U35-Verlängerung steht vor dem Aus – Keine Aussicht auf Fördermittel
Dass die Verlängerung der U35 von der Ruhr-Universität zur Unterstraße wenig Nutzen bei viel zu hohen Kosten haben würde, darüber waren sich die Verkehrsexperten und die Ruhr-Universität (RUB) bereits seit Vorschlag des Projektes durch die Stadt einig (LK vom 26.02.17).
Nutzen-Kosten-Verhältnis für die U35-Verlängerung beträgt nur 0,29
Jetzt stellt sich heraus, die von Stadt und Bogestra zur Ermittlung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses vorgelegte Berechnung entspricht nicht dem vorgeschriebenen Verfahren. Wird die Berechnung des NKU-Wertes mit den Formularblättern durchgeführt, die gemäß Verfahrensleitung zur Standardisierten Bewertung von Verkehrsinfrastrukturprojekten zwingen zu verwenden sind, ergibt sich ein NKU-Wert von nur 0,29 (NKU-Berechnung gemäß Formblatt E1). Der Nutzen entspricht nicht mal einem Drittel der Kosten.
Gemäß gültiger Verfahrensanleitung zur Standardisierten Bewertung müssen zur Berechnung des NKU-Wertes die Nutzwerte (Kostenersparnisse durch abnehmende Emissionen, Unfälle, Reisezeiten und weniger PKW-Betrieb) abzüglich der ÖV-Gesamtkosten für den Betrieb und die Unterhaltung der neuen Linie ins Verhältnis zum Kapitaldienst für die Investition in die ortsfeste Infrastruktur (Schienenweg, Haltestellen, Brücken u.ä.) gesetzt werden.
Im von der Stadt beauftragten Gutachten zur U35-Verlängerung werden jedoch allein die Nutzwerte ins Verhältnis zu den ÖV-Gesamtkosten gesetzt (Vergleich der NKU-Wert-Berechnungen). Der Kapitaldienst für die ortsfeste Infrastruktur (1.925,60 TEuro) fließt fälschlicher Weise gar nicht in die Berechnung ein. Der im Gutachten angegebene NKU-Wert von 1,23 beruht somit auf einer falschen Berechnung.
U35-Verlängerung ist nicht förderfähig
Um vom Land gefördert zu werden muss der NKU-Wert für eine Nahverkehrsinvestition über 1,00 liegen. Mit 0,29 erreicht die U35-Verlängerung den benötigten Wert nicht annähernd. Ohne Fördermittel müsste die Stadt die Investitionskosten in voller Höhe (über 100 Mio. Euro, einschließlich P+R und Betriebshof) alleine aufbringen. Das gibt der städtische Haushalt nicht her. Damit ist die U35-Verlängerung nicht realisierbar.
Warum wurde die falsche Berechnung des NKU-Wertes nicht erkannt?
Es stellt sich die Frage, hat der Gutachter aus eigenem Antrieb falsche Berechnungen des NKU-Wertes vorgelegt oder wurde er von der Stadt bzw. der Bogestra dazu veranlasst? Wollte jemand durch falsche Berechnungen den Bau der U35-Verlängerung erzwingen?
In beiden Fällen entwickelt sich das Vorgehen zu einer Blamage für die Stadt und die Bogestra. Bereits mit Anfrage vom 25.04. hatte die Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ auf die fehlerhafte Berechnung hingewiesen (Anfrage 20171123). Spätestens hier hätten alle Alarmglocken bei der Verwaltung laut schrillen müssen. Man hätte die Kalkulation des Gutachters nachrechnen müssen, stattdessen versuchte man von dem Problem abzulenken (Mitteilung 20171123). Man weigerte sich partout selbst nachzurechnen. So entsteht der Verdacht, dass man in dieser Weise antwortete, weil man das Ergebnis der korrekten Berechnung schon kannte.
Die Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ hatte jedoch bereits vor ihrer Anfrage die Berechnung des NKU-Wertes gemäß Verfahrensanleitung für die Standardisierte Bewertung vorgenommen und ihre Berechnung verschiedenen Verkehrsexperten vorgelegt (Präsentation der Berechnung gemäß Verfahrensanleitung). Auch bei den Verkehrsexperten der Grünen kamen nunmehr massive Zweifel an den Nutzen-Kosten-Berechnungen im städtischen Gutachten auf. Folgerichtig richten auch die Grünen nunmehr für die Ratssitzung am 18.05. eine Anfrage an die Verwaltung, in der sie die falsche Berechnung des NKU-Wertes im vorliegenden Gutachten offen legen (Anfrage Die Grünen).
SPD und CDU hingegen fiel das Problem zunächst gar nicht auf. Hier hinterfragt man Beschlussvorlagen der Verwaltung traditionell selbst dann nicht, wenn die dazu angegebenen Begründungen kaum übersehbar auf tönernen Füßen stehen. Die Aussage, dass die U35-Verlängerung für Kosten von über 100 Mio, sich rechnen könnte, hätte bei allen Fraktionen sofort erhebliche Zweifel wecken müssen. Dass die Kalkulationen des Gutachters und die Beschlussvorlage mindestens geschönt wurden, war offensichtlich (LK vom 26.02.17).
Das Projekt wirft viele Fragen auf. Wie halten es einige Ratsfraktionen mit ihrer Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren? Wer ist verantwortlich für die falschen NKU-Werte? Verwaltung, Bogestra oder der Gutachter? Wie konnte die falsche NKU-Wert-Berechnung selbst nach direktem Hinweis darauf, unentdeckt bleiben?
Jetzt müssen Stadt und Verwaltung lückenlos aufklären, wie es zu den Fehlern kommen konnte. Hier darf nichts unter den Teppich gekehrt werden.
Machbarkeitsstudie zur Untersuchung aller möglichen Lösungen
In der Sache muss endlich die von Ruhr-Universität, VCD und der Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ geforderte Machbarkeitsstudie auf den Weg gebracht werden, bei der alle möglichen Lösungen geprüft werden, die geeignet sind die vier großen Herausforderungen der Bochumer Nahverkehrsplanung (Entlastung U35, Verbindung RUB – Langendreer, Verbindung RUB – Mark 51°7, Anbindung Hochschule) im Bochumer Süd-Osten zu lösen (LK vom 17.04.17)
Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
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Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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