SPD vernichtet Tafelsilber – RWE-Aktien wertlos
Die RWE halbiert ihre Dividende. Eine Horrormeldung für jede Stadt, die wie Bochum, RWE-Aktien in großem Stil hält und pleite ist.
Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht. Die 6.600.000 RWE-Aktien der Stadt sind de facto nichts mehr wert. Dem aktuellen Wert der Aktien von 20-25 Euro pro Stück, also insgesamt 132-165 Mio. stehen Kredite in Höhe von fast 140 Mio. gegenüber (Bilanz FHE), mit denen der Aktienkauf einst finanziert wurde. Der Dividende von jetzt nur noch 1 Euro pro Aktie, also pro Jahr 6,6 Mio. stehen ebenfalls Kreditzinsen und –kosten in gleicher Höhe gegenüber. Die Aktien sind somit für die Stadt wertlos geworden, als Tafelsilber haben sie jeden Wert verloren.
2006/07 schlugen kluge Köpfe vor, die Aktien bei einem Kurs von knapp 90 Euro (Höchststand im Dezember 2008 sogar 102,20 Euro) zu verkaufen. Da hätte Bochum einen Bruttogewinn von 450 Mio. erzielen können und die städtischen Schulden auf einen Schlag um mindestens ein Drittel reduzieren können. Jetzt ist absehbar, dass man in einigen Jahren wohl noch drauf zahlen wird, wenn die Dividende weiter sinkt oder die Kreditzinsen wieder steigen. Letzteres ist langfristig als sicher anzunehmen. Dann könnten einer Dividende von 6,6 Mio. Euro plötzlich Kreditkosten in Höhe von 20 Mio. oder noch deutlich mehr gegenüber stehen, denn der aktuelle Kreditzins von einem halben Prozent dürfte als einmalig historisch günstig zu bezeichnen sein.
Auch das Eigenkapital der Stadt ist durch das sinnfreie Festhalten an den RWE-Aktien seit 2007 faktisch um 440 Mio. gesunken. Das sind erschreckende Dimensionen, wenn man bedenkt, dass das Eigenkapital der Stadt aktuell auf etwa 1 Mrd. Euro bilanziert wird und selbst nach optimistischen Prognosen der Stadt 2022 aufgrund der bis dahin andauernden Neuverschuldung bei deutlich unter 400 Mio. liegen soll. Dieses Ziel kann unter den aktuellen Bedingungen schon allein wegen der Geldvernichtung bei den RWE-Aktien wohl kaum erreicht werden. Eine Wertberichtigung von mindestens 100 Mio. Euro steht noch für 2013 an. Die Überschuldung der Stadt wird immer unausweichlicher.
Thomas Eiskirch (Vorsitzender der SPD Bochum) hatte den Befürworter eines Verkaufs der RWE-Aktien 2007 noch ein völlig „falsches Verständnis von nachhaltiger Wirtschafts- und Energiepolitik“ vorgeworfen (16.08.2007). Jetzt wurde er eines besseren belehrt. Nachhaltig ist eine Wirtschafts- und Energiepolitik nicht, wenn man Aktien hält, auch wenn absehbar ist, dass man in Zukunft daran nicht verdienen, sondern drauf zahlen wird. Entscheidend für die Bewertung ist nicht die Vergangenheit, auch wenn man mit den Aktien 10 Jahre gute Gewinne gemacht hat, sondern allein die zukünftige Entwicklung.
Düsseldorf, Unna, Krefeld und einige andere Städte in NRW haben sich durch den Verkauf der RWE-Aktien ganz oder zumindest teilweise saniert, Bochum, Essen und Dortmund sind pleite, haben aber noch wertlose RWE-Aktien in großen Mengen in der Bilanz stehen. Düsseldorf ist schuldenfrei und der Kindergarten kostenfrei, in Bochum steigt die Verschuldung unaufhörlich weiter und die Gebühren für Kindergartenplätze liegen in Deutschland mit an der Spitze.
Was kann die Stadt jetzt tun? "Es gibt keinen Zweifel daran, dass uns schwere Zeiten bevorstehen. Das müssen wir auch bei der Dividendenpolitik berücksichtigen", erklärte jetzt RWE-Chef Peter Terium. Bei den Brokern steht RWE auf „Sell“. Man rät den Kunden, verkauft die Aktien. Als Kursziel werden 18 – 22,50 Euro gehandelt. Die Entwicklung geht also eher noch weiter nach unten als nach oben. Sollte die Stadt also die Aktien jetzt verkaufen, um zukünftige Verluste zu begrenzen? Dann würden sich die Verantwortlichen eingestehen, dass sie gegenüber 2007 440 Mio. Euro leichtfertig verschenkt haben.
Angesichts der düsteren Zukunftsprognosen hat die Stadt aber eigentlich keine Wahl mehr. Noch kann sie mit dem Aktienerlös die Kredite für den Kauf der Aktien ohne größere Verluste tilgen, noch deckt die Dividende gerade die Kreditkosten. Doch wenn jetzt nicht die Reißleine gezogen wird, dann beginnt aller Wahrscheinlichkeit eine Ära des Draufzahlens. Einen permanenten Schuldengenerator kann sich Bochum jedoch nicht leisten. Wäre die Stadt finanziell gesund, könnte man die Entwicklung abwarten und versuchen die schlechten Zeiten bei RWE durchzustehen.
Das Risiko, dass die RWE-Aktien der Stadt, die am finanziellen Abgrund steht, einen fatalen Kick gibt, ist für Bochum zu groß. Die Finanzen einer Stadt wie Bochum, die derart auf Kante genäht sind, lassen keinerlei Risiko (mehr) zu.
Aber ein weiteres ist wichtig. Die RWE-Entwicklung zeigt, die SPD-Hoffnung man könne Stadtwerke und andere städtische Beteiligungsgesellschaften so aufstellen, dass sie insbesondere am Kapital- und Energiemarkt mit Spekulations- und Investitionsgeschäften Gewinne erwirtschaften, die ein Sparen der Stadt überflüssig machen, ist zerplatzt wie eine Seifenblase.
Statt jedes Jahr 20 Mio. Erlöse aus den RWE-Aktie zu erzielen, schreibt man jetzt bestenfalls eine schwarze Null. Statt 10 Mio. Mehrerlösen, wie erhofft, wird die Ausschüttung der Stadtwerke insbesondere aufgrund der Fehlinvestitionen zukünftig wohl 10 Mio. unter den Erwartungen bleiben. Auch der Konsolidierungserlös von jährlich 2,5 Mio. durch die STEAG steht auf der Kippe. Daneben führte die Erhöhung der Gewerbesteuer nicht zu Mehr-, sondern zu Mindereinnahmen. Die Kritikpunkte am Konsolidierungskonzept der Stadt haben sich nichtmal zwei Jahre später leider fast alle bestätigt (Analyse Konsolidierungskonzept).
Der Kurs von Rot-Grün den endgültigen finanziellen Ruin der Stadt abzuwenden taugt nicht. Wie das RWE-Beispiel zeigt, fehlt es sowohl am Willen nachhaltig zu sparen und unpopuläre Entscheidungen zu treffen, als auch an der erforderlichen wirtschaftlichen Kompetenz.
Volker Steude,
BÄH - Bochum ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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