Ziel: 20 Prozent geringerer Verbrauch
Stadt Bochum dreht an der Energieschraube
Mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket will die Stadt Bochum spürbar Energie einsparen. Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Dr. Eva-Maria Hubbert, zuständige Dezernentin für die Zentralen Dienste der Stadt, haben jetzt die wichtigsten Maßnahmen vorgestellt. Mit 30 Einzelmaßnahmen soll ein großes Ziel erreicht werden: 20 Prozent der von der Stadtverwaltung Bochum verbrauchten Energie einzusparen - das entspricht einer Summe von 26 Millionen Kilowattstunden (kWh).
"Wir müssen alarmieren, aber nicht alarmistisch sein", bringt es Oberbürgermeister Thomas Eiskirch auf den Punkt. Angesichts einer möglichen Gasmangellage in Deutschland in diesem und womöglich auch im nächsten Winter dreht die Stadt Bochum an der Energieschraube: "20 Prozent weniger Verbrauch", so lautet die Zielvorgabe. "Auch wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dieses Szenario zu verhindern", macht Eiskirch deutlich.
Schon vor den Ferien hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, nach Einsparpotentialen gesucht und ist fündig geworden. Die Maßnahmen verteilen sich auf sechs Bereiche: Heizung, Warmwasser, Klima und Lüftung, Beleuchtung, individuelle Einsparungen bei den Mitarbeitern sowie Kommunikation. „Mit den Maßnahmennutzen wir die Möglichkeiten der neuen, ab September geltenden Rechtsverordnung", erläutert Eva-Maria Hubbert den rechtlichen Rahmen.
Nur noch 19 Grad Raumtemperatur
Größter Posten ist dabei die Heizung in den städtischen Gebäuden - Rathaus, Verwaltungsgebäude, aber auch Schulen und Kitas. Allein hier sollen 15,6 Mio. kwh eingespart werden, was bereits einem Minus von 12 Prozent entspricht. So sollen alle Räume im Schnitt ein Grad kühler werden, die Temperatur in den Büros künftig bei maximal 19 Grad liegen und die Heizungen nicht mehr manuell höher gestellt werden können. Spezielle Thermostate verhindern das. Teilweise sind sie bereits vorhanden und werden an anderen Standorten nachgerüstet. An anderen Standorten wird die Begrenzung schon von vornherein über die Heizungsanlage geregelt. "Die städtischen Gebäude sind auf einem ganz unterschiedlichen Standard, wir haben Neubauten mit intelligenter Gebäudetechnik, aber auch noch Objekte mit veralteter Technik", erläutert Hubbert. Die Heizungsanlage im historischen Rathaus etwa ist so ein "Schätzchen". Klar ist aber auch: Die Heizperiode wird auf November bis März (bislang: Oktober bis April) verkürzt und im historischen Rathaus wird nur noch in der Kernzeit zwischen 7.30 und 18.30 Uhr geheizt.
"Wir müssen alle ein Stück unsere Komfortzone verlassen", schwört Bochums Stadtoberhaupt Mitarbeitende der Verwaltung, aber auch Nutzer, Schüler und Lehrer auf die kommende Zeit ein. In den Verwaltungsgebäuden etwa werden private Elektrogeräte vom Strom genommen; Klimaanlagen werden ausgeschaltet. Wo das nicht möglich ist, werden Temperaturen angepasst.
In den städtischen Turnhallen soll es zwei Grad kühler werden. Warmwasser wird es in den Duschen dort aber weiterhin geben - anders als an vielen Handwaschbecken mit Untertischgeräten in Verwaltungsgebäuden. 1,3 Mio kwh will man im Warmwasserbereich insgesamt einsparen. Auch dadurch, dass in Schwimmbecken die Wassertemperatur um ein bis zwei Grad gesenkt wird. "Genau wie bei den Sporthallen muss man dabei natürlich genau hinschauen, wie sie genutzt werden", macht Eva-Maria Hubbert deutlich, "und die jeweiligen Temperaturen davon abhängig machen."
Aber auch weniger offensichtliche Einsparpotentiale hat die Arbeitsgruppe gefunden: So soll im Krematorium künftig im Drei-Schicht-Betrieb mit einem Ofen gearbeitet werden, statt bisher im Zwei-Schicht-Betrieb mit zwei Öfen. Energieintensives Aufheizen wird so vermieden. Und die Gebäudereinigung soll vermehrt während der Arbeitszeit geschehen, statt in den dunklen Morgen- und Abendstunden.
