Telefonaktion von Stadtspiegel Bochum und AOK Nordwest
Bewegung ist das A und O für gesunde Beine und Venen - Experten beantworteten Leserfragen
Zahlreiche Anrufer aus Bochum brachten die Telefondrähte zum Glühen: Sie nutzten die Gelegenheit, sich bei der Telefonaktion des Stadtspiegels und der AOK Nordwest von dem Venenexperten Prof. Dr. Markus Stücker und dem AOK-Bewegungsspezialisten Kevin Fron zu akuten Venenleiden und Möglichkeiten der Vorbeugung beraten zu lassen.
Die wesentlichen Antworten auf die Leser-Fragen aus unserer Telefonaktion haben wir für Sie zusammengefasst:
Sind Krampfadern behandlungsbedürftig oder nur ein Schönheitsfehler?
Krampfadern sind keine bloßen Schönheitsfehler: Bei einem Durchmesser über drei Millimetern Dicke haben Krampfadern ein erhöhtes Risiko, Oberflächenthrombosen oder Hautkomplikationen zu entwickeln und sind daher häufig behandlungsbedürftig. Sogenannte Besenreiser (erweiterte Venen bis ein Millimeter Dicke) und retikuläre Venen (erweiterte Venen bis drei Millimeter Dicke) sind primär meistens ein ästhetisches Problem, können aber auf ein in der Tiefe bestehendes, medizinisch relevantes Venenleiden hinweisen.
Schwellungen und Schweregefühl sind erste Anzeichen
Was sind erste Anzeichen für eine Venenschwäche?
Erste Anzeichen einer medizinisch relevanten Venenschwäche sind neben sichtbaren Krampfadern von mehr als drei Millimetern Durchmesser auch Beschwerden in Form von Schwellungen und Schweregefühl des Unterschenkels.
Sollten Krampfadern behandelt werden, obwohl keine Beschwerden
auftreten?
Krampfadern von mehr als drei Millimetern Dicke führen zu einem erhöhten Thromboserisiko und sollten daher auch dann behandelt werden, wenn keine Beschwerden auftreten. Insbesondere beim
schlanken und sportlichen Männerbein treten Beschwerden oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium eines Venenleidens auf, während beim Frauenbein, welches typischerweise etwas weicheres Bindegewebe aufweist, Beschwerden wie Schwellungen und Schweregefühl eher auftreten.
Wann handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung?
Zeichen einer ernsthaften Erkrankung sind auf der einen Seite akute Komplikationen wie eine Oberflächenthrombose oder eine tiefe Thrombose, auf der anderen Seite chronische Komplikationen in Form von Hautschädigungen. Hierzu gehören Braunfärbungen durch Eiseneinlagerungen im Bereich des Unterschenkels, Hautausschläge mit Rötung und Schuppung, sogenannte Ekzeme, narbige Veränderungen mit Verhärtungen der Haut und des Unterhautfettgewebes und als schwerste chronische Komplikation das offene Bein (Ulcus cruris).
Vielfältige Behandlungsmöglichkeiten
Welche Behandlungsmöglichkeiten und welche Alternativen gibt es
zu einer Operation?
Bei einem behandlungsbedürftigen Krampfaderleiden gibt es außer der operativen Behandlung auch nicht-operative Behandlungsmethoden. Die Beschwerden können durch die Einnahme von Venenmedikamenten gelindert werden. Kompressionsstrümpfe stellen eine wirkungsvolle Therapie der venenbedingten Beschwerden dar und können häufig akute Komplikationen wie Thrombosen, aber auch chronische Komplikationen in Form von Hautveränderungen verhindern. Neben den operativen Behandlungsmethoden (Ziehen der Venen und Laserbehandlung der Venen) können Krampfadern auch mit einer Verödungsbehandlung behandelt werden. Hierbei wird ein Medikament in die Venen eingespritzt,n wodurch der körpereigene Abbau der Krampfadern angeregt wird.
Ist eine Venenuntersuchung schmerzhaft?
Venenuntersuchungen werden heute schmerzlos mit nicht-invasiven Funktionsmessungen und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Diese Untersuchungen können ambulant und schmerzfrei vorgenommen werden.
COVID 19-Erkrankung erhöht das Risiko
Ist das Risiko eines Venenleidens zum Beispiel durch Thrombosen
in Corona-Zeiten größer, weil Arztbesuche eher vermieden werden?
Ein wichtiger Risikofaktor für Thrombosen ist Bewegungsmangel. Gerade zu Zeiten der Kontaktbeschränkungen reduziert sich der Bewegungsradius der Menschen messbar. Hierdurch steigt das Risiko, Thrombosen zu erleiden. In den letzten Monaten kam es häufiger vor, dass Patienten erst sehr spät mit ihren Beinbeschwerden zum Arzt gegangen sind und dann eine ungewöhnlich ausgedehnte Thrombose diagnostiziert werden musste. Auch Patienten, deren unbehandelte Krampfadern Krampfaderblutungen entwickelt haben, kamen häufiger in die Ambulanzen. Patienten
mit einer COVID 19-Erkrankung haben übrigens ein besonders erhöhtes Risiko, Thrombosen und Lungenembolien zu erleiden.
