Wie teuer wird der Kauf der Opel-Flächen für Bochum werden?

Opel Werk II/III | Foto: Stahlkocher, Wikipedia

Während das Gezerre bei Opel zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern weiter geht, scheint auch die Gesellschaft, die für neue Firmenansiedlungen auf den frei werdenden Werksflächen von Opel sorgen soll, nicht recht voran zu kommen.

Eigentlich sollten gemäß Beschluss des Rates bereits erste Ergebnisse zu den auf den Flächen befindlichen Altlasten vorliegen. Eine diesbezügliche Veröffentlichung lässt jedoch weiter auf sich warten (Vorlage 20131569).

Weiterhin völlig offen ist daher auch, zu welchem Preis Opel die Flächen an die Entwicklungsgesellschaft (Bochum Perspektive 2022) bzw. die Stadt verkaufen will. Dass Opel der Stadt die Flächen schenken will, wie von den Ruhrnachrichten verbreitet, entbehrt jedenfalls jeder Grundlage (RN vom 16.07.13).

In seinem Schreiben vom 11.07.13 erklärt Opel etwas ganz anderes: Die Übertragung der Flächen soll zu einem zu ermittelnden Marktwert erfolgen, der die Restriktionen in Zusammenhang mit der Entwicklungsaufgabe berücksichtigt (Opel Schreiben vom 11.07.2013).

Von einer Schenkung ist in dem Brief also ganz und gar nicht die Rede. Hier hat es die Bochumer Lokalpresse leider mal wieder an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen und hat unreflektiert eine falsche dpa-Meldung ins Blatt geschrieben.

Jetzt stellt sich die Frage, wie teuer werden denn die Flächen am Ende werden? Und wer wird den Kaufpreis aufbringen? Und wann werden die Flächen in der Hand der Stadt bzw. der Entwicklungsgesellschaft Perspektive 2022 sein?

Diese Fragen sind völlig offen. Es geht insgesamt um 1.700.000 qm Fläche, wenn man alle drei Werke zusammen nimmt. Der Sanierungsbedarf für Werk I (500.000 qm) wird derzeit vorsichtig auf 40 Mio. Euro geschätzt (Opelz-Blog vom 09.06.13). Hochgerechnet auf die Gesamtfläche würde das Sanierungskosten von 136 Mio. Euro bedeuten. Wie hoch die Kosten für die Sanierung tatsächlich sind, soll Ende des Jahres feststehen. Opel hat zur Schätzung der Kosten bereits Gutachter beauftragt.

Hinzu kommen Kosten für die Herstellung von verkaufsfähigen Gewerbeflächen u.a. um die bisher ungegliederten Flächen aufzuarbeiten. Beim Biomedizinpark sind hierfür inklusive Sanierung Kosten von 280 Euro pro qm angefallen. Das würde nach Abzug des Sanierungsanteils weitere Kosten in Höhe von 340 Mio. Euro bedeuten.

Zu diesen Beträgen ist dann wiederum hinzuzurechnen der Verkaufspreis, den Opel für die Fläche erlösen will. Das Wertermittlungsverfahren zur Ermittlung des Kaufpreises soll transparent, unabhängig und im Einvernehmen mit der Stadt Bochum erfolgen, heißt es unverbindlich im Schreiben von Opel.

Aber genau hier liegt ein großes Risiko für die Stadt, wie das Beispiel Antwerpen zeigt. Auch hier hat Opel ein Werk aufgegeben, und zwar bereits Ende 2010. Doch kaufen konnte die Stadt die Werksfläche bis heute nicht, da man sich mit Opel bzw. General Motors (GM) nicht über einen Verkaufspreis einigen konnte (flanderninfo.be vom 21.08.13). Antwerpen bot 30 Mio.. GM wollte 90 Mio.. Ein Gutachter schätzte den Wert auf 43,6 Mio.. Doch auf diesen Preis will sich GM nicht einlassen. Problem in Antwerpen, GM sitzt am längeren Hebel. Will Antwerpen die Fläche (900.000 qm) für neue Unternehmensansiedlungen nutzen, dann muss sie diese zunächst kaufen. GM kann dagegen warten, bis die Stadt einknickt und den gewünschten Preis zahlt. So geht der Poker in Antwerpen über den Kauf des Grundstückes nun schon fast 3 Jahre. Die Flächen stehen derweil leer und sind für die Stadt nicht nutzbar.

