Zustrom an Flüchtlingen stellt Stadtverwaltung vor Probleme

Das Haus in der Bessemerstraße könnte für die nächsten zehn Jahre ein Flüchtlingsheim werden. Zuvor müsste es saniert werden. | Foto: Gerhäußer
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der erwarteten Flüchtlinge für 2015 angehoben: Anstatt 47 000 werden nun bis zu 53 000 Menschen erwartet. In Bochum geht man aufgrund des Zuweisungsschlüssels davon aus, dass anstatt 900 nun bis zu 1700 Flüchtlinge ankommen werden.

Durch den vermehrten Zustrom an Flüchtlingen aus dem Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien wird die Stadt auch in diesem Jahr über ein reines Krisenmanagement bei der Unterbringung von Flüchtlingen kaum hinauskommen: „Wir werden nicht ohne weitere mobile Wohneinheiten und nicht mehr ohne Turnhallen auskommen. Neue Übergangseinrichtungen müssen geschaffen werden“, erklärt Sozialdezernentin Britta Anger. Die Lösung sei nicht optimal, aber die Situation erfordere es. Ursprünglich war man noch im Januar von etwa 900 Flüchtlingen ausgegangen. Die Zahl könnte sich nach den jüngsten Schätzungen fast verdoppeln.

Liste mit Standorten in den Stadtbezirken
Aus diesem Grund hat der Arbeitskreis Asyl der Stadt eine Liste mit Immobilien oder Container-Standorten als Vorschlag an die Bezirksvertretungen weitergegeben. „Jeder Bezirk soll gleich belastet werden“, verspricht die Sozialdezernentin. Dabei werde nicht nur die Einwohnerzahl herangezogen, auch soziale Gesichtspunkte sollen berücksichtigt werden. Die Liste ist allerdings lediglich ein Vorschlag an die Bezirksvertretungen. Wenn bessere Lösungen vonseiten der Bezirke oder gar Privatpersonen aufgezeigt werden, sei die Stadtverwaltung dafür offen, sagt Anger.

Konkrete Planung hat begonnen
An einem Standort ist die Planung schon vorangeschritten: In der Bessemerstraße laufen derzeit konkrete Verhandlungen mit dem privaten Eigentümer eines Gebäudes mit zirka 120 Plätzen. Nach einer Kernsanierung könnte hier für zehn Jahre ein Flüchtlingsheim entstehen. Standorte mit langer Laufzeit sind wichtig, um auch jetzt schon für die kommenden Jahre vorzusorgen und langfristige Lösungen im Auge zu behalten. Denn auch wenn schnell gehandelt werden muss, so möchte die Stadtverwaltung ein Umquartierungskarussell vermeiden. In Dahlhausen, in der Straße Am Sattelgut, steht den Bewohnern Ende des Jahrs möglicherweise ein solcher erneuter Umzug bevor, wenn der Mietvertrag nicht verlängert wird. „Wir müssen jetzt schon Container ordern, auch wenn wir noch nicht wissen, wo wir sie aufstellen werden“, erklärt Ute Bogucki, Leiterin des Amtes für Soziales und Wohnen. Aufgrund der bundesweit angespannten Situation seien die Wohn-Container ebenso rar wie etwa geeignete Immobilien. Deshalb müsse man die Zeit sinnvoll nutzen, bis die Diskussionen um die jeweiligen Standorte abgeschlossen seien. „Wir wollen als Stadtverwaltung wieder agieren – nicht mehr nur reagieren“, so Bogucki. Trotz aller Voraussicht und Planung sei mit der Umsetzung ohnehin nicht vor der zweiten Jahreshälfte zu rechnen, ergänzt Britta Anger.

Mit den Kosten alleingelassen
Nicht nur die Unterbringung stellt für die Stadt eine große Bürde dar, auch die Finanzierung ist für die knappe Haushaltskasse eine echte Herausforderung. 770 Flüchtlinge kamen 2014 nach Bochum. Die Unterbringung und Versorgung verursachte Kosten in Höhe von 12 Millionen Euro. An finanzieller Zuweisung von Bund und Land erhielt die Stadt lediglich 3 Millionen Euro. „Aufgrund der Flüchtlingsgipfel hat sich die Zuweisung für 2015 auf 5 Millionen Euro erhöht. Allerdings halten wir aufgrund der neuen Zahlen Kosten von über 15 Millionen Euro für realistisch“, schildert die Sozialdezernentin. Die 5 Millionen seien lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, fügt Bogucki hinzu. Problematisch sei auch, so Anger, dass die Zuweisung immer nur zum 1. Januar eines Jahres verrechnet werde. Der Zustrom an Flüchtlingen aus dem Kosovo begann erst nach dem Stichtag und wird folglich erst nächstes Jahr einbezogen. „Die Kommunen müssten von Bund und Ländern mehr Unterstützung erhalten“, sagt Bogucki resigniert. Allein die Gesundheitsaufwendungen hätten 2014 die Zuweisung von 3 Millionen Euro aufgezehrt. „Das Land unterstützt gesundheitliche Maßnahmen erst ab einem Betrag von 70 000 Euro pro Person im Jahr. Dabei sind die Gesundheitsleistungen längst nicht auf dem Niveau eines Kassenpatienten.“

Unterstützung ungebrochen
Die Stadt Bochum ist dennoch bemüht, die Situation mit Blick auf den Einzelfall zu lösen. So werden derzeit Wohnungen dauerhaft eingerichtet und nur passend vergeben. „Wenn eine fünfköpfige Familie in die Wohnung passt, dann wird sie dort auch untergebracht“, so Bogucki. Es soll, wo möglich, schnell Ruhe und Sicherheit für die Betroffenen einkehren. Erfreulich sei das ungebrochene Engagement der Bochumer Bürger. Da müsse man manchmal eher bremsen als anschieben.

Lesen Sie über das bürgerschaftliche Engagement mehr im Artikel Kleiderkammer ist hoch frequentiert.

Autor:

Harald Gerhäußer aus Bochum

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