Ist vermehrtes Homeoffice gerade in Corona-Zeiten schädlich für unsere Venen?
Vermehrtes Homeoffice kann die tägliche Bewegung reduzieren. Daher sollte man die Zeit, die man durch den wegfallenden Weg zur Arbeitsstätte und zurück einspart, in Bewegungsaktivitäten investieren. Hier sind Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten wie Joggen, Nordic Walking,
Fahrradfahren ratsam.
Wie kann man Venenerkrankungen vorbeugen?
Zwei Dinge sind besonders wichtig: Bewegung und normales Körpergewicht. Durch Bewegung, insbesondere beim Sport durch Nordic Walking, Jogging, Fahrradfahren und Schwimmen, wird die Wadenmuskelpumpe aktiviert und der Rückstrom des sauerstoffarmen Blutes aus den Beinen zum Herzen hin gefördert. Diese Beweglichkeit ist bei normalem Gewicht effektiver. Bei starkem Übergewicht kann das Fettgewebe am Bauch die Venen im Bauch und am Oberschenkel abdrücken, so dass der Rückstrom des sauerstoffarmen Blutes zum Herzen gehemmt wird.
Sport und Bewegung sind die beste Vorsorge
Kann man trotz einer Venenschwäche Sport treiben?
Ja, sollte man sogar, denn Sport tut gut! Dies gilt für Patienten mit Venenerkrankungen sogar noch mehr, als für gesunde Menschen. Insbesondere Sportarten, die die Beinmuskeln beanspruchen,
unterstützen das Venensystem bei seiner wichtigsten Funktion: dem Rücktransport des Blutes zum Herzen. Denn durch die Kontraktionen der Muskulatur wird die Muskelpumpe aktiviert, die das venöse Blut in den Beinen Richtung Herz transportiert, auch im Sitzen und Stehen und damit entgegen der Schwerkraft. Sich regelmäßig sportlich zu betätigen, hilft zudem dabei, ein normales Körpergewicht zu halten und eventuell Übergewicht zu reduzieren. Denn Übergewicht kann sowohl die Entstehung als auch das Fortschreiten von phlebologischen Krankheitsbildern wie der tiefen Beinvenenthrombose oder der chronischen venösen Insuffizienz fördern.
Warum hilft Bewegung und welche genau? Welche Bewegungsübungen?
Optimal für das Lymph- und Venensystem sind alle Sportarten, bei denen die Beine unter Wasser bewegt werden. Dazu gehören Schwimmen, Wassergymnastik oder Aqua-Jogging. Der dort herrschende Wasserdruck verringert den Durchmesser der venösen Blutgefäße und hat damit den gleichen Effekt wie eine Kompressionstherapie. Hinzu kommt noch, dass sich die Venenwände durch die im Verhältnis zur Körpertemperatur geringere Temperatur im Wasser zusammenziehen. Dies unterstützt den Abstrom des Blutes und entlastet die Venen. Aber auch außerhalb des Wassers steht eine Vielzahl „venenfreundlicher“ Sportarten zur Wahl. Dazu gehören Wandern, Walken oder Nordic
Walking mit Stöcken, leichtes Joggen, Inline-Skating, Tanzen, Aerobic, Fitnesstraining an Ausdauergeräten wie Stepper, Laufband oder CrossTrainer. Ihr gemeinsames Merkmal besteht darin, dass sich die Muskeln in den Beinen und insbesondere die Wadenmuskeln dabei gleichmäßig und rhythmisch kontrahieren. Gleiches gilt auch für das Radfahren. Hier sollte die Sitzhaltung allerdings möglichst aufrecht sein um ein Abknicken der Venen im Leistenbereich zu verhindern. Im Winter eignen sich Skilanglauf und Wanderungen im Schnee als passende Alternativen. Für eine kurze Sporteinheit zwischendurch am Arbeitsplatz oder zu Hause bietet sich eine Gymnastik an.
Welche Angebote haben die Krankenkassen?
Qualitätsgeprüfte Präventionskurse werden kostenmäßig zu 80 bis 100
Prozent von den Krankenkassen übernommen. Die AOK Nordwest bietet ein eigenes „bleibgesund“ – Kursprogramm mit zertifizierten Präventionskursen an. Ideale Kurse für Personen mit einer
Venenschwäche in diesem Programm sind: Aquafitness, Nordic Walking oder Kraftworkout im Studio. Aber vielleicht gibt es auch individuelle Lösungen, die in einer Bewegungs- oder Ernährungsberatung entwickelt werden können.
Autor:Sabine Beisken-Hengge aus Essen-Ruhr |
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