Sparkonzept der Stadt wie Seifenblase zerplatzt
Ende 2011, stolz legt die Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) zusammen mit dem Bezirksregierungspräsidenten Gerd Bollermann (SPD), dass Konsolidierungskonzept vor, dass sie mit der Bezirksregierung ausgehandelt hat.
Der Präsident der Bezirksregierung, Duz- und Parteifreund der OBin verkündete „So konkret und in dem Volumen hat das noch keine Stadt geleistet.“ 51,5 Millionen sollte das Konzept am Ende pro Jahr sparen, um die Stadt vor der endgültigen Pleite zu bewahren (RN vom 15.12.11).
Kritiker hielten das Konzept jedoch für eine Luftnummer und stellten dar, dass die einzelnen Sparmaßnahmen auf unrealistischen Annahmen beruhen und wesentliche Risiken nicht berücksichtigt worden seien (Analyse Konsolidierungskonzept).
Nach zwei Jahren lässt sich nun klären, ob die Kritik berechtigt war. Hier die wichtigsten Punkte:
Bestätigt hat sich der Einwand der Kritiker, dass die im Konsolidierungskonzept aufgestellte Annahme, die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst würden nur 1% pro Jahr betragen, unrealistisch sei. Allein im Zeitraum 2012/2013 werden die Löhne nicht um die kalkulierten 2%, sondern um 6,4% steigen (Süddeutsche vom 01.04.2012).
Moniert wurde weiterhin, dass die Risiken aus der Beteiligung aus den RWE-Aktien im Konsolidierungskonzept nicht korrekt einberechnet wurden. Jetzt trat der befürchtete Risikofall ein. Die Abwertung der RWE-Aktien und damit des städtischen Eigenkapitals um aktuell etwa 100 Mio. Euro steht kurz bevor. Die Einnahmen aus den Aktien decken kaum noch die Finanzierungskosten. Es kommt zu Mindereinnahmen von 7 Mio. pro Jahr (WAZ vom 10.11.2013).
Die Annahme, dass die Erhöhung des Gewerbesteuersatzes zu Mehreinnahmen führt, war realitätsfern. Statt der der erhofften Mehreinnahmen von 5,15 Mio. Euro pro Jahr, sanken die Einnahmen allein im letzten Jahr um 11 Mio (WAZ vom 10.11.2013). Auch dies hatten die Kritiker vorher gesagt.
Ebenfalls eingewendet wurde, dass die Folgen einer wahrscheinlichen Schließung von Opel in dem Konzept nicht einkalkuliert wurden. Voraussehbar trat auch dieser Fall ein, die dadurch verursachten Kosten fehlen im Konsolidierungskonzept. Allein 1,2 Mio. pro Jahr werden mindestens bis 2017 in die noch zu bildende Gesellschaft Bochum Perspektive 2022 fließen (WAZ vom 10.11.2013).
Ebenfalls wurde moniert, dass die mit der städtischen Beteiligung an der Steag verbundenen finanziellen Folgen in dem Konzept unberücksichtigt gelassen wurden. Auch dieses Risiko tritt jetzt ein. Bis 2017, vermutlich schon 2014, muss die Stadt über die Stadtwerke zusätzliche 109 Mio. für die Übernahme weiterer Steag-Anteile aufbringen. Der im Konzept eingeplante Konsolidierungserlös von 2,5 Mio. pro Jahr bleibt damit auf Jahre ein Wunsch. Stattdessen müssen die fälligen 109 Mio. mit weiteren Krediten finanziert werden (98.5 vom 15.11.13).
Die Gewinnabführungen der Stadtwerke sollten um weitere 8,5 Mio. pro Jahr steigen. Stattdessen fielen sie bereits 2013 um 10 Mio. geringer aus als geplant (WAZ vom 10.11.2013). Für die Zukunft wird ein weiteres Abschmelzen der Abführungen befürchtet. Auch hier behielten die Kritiker Recht.
Beim USB sollte die Gewinnabführung um 5,1 Mio. erhöht werden. Dazu wollte man den Betrieb rekommunalisieren. Der USB sollte auf diese Weise die Abführung der Umsatzsteuer umgehen. Die vereinnahmten 19% Mehrwertsteuer sollten statt an den Fiskus in die Stadtkasse abgeführt werden. Dieses Vorhaben ließ die Rechtslage nicht zu, wie es die Kritiker bereits befürchtet hatten.
Die Schließung von 16 Schulstandorten sollte eine Einsparung von 5,1 Mio. bringen. Geschlossen wurden weit weniger Schulen. Auch hier konnten die Einsparungen nicht realisiert werden. Die Kritiker hatten diese Maßnahme zudem immer wieder als zukunftsschädlich für die Stadt kritisiert.
Addiert man nur die dargestellten Fehlkalkulationen auf, lässt sich schnell erkennen, dass das Konsolidierungskonzept nicht mehr als Makulatur ist. Das Ziel mit den aufgeführten Maßnahmen 51,5 Mio. zu sparen war und ist eine Luftnummer. Es entlarvt die mangelnde wirtschaftliche Kompetenz der Beteiligten. Das Konzept war von Anfang nicht mehr als ein Placebo, mit dem vorgetäuscht werden sollte, dass man einen Plan habe, um die aus dem Ruder gelaufenen städtischen Finanzen zu konsolidieren.
Tatsächlich wird erkennbar Stadt und Politik agieren weiterhin planlos, versuchen die immer neuen Löcher mit immer neuen kurzfristige Sparmaßnahmen und Gebührenerhöhungen zu stopfen. Strukturell werden die Probleme indes nicht in Angriff genommen. Eine Reorganisation der Wirtschaftsförderung etwa scheint auch für 2014 nicht vorgesehen zu sein. Geld ist jedenfalls dafür im neuen Haushalt nicht vorgesehen.
Gespart wird auch einfach, indem systematisch die Erhaltung der städtischen Infrastruktur unterlassen wird. Brücken, Straßen, städtische Gebäude, U-Bahn-Stationen und anderes werden einfach nicht saniert und instand gehalten. Die notwendigen Ausgaben werden eingespart. So kann zwar aufgrund der unterlassenen Ausgaben auf dem Papier das finanzielle Defizit in Grenzen gehalten werden, dass Defizit beim Sanierungsstau wächst jedoch stattdessen in schwindelnde Höhen. Das Problem wird nicht gelöst, nur verschoben.
Irgendwann muss auch der Sanierungsstau aufgearbeitet werden, dann werden die zusätzlichen Ausgaben, die jetzt vorsätzlich unterlassen werden, den Stadthaushalt zusätzlich belasten. Die Kosten und Ausgaben werden so auf zukünftige Generationen verlagert. Das ist verantwortungslos.
Dass das Konsolidierungskonzept wie eine Seifenblase zerplatzen würde, war bereits absehbar als es die Oberbürgermeisterin stolz präsentierte. Es stellt sich auch die Frage, warum die örtliche Presse die Kritik verschwiegen hat. Es hat nichts genützt, die Kritiker haben am Ende Recht behalten.
Volker Steude,
BÄH - Bochum ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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