oft besser als klassische Ehrenamtsarbeit, bei der qualifizierte Personen einen Kurs anbieten. Unsere Spielegruppe ist selbstorganisiert. Menschen, die sich nach einem arbeitsreichen Leben wünschen, umsorgt zu werden, sprechen wir mit unseren Angeboten weniger an. Denen ist unser Montagsfrühstück, bei dem man Butterbrot oder Müsli selbst mitbringen muss, zu unkonventionell. Da prallen unterschiedliche Wünsche aufeinander.“ - Wer an einem solchen Frühstück Gefallen findet, kann gleich noch bei der Smartphonesprechstunde mehr über den Umgang mit moderner Telekommunikationstechnik erfahren.

Spielen und basteln

Elke Schönfeld hat die Leitung des Spieletreffs übernommen. „Brettspiele wie Domino stehen ebenso auf dem Programm wie Skat“, erzählt sie. Sie selbst hat immer gern gespielt und freut sich deshalb über Spenden: „Eine Frau hat uns nach dem Tod ihres Mannes sein Scrabble überlassen.“ - Jutta Huels hatte die Idee für eine Bastelgruppe, die auch Ideen umsetzt, die dem Trend des Upcyclings entsprechen. „Wir stellen Portemonnaies aus Tetrapacks her“, erzählt sie. Die Öffnung zum Ausgießen, mit der Milch- und Safttüten versehen sind, dient als Verschluss der originellen Geldbörse. „Anleitungen“, verrät Huels, „findet man im Internet.“
Der Ansatz, vermeintlichen Abfall in schöne Dinge zu verwandeln, ist ganz in Martina Houbens Sinn. „Nachhaltigkeit ist uns ein wichtiges Anliegen“, gibt sie die Richtung vor. Ökologische Gesichtspunkte sind für das selbstorganisierte Repair Café leitend. Ein anderes Herzensprojekt der Sozialarbeiterin hat sich dagegen bislang nicht umsetzen lassen: „Ich wollte eine Bibliothek der Dinge, also einen Leihladen, etablieren, in den Menschen Gegenstände einstellen können, die sie nur selten brauchen. Es hat sich aber leider keine Gruppe gebildet, die bereit war, das Ganze umzusetzen. Die Zeit ist dafür wohl noch nicht reif.“

Visionen für die Zukunft

Was nicht ist, kann ja noch werden: Wie soll sich das Seniorenbüro Nord in den nächsten zehn Jahren entwickeln? - Martina Houben hat da eine klare Vorstellung: „Alle sollen dann wissen, dass das Seniorenbüro die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um bürgerschaftliches Engagement, Patientenverfügung und Grundsicherung ist. Ich denke, dass es in 20 Jahren keine Frage mehr sein wird, dass man sich für die eigenen Belange einsetzt. Die Menschen werden sich den Sozialraum zurückerobern – mit Projekten wie der 'essbaren Straße', bei der Kräuter angepflanzt werden.“
Nachhaltigkeit ist das eine Zauberwort – Diversity das andere. „Wir haben Schwule und Lesben im Blick. Es gibt immer noch viele Vorurteile: Ist eine Frau in Trauer, wird immer noch automatisch vermutet, der Ehemann sei gestorben. Es kann aber auch die Lebensgefährtin sein – oder einfach eine gute Freundin. Da ist Sensibilität gefragt“, plädiert Houben.

Positiver Wettbewerb der Bochumer Seniorenbüros

Zu einem Ansatz, der der Verschiedenartigkeit von Menschen Rechnung trägt, passt auch der Umstand, dass das Seniorenbüro Nord von der Stadt Bochum und dem Verein „Psychosoziale Hilfen“, der Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen anbietet, gemeinsam getragen wird. „Andere Seniorenbüros“, weiß Martina Houben, „pflegen andere Schwerpunkte. So widmet sich Südwest besonders den dementiell Erkrankten. Auf diese Weise ergänzen wir uns: Das ist keine Konkurrenz, sondern positiver Wettbewerb. Die Wandergruppe ist übrigens über die Stadtteile hinweg vernetzt – jeder ist willkommen.“
Im Stadtteil Gerthe ist das Seniorenbüro inzwischen ein fester Bestandteil. „Wir tragen zu einer lebendigen Nachbarschaft bei. Die Boule-Bahn ist ein wichtiger Anziehungspunkt – erste Gruppen haben sich bereits gebildet.“ - Auch mit dem Initiativkreis Gerthe (InGe), einer Vereinigung von Gerther Einzelhandelskaufleuten, besteht eine enge Zusammenarbeit. „Bei Festen von InGe sind wir vom Seniorenbüro oft mit einem Stand vertreten“, erzählt Houben. Das passt zu einer ihrer weiteren Leitlinien: „Durch Kooperationen können wir auch jüngere Zielgruppen erreichen.“
„Ich lerne durch meine Arbeit im Seniorenbüro selbst sehr viel, was ich später, wenn ich in Rente bin, anderswo einbringen kann“, sagt Martina Houben.

Infos
Das Seniorenbüro Nord, Quartier 55+, Gerther Straße 20, ist unter Tel.: 91288842 und der E-Mail-Adresse: senioren@psh-bochum.de erreichbar. Infos gibt es im Internet unter www.psh-bochum.de.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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