Öffentliche Gebäude werden dunkel
Bei der Beleuchtung hat man ein Einsparpotential von rund 2,6 Mio. kwh ausgemacht. "Wir gucken, wo wir die Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden ausschalten können - allerdings ohne dadurch neue dunkle Ecken oder Angsträume zu schaffen", betont die Dezernentin.
„Wir fangen aber natürlich nicht bei Null an“, hebt Eiskirch hervor. „Wir haben seit mehreren Jahren das Thema Energiesparen im Blick.“ So setzen seit September 2019 die Zentralen Dienste ihre Projekte auf der
Grundlage der „Leitlinie Nachhaltige Energetische Standards“ um. Bereits 2020 informierte eine Videokolumne die Beschäftigten der Stadt über praktische Nachhaltigkeitstipps für den Alltag. Im gesamten Stadtgebiet wurden zudem bereits 11.200 Straßenlaternen auf energiesparende LED-Technik umgerüstet, 600 weitere Laternen folgen.
Energie sparen beim Weihnachtsmarkt
Die Stadttöchter und städtischen Gesellschaften sind in der Verantwortung, ebenfalls 20 Prozent ihres Energieverbrauchs einzusparen. So sollen beispielsweise besonders energieverbrauchende Veranstaltungen gestrichen werden: Die BoVG hat den Eissalon Ruhr in der Jahrhunderthalle bereits gestrichen und plant stattdessen, die Jahrhundert über den Jahreswechsel für ein Roll-Event mit Rollschuhen und Inlinern zu nutzen. Und Bochum Marketing soll 20 Prozent Energie beim Weihnachtsmarkt einsparen. "Nach dem Musiksommer werden wir uns intensiv mit dem Thema auseinander setzen", so BoMa-Sprecher Christian Krumm auf Nachfrage. Denkbar sei es etwa, bei der Dauer der Einschaltzeit der Weihnachtsbeleuchtung zu kürzen. Diese sei in den letzten Jahren aber schon weitestgehend auf LED umgerüstet worden. Schon in den letzten Jahren habe man beim Weihnachtsmarkt stets auf mehr Nachhaltigkeit geachtet, da könne man jetzt ansetzen.
Die Wasserwelten Bochum haben die Wassertemperatur in den Schwimmbädern bereits jetzt um ein bis zwei Grad gesenkt. Auf besondere Nutzungen wie
Senioren- oder Babyschwimmen wird Rücksicht genommen.
Die Stadtwerke Bochum verzichten unter anderem, wo es nicht notwendig ist, auf die Beleuchtung von Gebäuden und setzen bei der Umstellung
der Gebäudeleittechnik auf moderne KI-Technik. Auch die Raumtemperatur in den
Gebäuden wird zentral auf 19° C begrenzt, um damit den eigenen Wärmebedarf um
rund zwölf Prozent oder umgerechnet mindestens 300.000 Kilowattstunden Erdgas pro
Jahr zu senken.
Die Sparkasse Bochum hat 100 Selbstbedienungs-Automaten in den zur Sicherheit vor Sprengungen über Nacht verschlossenen Foyers
abgeschaltet. Ebenfalls sind verschiedene energetische Baumaßnahmen zum
Beispiel zur Gebäudedämmung und Erneuerung von Fenstern in Arbeit.
Die Bochum Wirtschaftsentwicklung rüstet ihre Immobilienebenfalls auf LED-Technik um. Darüber hinaus sind aktuell Photovoltaik-Anlagen
für bestehende und neue Gebäude in Arbeit und eine Prüfung alternativer
Heizungsmöglichkeiten läuft bereits.
Die VBW Bauen und Wohnen GmbH ändert Temperatur und Heizzeiträume.
Wettbewerb zum Sparen
Mit Kampagnen und Wettbewerben an Schulen soll zum Energiesparen animiert werden: "Wir brauchen die Unterstützung von allen", macht Eiskirch deutlich. Gerade Kinder seien Multiplikatoren - und könnten aus den Schulen hinein in die Familien wirken.
- Eine Übersicht über alle Maßnahmen der Stadt Bochum findet sich hier.
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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