Spaltungspolitik auch in Mietfragen
Bei schönem Herbstwetter diskutierten zwar wenig Montagsdemonstranten, trotzdem war die Debatte wie immer interessant und lebhaft.
Einer der Moderatoren informierte über das Schwerpunktthema "Fusion von Wohnungsunternehmen" und damit verbunden mögliche Nachteile für die Mieter und rief zur Diskussion auf.
Nach einem Montagsdemolied meldete sich eine Rednerin am offenen Mikrofon: "Das große Wohnungsunternehmen Vonovia wird alle leerstehenden Wohnungen demnächst aufwändig sanieren und teuer vermieten. Menschen mit geringem Einkommen wie Hartz IV-Empfänger haben dann so gut wie keine Chance mehr, eine angemessene Wohnung zu finden. Außerdem werden bereits einige Häuser wärmegedämmt. Auch für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen, die zu einer Energieeinsparung führen, können bestehende Mieten bis zu 11% der Modernisierungskosten erhöht werden. Dann kann eine jetzt angemessene Wohnung für einen Bedürftigen nicht mehr angemessen sein. Der Bedürftige muss in vielen Fällen in eine "günstigere Wohnung" umziehen oder das Jobcenter bzw. Sozialamt zahlt nur die "angemessene Miete", so dass die Differenz von dem Regelbedarf getragen werden muss. Dieser ist auch nach der beschlossenen Erhöhung von 5,00 Euro monatlich immer noch viel zu niedrig. Außerdem berichtet die Presse, dass die sanierten Wohnungen bevorzugt an Flüchtlinge vermietet werden soll, da es für die Wohnungsunternehmen staatliche Zuschüsse gibt. Hier wird durch die Medien versucht, auch die Mieter zu spalten".
Ein Redner antwortete: "Vonovia ist durch die Fusion von der Deutschen Annington und Gafah entstanden. Eine weitere Übernahme von der Wohnungsgesellschaft Deutsches Wohnen ist geplant. Damit ist dieser Wohnungskonzern mit rd. 500 000 Wohnungen einer der größten in der EU. Dabei steht selbstverständlich die Profitmaximierung im Vordergrund. Die Kriterien für eine angemessene Wohnung für Flüchtlinge sind jedoch genauso wie bei den einheimischen Bedürftigen, für beide gelten die Vorschriften des SGB II (Hartz IV) bzw. SGB XII (Grundsicherung).
Trotzdem soll hier durch die Medien - wie die Vorrednerin richtig zitierte - bestimmte Bevölkerungsgruppen gespalten werden".
Ein Redner ergänzte: "Als vor einigen Jahrzehnten Flüchtlinge aus dem Osten kamen und hier bevorzugt eine Wohnung erhielten, habe ich diese Menschen nicht angegriffen, weil die Deutschen nur schlecht Wohnraum mieten konnten. Die Ursache lag nicht bei den Flüchtlingen, sondern in der Wohnungspolitik der damaligen Regierung".
"In der aktuellen Flüchtlingssituation klagt die Stadt Bochum über Unterbringungsschwierigkeiten dieser vielen Menschen. Dabei gibt es zahlreiche Gebäudeleerstände, z.B. Verwaltungsgebäude. Diese können mit relativ geringem Aufwand zu Wohnungen umgebaut werden. Ich nenne als Beispiel das Excenterhaus an der Universitätsstraße in Höhe der Arbeitsagentur. Dort stehen 10 Etagen leer. Man müsste nur entsprechend viel Sanitäranlagen einbauen und Küchenräume schaffen. Nach Angaben der Fraktion der Linkspartei im Rat der Stadt sind z.Zt. rd. 2400 Flüchtlinge in Bochum, sogar weniger als bei der letzten Flüchtlingswelle 1990", informierte ein Redner.
"Während Flüchtlinge entgegen bisheriger Zusagen der Stadt nicht in Containern, sondern in Großzelten für längere Zeit untergebracht werden sollen, verprasst die Stadt weiterhin zigtausende Euros für das Prestigeobjekt Musikzentrum", empörte sich eine Rednerin.
"Die Bundesregierung unterscheidet zwischen politischen und wirtschaftlichen Flüchtlingen. Das Asylrecht ist im Schnellverfahren entsprechend geändert worden, so dass die Flüchtlinge aus "sicheren Herkunftsländern" schnell abgeschoben werden sollen. Es wird also zwischen "guten" und "schlechten" Flüchtlingen unterschieden. Wenn jemand flieht, weil er in seinem Heimatland vor allen Dingen durch Kriege nichts mehr zu essen hat, soll er dann zu den "Schlechten" zählen? Die USA, EU, Russland und China fördern durch Waffenlieferungen an Diktaturen geradezu die Kriege, die Folgen sind Verelendung der Bevölkerung und Flucht".
Ein Redner sagte: "Bestimmte Flüchtlinge sind als Arbeitskräfte begehrt. Die Pläne der Konzerne sehen jedoch vor, diese Menschen in Mini bzw. Teilzeitjobs zu beschäftigten mit der Option auf Vollzeitbeschäftigung. Überstunden werden sogar bezahlt, allerdings auf niedrigem Niveau. Wer sich dagegen wehrt, hat keine Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung. Hiermit soll allgemein Druck auf alle Arbeitnehmer ausgeübt werden, damit die Beschäftigungsstandards sinken".
Es folgten noch weitere Wortmeldungen und die Montagsdemonstranten rieten allen Mietern der neuen Vonovia, mögliche Mieterhöhungen kritisch zu prüfen bzw. durch die Mietervereine prüfen zu lassen.
Das Thema der nächsten Montagsdemo ist der Jahrestag der Befreiung von Kobanè von der IS und die jetzige Situation der Kurden in Syrien und dem Irak. Dazu werden betroffene Kurden, die in Bochum leben, aufgerufen, zur Montagsdemo zu kommen.
Mit der Abschlusshymne endete die Kundgebung.
Ulrich Achenbach
Moderator
Autor:Ulrich Achenbach aus Bochum |
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