Soziale Liste zur Opel-Sondersitzung des Rates: Gesellschaft „Bochum Perspektive 2022“ mit schweren Geburtsfehlern
Der Stadtrat hat gestern in einer Sondersitzung mit großer Mehrheit die Gründung der GmbH „Bochum Perspektive 2022“ beschlossen und einem entsprechenden Gesellschaftsvertrag zugestimmt. Die Gesellschaft soll die die Flächen aufbereiten, die Opel nach dem Auslaufen der Produktion zurücklässt. Die Stadt Bochum ist mit 51% und Opel mit 49 % an der Gesellschaft beteiligt.
Der Arbeitsdirektor der Adam Opel AG, Ulrich Schumacher, erklärte, dass Opel die nicht mehr selbst genutzten Flächen für einen symbolischen Euro an die neue Gesellschaft abgeben will. Er erklärte nicht, um welche Flächen es sich handelt und machte keine Angaben zum Umgang und zur Kostenübernahme mit den von Opel verursachten Altlasten.
NRW Wirtschaftsminister Garrelt Duin sagte eine finanzielle Unterstützung des Landes NRW für die Aufbereitung der Flächen für Industrie- und Gewerbeansiedlungen zu.
Soziale Liste stimmt nicht zu
Die Soziale Liste stimmte in der Sitzung als einzige politische Kraft gegen „die Beschlussvorlage und den Gesellschaftsvertrag in der vorgelegten Form“. Im folgenden dokumentieren wir Auszüge aus der Rede von Günter Gleising, Ratssprecher Soziale Liste, in der Sondersitzung des Rates:
Mit Blick auf Opel und den GM-Konzern führte er aus: „In dieser Woche war die Managerin des General Motor Konzerns, Mary Barra, in Deutschland und gab bekannt, dass der Konzern 23 neue Produkte, 13 neue Motoren und ein neues Modell von Opel produzieren lassen will. Insgesamt sollen bis 1916 4 Mrd. Euro investiert werden. Nach Bochum kam die Managerin nicht! Opel Bochum und die Belegschaft sind für GM im wahrsten Sinne des Wortes abgeschrieben. Jahrzehntelang hat GM von der Autoproduktion in Bochum gut gelebt und hohe Profitraten gemacht. Jetzt will sich der Konzern in Detroit möglichst kostengünstig in Bochum aus der Affäre ziehen. Auch
vor diesem Hintergrund findet die heutige Sondersitzung des Rates statt.“
Zum Werkstattverfahren mit NRW Urban, erklärte Gleising, „Ich schließe mich den lobenden Worten an, die die sachgerechte und zielgerichtete Arbeit in dem Werkstattprozess gewürdigt haben. Insbesondere möchte ich hervorheben, dass nicht alles und jede Idee aneinander gereiht wurde, sondern, dass klare Schwerpunkte gesetzt wurden.
Die Soziale Liste im Rat begrüßt, dass in den jetzt vorgelegten Grundzügen für ein Nutzungskonzept der Schwerpunkt auf die Ansiedlung von industriellen Produktionsbetrieben gesetzt wird. Auch die Vorstellungen aus dem Werkstattverfahren, die Ausbildungswerkstatt im Werk II zu erhalten und zu einer „Lernfabrik“ unter Einbeziehung von Wissenschaft und Forschung auszubauen, findet unsere volle Zustimmung."
Drei Gründe für die Ablehnung
"Wenn wir trotzdem der Beschlussvorlage und dem Gesellschaftsvertrag für die GmbH „Bochum Perspektive 2022“ in der vorgegebenen Form nicht zustimmen hat das 3 Hauptgründe.
1. Zunächst hat sich bei uns der Eindruck verfestigt, dass der General Motors-Konzern die Bochumer Opel-Flächen als Faustpfand benutzen will, um sich günstig aus seiner Verantwortung des Bochumer Standortes zu entziehen. Konkrete Zusagen, welche Werksteile und Flächen und wann und zu welchen Bedingungen in die GmbH eingebracht werden, gibt es bis heute nicht. Im Gegenteil: Die Bemühungen, für das stillgelegte Werk II schnell eine Anschlussverwendung zu finden, sind erstmal blockiert worden. Im vorgelegten Gesellschaftsvertrag ist auch nur noch von, ich zitiere: „nicht mehr benötigten Grundstücksteilflächen der Bochumer OpelWerke“ die Rede. Bildlich gesprochen: In der vorgelegten Form ist die GmbH eine Gesellschaft ohne Körper!
2. Aus unserer Sicht ist der Umgang mit den von Opel verursachten Altlasten weder erfasst noch geregelt. In dem Gutachten heißt es, dass z. B. im Bereich der Lackiererei keine Möglichkeiten zur Probeentnahme bestanden haben. Es wird von einem „erheblichen Kostenrisiko“ geschrieben. Aus der Mitteilung der Verwaltung, die uns gestern erreicht hat, geht aber hervor, dass die GmbH Bochum Perspektive 2022 nach dem Grundstückserwerb „in den Kreis der Sanierungspflichtigen“ eintritt,also auch weitgehend das Kostenrisiko trägt.
3. Durch die privatrechtlich ausgerichtete GmbH sehen wir die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Rates als begrenzt an. Die übliche Verschwiegenheitspflicht“ birgt auch hier, wie bei den anderen städtischen Töchtern, die Gefahr einer großen Intranzparenz. Außerdem bedeutet das Quorum von 75 % bei den meisten Beschlüssen, dass Opel wichtige Beschlüsse blockieren kann.
Das Werkstattverfahren hat eine wertvolle Arbeit geleistet, die eine Grundlage für die Einleitung des Strukturwandels in Bochum sein kann. Bei der Umsetzung sehen wir jedoch noch erheblichen, auch politischen, Handlungsbedarf! Das was heute als Gesellschaftsvertrag vorliegt ist aus unserer Sicht völlig unzureichend. An der weiteren Diskussion in den Ausschüssen und dem Rat werden wir uns weiter konstruktiv beteiligen.“
Abgelehnt wurde in der Ratssitzung der Änderungsantrag der Sozialen Liste, in der Vorlage „Bochum Perspektive 2022“ auf Seite 4 zwischen den Punkten Bergbaufolgeschäden und Gebäudeschadstoffe den Text einzufügen:
„Schadstoffbelastungen aus der Nutzung von Opel
Durch die Nutzung von Opel sind im Bereich der Werke I und II große Schadstoffeinträge erfolgt. Dies betrifft Werk I, die Werksfläche im Südosten (Werkstattbereich Lackiererei) und im Bereich von Werk II die Teilbereiche (Bremslackiererei, ehemalige Stehtanks, Spänebunker, Öllager, Härterei, Deponie). Es wird eine entsprechende Kostenschätzung erstellt und davon ausgegangen, dass die Sanierung von der Opel AG getragen wird.“
Autor:Günter Gleising aus Bochum |
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