Dieses Beispiel zeigt zweierlei. Mit GM ist nicht zu spaßen. Aller Voraussicht nach wird dieselbe Abteilung des Konzerns, die mit Antwerpen den Grundstücksverkauf abwickelt, das auch in Bochum tun. Zweitens wird GM um jeden Preis einen seiner Meinung nach angemessenen Verkaufspreis einfordern und nichts verschenken, wie vielleicht naive Lokalpolitiker oder Lokalreporter glauben mögen.

Die Sanierung, Entwicklung und Vermarktung der Flächen soll die Entwicklungsgesellschaft Bochum Perspektive 2022 übernehmen, die gehört zu 51% der Stadt und zu 49% Opel. Den Geschäftsführer stellt Opel, die Betriebskosten in Höhe von 21,6 Mio bis 2022 werden entsprechend der Gesellschafteranteile zu 51% von der Stadt und zu 49% von Opel getragen. Dass Land wollte sich an dieser Gesellschaft nicht beteiligen. Unternehmensgegenstand ist zumindest derzeit (noch) nicht der Kauf der Opelflächen.

Wer also kauft die Flächen? Die Stadt alleine wird aufgrund ihrer desaströsen finanziellen Lage die erforderlichen Beträge niemals aufbringen können. Also werden Fördermittel des Landes fließen müssen. Aber in welcher Höhe? Wie groß wird der Eigenanteil der Stadt sein?

Rechnet man grob die Kosten für die Sanierung (136 Mio.), die Aufbereitung der Flächen (340 Mio) und einen geschätzen Kaufpreis von 68 Mio. (bei 40 Euro pro qm) hinzu, wären insgesamt 544 Mio. Euro aufzubringen. Bei einem zu erwartenden Verkaufserlös der Flächen von 170 Mio. Euro, wenn man einen üblichen Verkaufspreis von 100 Euro pro qm zu Grunde legt, verbliebe netto ein Finanzbedarf von 374 Mio., ohne dass Finanzierungskosten eingerechnet wären. Müsste die Stadt davon nur 10 bis 20% tragen, wäre das für Bochum immer noch eine gigantische Summe. Darüber, wie groß der aufzubringende Betrag tatsächlich sein wird und wo dieser her kommen soll, schweigen sich Politik und Verwaltung bisher aus.

Was aber insbesondere fehlt, ist ein Vertrag mit Opel, der verbindlich festlegt, wie jetzt weiter vorgegangen werden soll. Das Schreiben von Opel ist rechtlich völlig unverbindlich, darauf weist Opel am Ende auch sehr deutlich hin (Opel Schreiben vom 11.07.2013).

Verbindlich zu regeln ist, wer welche Kosten in welcher Höhe wann zu tragen hat und wer Kosten und Werte unabhängig ermittelt. Damit vermeidet man Geschacher und Poker wenn unabhängige Gutachter dann die tatsächlichen Werte und Kosten ermittelt haben. Auch ein verbindlicher zeitlicher Fahrplan, der insbesondere festschreibt, wann die Flächen an wen verkauft werden, muss vertraglich vereinbart werden. Sonst geht die Stadt das Risiko ein am Ende genauso belämmert dazu stehen wie Antwerpen jetzt.

Opel darf nicht in die Position kommen, den Preis für die Flächen zu diktieren, weil Bochum diese um jeden Preis kaufen muss, um darauf neue Unternehmen ansiedeln zu können.

Volker Steude,
BÄH - Bochum ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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