Artistin Iryna Hladka in Sorge um ihre Familie

Wie in einem Alptraum

"Ich muss jetzt stark sein." Doch das Starksein, es fällt Iryna Hladka schwer. Die junge Ukrainerin kämpft mit den Tränen. Kein Wunder, denn die Sorge um ihre Familie und Freunde daheim ist groß. Iryna ist Artistin und mit ihrer Hula-Hoop-Nummer ein Star der aktuellen Show "Golden Times" im Varieté "et cetera". Doch auch wenn die Show an diesem Wochenende zu Ende geht, wird Iryna in Bochum bleiben. Denn zuhause, da ist Krieg.

"Meine Mutter lebt im Zentrum der Ukraine, fühlt sich noch relativ sicher, denn die russischen Truppen dringen von außen vor", berichtet Iryna. Ihre Eltern seien getrennt, der Vater lebe aber ganz in der Nähe. Letztes Jahr im Frühjahr hat sie beide das letzte Mal gesehen, war danach in verschiedenen Engagements in Europa unterwegs. Natürlich habe sie mit ihrer Mutter auch über die Möglichkeit der Flucht gesprochen, aber: "Die Schlangen vor den Grenzen sind lang - drei, vier Tage stehen die Menschen dort. Und außerdem hat meine Mutter ein Haus mit vielen Tieren - da kann man nicht so einfach gehen."
Der russische Einmarsch sei für ihre Eltern und viele ihrer Freunde vollkommen überraschend gekommen. "Ich habe den Eindruck, hier bei uns ist mehr über die angespannte Situation berichtet worden als in der Ukraine selbst."
Dankbar ist Iryna Hladka dafür, dass die Telefon- und Internetverbindungen zu ihren Eltern noch funktionieren und die großen Telefon-anbieter das Telefonieren dorthin inzwischen kostenlos anbieten. So kann die Familie in Kontakt bleiben - auch mit dem Bruder, der derzeit in der tschechischen Republik arbeitet. "Er ist in Sicherheit, aber auch er sorgt sich, wie wir unseren Eltern helfen können."
Froh ist Iryna, dass sie auch über ihr Engagement im "et cetera" hinaus weiter in Riemke bleiben kann und ihr Künstlerapartment nicht räumen muss. Denn die Betroffenheit angesichts des russischen Angriffskrieges, sie ist auch im Bochumer Varieté groß: "Wir haben in all den Jahren immer viele Künstler aus der Ukraine und auch Russland bei uns gehabt, viele Kontakte dorthin", erzählt Mit-Geschäftsführerin Silvia Cabello. "Und auch unser langjähriger Techniker Vasiliy stammt aus der Ukraine, daher sind wir nah dran." Keine Frage war es daher, derzeit nicht benötigte Künstlerapartments für Ankommende zur Verfügung zu stellen. "Wir haben derzeit noch weitere vier freie Apartments, die wir jetzt hergerichtet haben, um Menschen bei uns aufzunehmen."
"Es fühlt sich an wie ein Alptraum. Doch er ist real", berichtet Iryna mit brüchiger Stimme. "Ich bekomme Videos von meinen Freunden, wie sie in Kiev in U-Bahn-Stationen Schutz suchen." pe