Welche Resolution verabschiedet der Bochumer Rat als Nächstes?
Solidarität mit Eisbären, Verurteilung von Steingärten, weniger Plastik in Weltmeeren, friedliche Besiedlung des Mars oder bewusste Ernährung in Schulen?

Welche Resolution wird der Rates der Stadt als Nächstes verkünden? Wird der Bochumer Stadtrat in seiner nächsten Sitzung die Anlage von Steingärten im Stadtgebiet verurteilen? Oder erklärt sich die Stadt mit den Eisbären in der Arktis solidarisch, denen bald das Wasser bis zum Hals steht? Dazu könnte die Stadtpolitik sich noch gegen die Armut in der Welt, für weniger Plastik in den Weltmeeren und bewusste Ernährung in den Schulen aussprechen. Eine Resolution zur friedlichen Besiedlung des Mars wäre ebenfalls eine Option.

Auch könnte der Stadtrat nach dem Klima- jetzt den Bildungsnotstand erklären. Alarmismus ersetzt reale Politik. Auch die Presse lässt sich darauf ein. Soll ein Notstand ausgerufen werden, folgt ein Beitrag auf den nächsten, wird im Rat über konkrete Vorschläge der Parteien zum Klimaschutz diskutiert, glänzen die Printmedien durch Abwesenheit.

Rat verabschiedet immer mehr Resolutionen - Symbolpolitik ersetzt reales Handeln

In jeder Ratssitzung werden mehr Resolutionen zur Abstimmung gestellt. In der letzten Ratssitzung waren es fünf, so viel wie nie zuvor. Der Rat scheint unter fortschreitender Resolutionitis zu leiden.

Symbolpolitik ersetzt reale Politik, die die eigentlichen Probleme angeht. Fast alle können sich auf die Resolutionen einigen und sich auf die Schultern klopfen, das sie zumindest ihre gute Absicht bekundet haben. Damit kann man sich auch in den Medien brüsten. Der Initiator der Resolution kann einen politischen Erfolg feiern, hat man doch fast alle Ratsmitglieder dazu gebracht einer möglichst allgemein und selbstverständlich formulierten Forderung zuzustimmen.

Sehr praktisch, die Forderung richtet sich zumeist an Bund, Land oder Europa, auf einem Feld, wo die Stadt selbst politisch nur wenig bis nichts tun kann. Da kann sich jede Partei moralisch profilieren, ohne konkret zeigen zu müssen, dass sie auch bereit ist, die erforderlichen Geldmittel aufzubringen oder die dafür notwendigen, bei den Bürgern nicht selten unpopulären Maßnahmen zu veranlassen. Das wird von anderen verlangt. So ist die Forderung schnell aufgestellt, das Land möge Straßenbaubeiträge schnellstmöglich abschaffen und die entsprechenden Kosten übernehmen. Das funktioniert besonders gut, wenn die eigene Partei keine Verantwortung mehr in der Landesregierung trägt. Solange das noch anders war, wären die gleichen Parteien kaum auf die Idee gekommen, die gleiche Forderung in einer Resolution zu fordern.

Resolutionen haben zudem einen wünschenswerter Nebeneffekt. Sie lenken von den eigentlichen Problemen in der Lokalpolitik ab. Da fällt es nicht mehr so auf, dass die Stadt bei wesentlichen Bauprojekten die Kostenkontrolle verloren hat, stattdessen wird darüber gesprochen, dass die Stadt sich solidarisch mit dem CSD erklärt und sich erneut dazu verpflichtet Menschen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, aufzunehmen sowie erklärt Atomwaffen abzulehnen. Eigentlich in einer liberalen, friedliebenden, demokratischen Gesellschaft alles Selbstverständlichkeiten. Mit einer Resolution aber kann jeder Politiker deutlich unterstreichen, dass er in Sachen Moral auf der richtigen Seite steht.

Eine Resolution lässt auch vieles vergessen machen. Da wird der Klimanotstand erklärt. Aber kaum einer fragt sich wie es dazu kommen konnte. Hätte die Mehrheit im Rat schon in den letzten 20 Jahren ernsthaft Klimapolitik betrieben, dann hätte es doch eigentlich gar nicht dazu kommen dürfen? Wenn in den letzten beiden Jahrzehnten für die Politik Klimaschutz ein wichtiges Thema gewesen wäre, warum hat die Stadt dann in dieser Zeit z.B. für 200 Mio. Euro Anteile am Kohleverstromer STEAG gekauft, anstatt das Geld in Klimaschutz und erneuerbare Energien zu investieren?

Politik macht sich mit der inflationären Verabschiedung von Resolutionen unglaubwürdig

Würde der Bildungsnotstand erklärt, was nach der Erklärung des Klimanotstandes konsequent wäre, könnte man sich fragen, wie konnt es überhaupt dazu kommen, dass die Schulen in der Stadt derart heruntergekommen sind und bis heute nicht eine einzige in der selbst ernannten Gigabit-City über schnelles Internet und die entsprechende digitale Infrastruktur samt den entsprechenden Geräten verfügt. Eine Resolution könnte auch hier als weiße Salbe dienen, soll sie doch den Eindruck erwecken: “Jetzt hat die Politik verstanden, jetzt passiert endlich was.” Dass dem so ist, glauben allerdings nur noch die wenigsten. Dafür wurde schon zu viel versprochen und ist immer wieder zu wenig passiert.

Die Politik nimmt regelmäßig den Mund zu voll und enttäuscht dann alle. Mit Resolutionen untergräbt die Kommunalpolitik weiter ihre Glaubwürdigkeit. Eigentlich sollte es ausreichen klare Ziele zu definieren, um dann die erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen, diese zu erreichen. Hätte die Stadt diesen Weg in Sachen Klimaschutz konsequent verfolgt, wäre sie in diesem Bereich heute deutschlandweit Vorreiter. Ergebnisse und Taten sollten zählen, aufgeblasene Erklärungen sind nicht zielführend. Gut ausgestattete Schulen in gutem baulichen Zustand sprechen für sich, ebenso wie eine gut organisierte an den Menschen orientierte Flüchtlingsunterbringung oder ein konsequente Anerkennung von Lesben, Schwulen und Transgender als selbstverständlicher, normaler Teil der Stadtgesellschaft. Am Ende zählt, was tatsächlich passiert, nicht, was in Resolutionen großspurig verkündet wird.

Auf Resolutionen sollte der Stadtrat nur in wichtigen Ausnahmefällen zurückgreifen

Eine Resolution sollte ein politisches Mittel sein, dass der Stadtrat nur in Ausnahmefällen einsetzt, wenn es um wirklich drängende Probleme geht, die die Stadt betreffen. Zum Beispiel wenn die Landesregierung ein Gesetz plant, dass die Stadt finanziell belastet. Dann ist es sinnvoll, dass die Stadt in einer Resolution die Landesregierung auffordert, dass das Land der Stadt die entstehenden Kosten gegenfinanziert, damit die Stadt nicht darauf sitzen bleibt.

Der Versuchung Resolutionen zu missbrauchen um damit Forderungen der Landes- und Bundespolitik medial zu unterstützen sollten die Parteien widerstehen und sollte die lokale Presse ignorieren.

Resolutionen dürfen nicht zu einem Instrument populistischer Politik werden.

Vielleicht sollte der Stadtrat eine Resolution verabschieden, in der sich die Mitglieder des Rates zu einer Politik bekennen, in der Resolutionen die Ausnahme und nicht die Regel sind.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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